Buch: „Noah“ (2013, Auflage Dezember 2014)
Autor: Sebastian Fitzek
Verlag: Bastei Lübbe
Ausgabe: Taschenbuch, 558 Seiten
Der Autor: Sebastian Fitzek, 1971 in Berlin geboren, gehört zu den erfolgreichsten deutschen Autoren der letzten Jahre. Die Gesamtauflage seiner Bücher hat mittlerweile 4,5 Millionen Exemplare überschritten.
Er arbeitete in Berlin beim Radiosender 104.6 RTL, dort ist er mittlerweile nur noch in beratender Funktion tätig. 2005 verfasste er in Zusammenarbeit mit Jürgen Udolph das Sachbuch „Professor Udolphs Buch der Namen“. Seit 2006 schreibt Fitzek Psychothriller, sage und schreibe 13 Stück mittlerweile. Und die habe ich bis auf ganz wenige Ausnahmen doch tatsächlich alle gelesen.
Sebastian Fitzek ist seit 2010 verheiratet und lebt mit Frau und 3 Kindern in Berlin
Das Buch: Die sogenannte „Manila-Grippe“ ist ausgebrochen und hat in letzter Zeit pandemische Ausmaße erreicht. In verschiedenen Staaten drohen die Behörden, die Kontrolle zu verlieren, teilweise wird der Ausnahmezustand ausgerufen. In Deutschland herrscht bislang noch vergleichsweise Ruhe.
In dieser Situation lebt Noah als Obdachloser in Berlin. Immer an seiner Seite ist sein Kumpel Oscar. Oscar hat ihm vor kurzem das Leben gerettet, als er ihn mit einer Schußverletzung aufgefunden, in sein „Versteck“ gebracht und gesund gepflegt hat. Irgendjemand trachtet Noah offensichtlich nach dem Leben.
Doch das ist nicht sein einziges Problem. Zu allem Überfluss hat Noah auch noch sein Gedächtnis verloren. Er kann sich an kein Detail aus seiner persönlichen Vergangenheit erinnern, während ihm unpersönliche Dinge durchaus geläufig sind. Er ist sich nicht mal sicher, ob Noah überhaupt sein richtiger Name ist, aber zumindest hat ihm jemand diesen Namen in den linken Handballen tätowiert.
Spät abends suchen sich die beiden Obdachlosen ein Nachlager. Dabei fällt Noahs Blick auf eine der Zeitungen, die eigentlich als Decke dienen sollten. In dieser Zeitung ist ein Gemälde abgedruckt, das ein Unbekannter aus unerfindlichen Gründen bei einer amerikanischen Zeitung abgegeben hat. Ein Kunstkritiker schätzt einen absurd hohen Preis für das Bild, wodurch sich die Zeitung veranlasst sieht, eine riesige Suchaktion nach dem Mann zu beginnen, der es abgegeben hat.
Noah erkennt das Bild wieder und ist sich sofort sicher, dass er es gemalt hat. Er ruft bei der Zeitung an und spricht mit der Journalistin Celine – und setzt damit Ereignisse in Gang, die den Tod eines Großteils der Menschheit zur Folge haben können. Oder ihn vielleicht verhindern…
Fazit: Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: „Na, wie geht´s?“ Der andere antwortet: „Echt beschissen, ich habe Menschen!“ Darauf der erste: „Ach, das kenne ich, die hatte ich auch. Keine Sorge, das geht vorbei!“
Genau darum geht es im Grunde in Fitzeks Buch „Noah“. „Oha“, dachte ich recht bald. „Herr Fitzek wird sich doch nicht etwa mit einem ernsten Thema beschäftigen wollen?“ Doch, doch, das tu er, er thematisiert Überbevölkerung, Ressourcenknappheit und Armut. Und das macht er über weite Strecken gar nicht mal schlecht.
Die Charaktere in Fitzeks Büchern sind eigentlich immer recht außergewöhnlich, ich erinnere mich da an Alina Gregoriev aus „Der Augensammler“ oder natürlich an Viktor Larenz aus „Die Therapie“. Auch in „Noah“ findet sich der eine oder andere interessante Charakter. Noahs Kumpel Oscar zum Beispiel, den muss man gern haben, trotz seiner paranoiden Verschwörungstheorien, für die ich ja mal so gar nichts übrig habe. Kaspar Hauser war nicht der Prinz von Baden, sondern ein geltungssüchiger Freak, JFK wurde tatsächlich von Lee Harvey Oswald erschossen, die Mondlandung vom 21.07.1969 hat natürlich stattgefunden und Kondensstreifen sind keine über der Menschheit versprühten Chemikalien. Nur, damit das mal klar ist! ;-)
Stilistisch bietet Fitzek das, was man von ihm gewohnt ist und erwarten kann. Er schreibt kurze Kapitel, die einen dazu verleiten, abends zu sagen: „Ach, komm, DAS Kapitel lese ich eben noch.“ Und seine Geschichte legt wie üblich ein enormes Tempo vor.
Auch inhaltlich gibt es wenig Grund zur Kritik. Die Geschichte ist spannend und vermittelt Wissen, das ich lieber nicht gehabt hätte. Trotzdem gibt es einiges, was mir an diesem Buch nicht so wirklich gefällt:
Ich habe es schon mal geschrieben und ich schreibe es wieder: Diese „Ich-hab-mein-Gedächtnis-verloren-und-kann-mich-an-nichts-erinnern-Nummer“ geht mir mittlerweile dermaßen auf den Geist. Klar, sie bietet dem Autor die Möglichkeit, aus der Hauptfigur zu machen, was immer er will. Trotzdem: Bitte keine Amnesie mehr, das hat mich schon in „Inferno“ von Dan Brown gestört.
Ach ja, übrigens: „Inferno“. Wer beide Bücher gelesen hat, dem fallen zahlreiche Parallelen auf. Die Hintergrundstory, „Menschheit von Pandemie erfasst“, taucht in beiden Büchern auf. In beiden Büchern aus dem selben Grund. Der Protagonist hat in beiden Fällen sein Gedächtnis verloren. Und beide Bücher sind 2013 erschienen. Mich würde mal interessieren, wer da von wem abgeschrieben hat…
Außerdem erinnert mich Noah irgendwie an Jason Bourne. Auch dem fehlt seine Erinnerung und auch der hinterlässt reihenweise Leichen auf seinem Weg…
Na, ich höre sie schon, die Fitzek-Leserschaft, die ruft: „Buuuh, Du hast doch überhaupt keine Ahnung, Du Pfeife!“ Um mich anschließend zu teeren, zu federn und auf Bahnschienen aus der Stadt zu tragen. Doch Gemach, wütender Lynchmob: Abgesehen von den erwähnten Punkten hat Herr Fitzek ein recht gutes Buch geschrieben. Nicht mehr, aber wenigstens auch nicht weniger! Tragischerweise hat mir bis heute sein erstes Buch, „Die Therapie“, das ich auch als erstes gelesen habe, am besten gefallen… :-(
Wertung:
Handlung: 7,5 von 10 Punkten
Charaktere: 7,5 von 10 Punkten
Stil: 8 von 10 Punkten
Spannung: 7,5 von 10 Punkten
Gesamtwertung: 7,625 von 10 Punkten
Demnächst in diesem Blog: Ich habe mir gerade gestern den „Doktor Faustus“ von Thomas Mann gekauft… Aber ich denke, den erspare ich Euch lieber. ;-) Stattdessen gibt es bald „Der Mitternachtspalast“ von Carlos Ruiz Zafón.