
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
Krankenhäuser sind beschissen! Oder, nein, so kann ich das nicht formulieren. Einmal, weil es falsch ist, zum Zweiten, weil es den Kern dessen, was ich aussagen will, nicht trifft. Ich präzisiere also und sage: Im Krankenhaus zu liegen, ist beschissen!
Man braucht eine gewisse – sehr kurze – Eingewöhnungsphase, bis man sich an die – immer gleichen – Abläufe gewöhnt hat und bis einem klar wird, was man für einen Krankenhausaufenthalt eigentlich hätte mitnehmen müssen. Als Tipp: Unbedingt gute Bücher mitnehmen, banale „Hirn-aus“-Literatur verschlimmert das Leiden nur. Und einen Salzstreuer! Was das Handtuch für den interstellaren Anhalter bedeutet, um gegebenenfalls dem Blick des Gefräßigen Plapperkäfers von Traal zu entgehen, das bedeutet der Salzstreuer für den Krankenhauspatienten.
Wenn man das also alles verinnerlicht hat, folgt ab da in erster Linie eines: Langeweile! Und irgendwann stellt man sich die Frage, wer denn nun die Verantwortung dafür trägt, dass man dort liegt, wo man nun mal gerade liegt. In seiner Verzweiflung greift man dann zur Broschüre der oder des mehrheitlich auf verlorenem Posten stehenden Klinikgeistlichen – deren Tun ich ausdrücklich begrüße, auch wenn es mir persönlich wenig bringt. Aus besagter Broschüre geht nun hervor, dass man im Grunde ja selbst schuld an seiner Krankheit sei. Erbsünde und so, und eigentlich war der Mensch ja ohne Krankheit und Tod gedacht und so. Nun, in der Situation in der man sich gerade befindet, empfindet man das als ausgesprochen wenig hilfreich und sucht deshalb weiter den Schuldigen.
Ich persönlich habe da ja eher eine gegenteilige Theorie:
Wir befinden uns in der Hölle, dem Stammsitz der Firma „Fate LLP“, wo S. Atan, seines Zeichens Eigentümer und Geschäftsführer der Firma, gerade ein Vorstellungsgespräch führt:
„Sooo, Sie sind also dieser Kit Carson. Irdische Lebensdaten 1809 bis 1868. Aha, aha, aha. Nun, Herr Carson, was haben Sie denn in Ihrer irdischen Existenz getan, was Sie glauben macht, Sie wären für eine Tätigkeit bei der „Fate LLP“ geeignet?“
„Ich war ausführend verantwortlich für den Feldzug gegen die Diné-Indianer, besser bekannt als Navajo.“
„Aaah, ja. Na, das klingt doch mal spannend. Und woraus bestand im Wesentlichen Ihre Tätigkeit?“
„Ich habe ihre Lebensgrundlage zerstört!“, führt Carson mit stolzgeschwellter Brust weiter aus. „Felder, Nahrungsmittelvorräte, Wasserlöcher, das haben wir alles zerstört bzw. unbrauchbar gemacht.“
„Faszinierend. Und wie ging es weiter?“
„Nun, die Indianer …“
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche, aber Sie meinen sicherlich die „amerikanischen Ureinwohner“?
Carson ist sichtlich irritiert über die Unterbrechung.
„Bitte?“
„Na, man sagt nicht „Indianer“, man sagt „amerikanische Ureinwohner“.
Carson ist zunehmend irritiert, kann dann aber das Lachen nicht unterdrücken und prustet los:
„Ernsthaft jetzt? Sprachliche political correctness in der Hölle? Ich glaubs nicht!“
S. Atan blickt sein Gegenüber schweigend an, sackt dann erkennbar in sich zusammen und erwidert schließlich in weinerlichem Ton:
„Ja, ich weiß doch auch nicht, wie das passieren konnte. Das griff ohne mein Zutun so um sich und als ich es bemerkt habe, war es wohl schon zu spät. Nehmen wir nur mal unseren Betriebskindergarten: Dort wurde den Kids kürzlich beim Karneval untersagt, Indianerkostüme zu tragen. Man wolle „keine Stereotype bedienen“. Keine Klischees eben. Weil ja nun nicht jeder Indianer Federschmuck getragen hat bzw. trägt. Oder Mexikaner-Kostüme, mit Sombrero und Poncho. Geht auch nicht.
