Freitagsfragen #69

Freitagsfragen

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

na, das war doch mal eine Woche, die wie im Fluge verging, oder!? Gut, ich weiß, dass es ganz zauberhafte Personen in meiner Leserschaft gibt, denen das nicht so ging, aber für mich persönlich ging die Woche doch recht schnell vorbei. Kaum war Montag, der Wecker klingelte und man schwor, dem Nächstbesten, der eine dumme Frage stellt – und früher oder später tut das immer jemand – mächtig eine zu paddeln, schon ist Freitag, der Wecker klingelt und man schwört, dem Nächstbesten, der usw.  …

Grund für dieses individuelle Zeitempfinden war sicherlich unter anderem auch meine Freizeitgestaltung. So durfte ich dem HSV dabei zusehen, wie er zu blöd zum Gewinnen war, hatte kurz darauf das zweifelhafte Vergnügen mir – wenigstens in netter Gesellschaft – „Phantastische Tierwesen etc. Teil 1“ ansehen zu „dürfen“ und konnte mich bei der dafür verantwortlichen Person mangels Anwesenheit selbiger nicht mal angemessen „bedanken“ und war gestern bei so einer Art „Abend der offenen Tür“ in der Buchhandlung meines Vertrauens, wo ich die letzten, noch in meinem Portemonnaie befindlichen Kröten in „Ready Player One“, die Bestellung des ersten Teils von Bernhard Hennens “ Die Phileasson Saga“ (Aventurien ftw!) sowie ein Geschenk, dessen Titel ich natürlich nicht verraten darf, weil es sonst witzlos wäre, investiert habe. Sollte mich also jetzt jemand fragen: „Haste ma´n Euro?“, wäre ich einerseits irritiert, könnte aber andererseits voller Überzeugung sagen: „Nö!“

Das dazu, starten wir nun, beschwingt durch Musik des Radiosenders meines Vertrauen (hat mal jemand versucht, zu „Mr. Brightside“ von „The Killers“ oder „Move“ von den „H-Blockx“ (gibt’s die eigentlich noch?) 50 zu fahren? Zu Ersterem ist das schwierig, zu Letzterem praktisch unmöglich!), in den Freitag. Und dazu gehört natürlich auch die Beantwortung der Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog. Und ihr müsst jetzt ganz stark sein, denn das hier werden die letzten Freitagsfragen sein!

 

 

Also, die letzten in diesem Jahr. ;-)

Deshalb fällt die Anzahl der Fragen in dieser Ausgabe auch vergleichsweise umfangreich aus. Die Fragen und Antworten lauten:

1| Fandest Du Deinen Urlaub in diesem Jahr ausreichend? Wie hast Du ihn verbracht?

Ist Urlaub jemals ausreichend? Aber im Vergleich zu den Vorjahren ging es schon. Sowohl letztes als auch vorletztes Jahr  habe ich meine zwei Wochen Sommerurlaub damit versaut, meinem Chef vorher zu sagen, er könne mich wegen betrieblicher Dinge, die aus seiner Sicht eigentlich noch unbedingt hätten erledigt sein sollen, gerne anrufen. Somit verging die jeweils erste Woche damit, darauf zu warten, dass das Telefon klingelt und die zweite damit, mich darüber zu ärgern, dass das Telefon nicht geklingelt hat. In diesem Sommer habe ich bei Urlaubsantritt sinngemäß gesagt: „Wer mich anruft, ist selbst schuld!“ und fuhr damit viel besser.

Verbracht habe ich, insbesondere den Sommerurlaub, so, wie ich das am liebsten mache, nämlich lesend. Gut, notfalls hätte ich die Bücher auch gegen Sandstrand, Hängematte, Caipirinha und Schauspielerinnen aus der Bacardi-Werbung eingetauscht, aber das ergab sich irgendwie nicht …

2| Was war in diesem Jahr das größte Ereignis und wie hat es Dich bereichert/ beeinflusst?

Kein Kommentar! Hach, das wollte ich immer schon mal schreiben … ;-)

Aber ernsthaft, über das ohne Zweifel und mit gigantischem Abstand für mich größte Ereignis des Jahres und wie es mich bereichert und beeinflusst hat, könnte ich jetzt Romane schreiben, werde das aber nicht tun, weil ich dann nicht nur über mich, sondern auch über ganz zauberhafte Personen meines Umfelds schreiben müsste.  Und das werde ich ganz sicher nicht tun!

Nehmen wir also das zweitgrößte Ereignis des Jahres: Ich bin seit etwa drei Wochen stolzer Besitzer – und mittlerweile auch Eigentümer – eines neuen Autos. Ich hätte zwar im Grunde nichts gegen einen Dodge Charger, nebst dem zugehörigen Tankwagen, gehabt, letztlich ist es dann aber eine Nummer kleiner geworden. Oder wie ich kürzlich sagte: „Man sieht sich zuerst die Autos an, die man gerne hätte. Dann die, von denen man glaubt, dass man sie sich leisten kann. Und schließlich landet man dann bei denen, die man sich tatsächlich leisten kann …“ :-)

Nun muss noch ein Name für das gute Stück gefunden werden, mir will aber noch nichts Kreatives einfallen …

3| Was lief in diesem Jahr nicht wie geplant und wie kann es im nächsten Jahr besser werden?