„Weil nicht jeder Mexikaner Sombrero und Poncho trägt?“
„Exakt. Auch Scheich geht nicht mehr. Jungs als Powerpuff Girls, das ginge, so weit ich das verstanden habe. Man möchte da eben auf die Befindlichkeiten von Bevölkerungsgruppen achten.“
„Hm, aber wenn Norddeutsche den Brauch des Oktoberfests übernehmen, sich in Lederhosen oder Dirndl gewanden, sich hektoliterweise Weißbier in die Rübe kloppen, diese ekelhafte Weißwurst zuzeln und später in die Gosse kotzen – darüber beschwert sich niemand. Vorzugsweise in Bayern!?“
„Warum sollte man?“
„Na, wegen der Befindlichkeit der bayerischen Bevölkerungsgruppe. Nicht jeder Bayer trägt Lederhose, nicht jede Bayerin Dirndl. Und sicherlich saufen nicht alle Weißbier in rauen Mengen. Oder kotzen in die Gosse. Alles Klischees und Stereotype.“
„Hmmm, so gesehen – da ist was dran …“
In diesem Moment ertönt von irgendwo aus der Nähe markerschütterndes, irgendwie diabolisches Gelächter, dass sich die Leserschaft gedanklich bitte mit einem gewissen Hall-Effekt vorstellen möge.
„Muuuuhaaaahaaaahaaaa – harharhar!“
„Was war das?“
„Ich habe keine Ahnung!“
Zusammen machen sich Arbeitgeber und Bewerber auf die Suche nach der Geräuschquelle, die sie schließlich vor eine ganz bestimmte Bürotür führt.
„Das kommt aus Lübkes Büro?“
„Wer ist Lübke?“
„Mein Assistent und Prokurist.“
„Aha.“
„Aber was macht d…“
„Muuuuhaaaahaaaahaaa – harharhar!“
„Sollten wir … weiß nicht … da reingehen?“
„Unbedingt. Aber bleiben Sie hinter mir und seien Sie vorsichtig.“
Die beiden betreten den Raum. Dort sitzt Lübke mit hochrotem Kopf vor seinem Rechner, drückt scheinbar willkürlich irgendwelche Knöpfe und brüllt:
„Nimm das! Ha, mal sehen, wie Du damit umgehst. Ich habe Dich in der Hand, dude! Deal with it!“
„Lübke?“
Lübke verstummt, erstarrt und dreht sich langsam um.
„Chef?“
„Lübke, was machen Sie da?“
„Nichts! Es ist, äh, zumindest nicht das, wonach es aussieht“
„Lübke, ich weiß nicht mal, wonach das hier aussieht. Deshalb nochmal: Was machen Sie da?“
„…“
S. Atan greift sich die Unterlagen, die vor Lübke auf dem Tisch liegen und überfliegt sie.
„Das ist doch die Akte von diesem Reißwolfblog-Spinner. Was haben Sie denn damit zu tun?“
Mit zunehmendem Grausen liest der Chef die detailliert aufgezeichnete Schicksal-Dokumentation der letzten Monate des Reißwolfblog-Spinners.
„Lübke! Was haben Sie getan? Was haben Sie diesem harmlosen Spinner angetan“
„Ach, Chef!“, bricht Lübke zusammen, „tagein, tagaus dieses „Lübke, machen Se mal ne Kopie davon!“, „Lübke, welche Termine habe ich?“ „Lübke, wo ist mein Kaffee?“ – Und das alles, während hier Tausende von Leuten rumlaufen, die tatsächliche Macht besitzen. Macht, das Schicksal von Menschen zu beeinflussen. Ich wollte mich auch mal mächtig fühlen, Chef! NUR EINMAL!, jammert Lübke und weint bittere Tränen – die natürlich sofort verdampfen.
„Lübke, das wird ein Nachspiel haben. Das MUSS ein Nachspiel haben! Gehen Sie für heute nach Hause, während ich über die Konsequenzen nachdenke. Ich werde Sie dann rufen lassen. Und Sie, Carson, Sie haben nicht das Geringste gesehen. Sie fangen morgen früh pünktlich um acht an.“
An dieser Stelle können wir die Hölle wieder verlassen, denn nun habe ich ja eine, ähm, völlig plausible Begründung für vieles. Ich denke darüber nach, eine Prüfungskommission bzw. Bürgerinitiative zu gründen. Ich nenne sie HUAWEI: „Höllen-Untersuchungs-Ausschuss: Wir ermitteln investigativ“. Und sobald nennenswerte Ergebnisse vorliegen, bereite ich eine Musterfeststellungsklage vor.
Wer ist dabei!?
Ich wünsche allseits noch einen schönen Donnerstag.
Gehabt euch wohl.
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