Zum Einen lief gesundheitlich in diesem Jahr so ziemlich nichts, wie geplant. Inwieweit man das auch immer planen kann … Ich bin aber guten Mutes, da im Wortsinne auf dem Weg der Besserung zu sein.

Zum Anderen kann ich auch da mein Auto anführen. Zwischen den ersten Anzeichen einer ernsten Erkrankung meines alten Autos und dem Erwerb des neuen lagen ganze zehn Monate! Zehn Monate, in denen ich teilweise meine alte Karre noch im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass sie auf jedem Meter jederzeit den Geist aufgeben kann, gefahren habe. Bis sie dann irgendwann wirklich gänzlich den Geist aufgab. Diese zehn Monate waren, auf gut deutsch gesagt, eine Scheißzeit, die sicherlich auf oben erwähnte Gesundheit keinen so wahnsinnig guten Einfluss hatte. Aber hey, das hat sich ja nun erledigt.

4| Was war in diesem Jahr neu? Was hast Du gelernt oder ausprobiert?

Ich habe es geschafft, deutlich entspannter zu leben als noch vor einem Jahr. Ich hielt schon 2017 für den Antichristen unter den Jahren, 2018 war dagegen aber so etwas wie sein Mentor. Wäre ich mit der selben Einstellung wie letztes Jahr durch das jetzige gegangen, wäre ich entweder irgendwann tot umgefallen oder wäre plündernd und brandschatzend durch deutsche Behörden gezogen oder hätte den Penner, dem ich vor Monaten mit meinem alten Auto am Kreisel fast reingefahren wäre, aus dem Auto gezogen, um ihn noch an Ort und Stelle den Göttern des Jähzorns zu opfern.

Und das kann ja niemand wollen – der Kreisel-Penner am allerwenigsten.

5| Was war die beste Nachricht?

Bezüglich dieser Frage verweise ich auf die erste Hälfte der Antwort auf Frage 2.

6| Hast Du bereits Pläne für 2019?

Nö! „Leben ist, was uns zustößt, während wir uns etwas ganz anderes vorgenommen haben.“ soll schon Henry Miller gesagt haben. Insofern würde ich mich schon freuen, wenn 2019 ein Jahr wird, in dem einfach einmal, nur einmal, alles so bleibt, wie es ist.

7| Worauf freust Du Dich im neuen Jahr?

Auf die Meisterschaft des SV Werder Bremen! :-) Ja, gut, das wird wohl nichts. Nicht mal im Tischtennis dürfte das umsetzbar sein. Und das war jetzt nicht abwertend gemeint, liebe Tischtennis-Gemeinde.

Ach, ich habe nichts Spezielles, worauf ich mich im nächsten Jahr freue. Das vorerst Beste am Jahr 2019 dürfte die Tatsache sein, dass 2018 dann vorbei ist.

 

So weit, so gut, das soll es dann auch schon wieder gewesen sein. Ich habe noch produktive Dinge zu erledigen.

Vor dem Hintergrund der letzten Freitagsfragen des Jahres, habe ich übrigens kurz darüber nachgedacht, ebenfalls eine Dezemberpause einzulegen. Man wird sehen. Sollte mein Level auf der nach oben offenen Glöckchengebimmel-Skala in absehbarer Zeit sprunghaft nach oben steigen und eine Pause wünschenswert bis notwendig machen, lasse ich es euch wissen.

Gehabt euch wohl!

„Hologrammatica“ von Tom Hillenbrand

Buch: „Hologrammatica“

Autor: Tom Hillenbrand

Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Ausgabe: Taschenbuch, 559 Seiten

Der Autor: Tom Hillenbrand, geboren 1972, studierte Europapolitik, volontierte an der Holtzbrinck-Journalistenschule und war Redakteur bei SPIEGEL ONLINE. Seine Sachbücher und Romane haben sich bereits hunderttausende Male verkauft, sind in mehrere Sprachen übersetzt und standen auf der SPIEGEL-Bestseller- sowie der ZEIT-Krimi-Bestenliste.  (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)

Das Buch: Ende des 21. Jahrhunderts arbeitet der Londoner Galahad Singh als Quästor. Sein Job ist es, verschwundene Personen wiederzufinden. Davon gibt es viele, denn der Klimawandel hat eine Völkerwanderung ausgelöst, neuartige Techniken wie Holonet und Mind Uploading ermöglichen es, die eigene Identität zu wechseln wie ein paar Schuhe. Singh wird beauftragt, die Computerexpertin Juliette Perotte aufzuspüren, die Verschlüsselungen für sogenannte Cogits entwickelte – digitale Gehirne, mithilfe derer man sich in andere Körper hochladen kann. Bald stellt sich heraus, dass Perotte Kontakt zu einem brillanten Programmierer hatte. Gemeinsam waren sie einem großen Geheimnis auf der Spur. Der Programmierer scheint Perotte gekidnappt zu haben. Je tiefer Singh in die Geschichte eintaucht, umso mehr zweifelt er daran, dass sein Gegenspieler ein Mensch ist … (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)

Fazit: Wohin ich auch blickte, in letzter Zeit begegnete mir überall Tom Hillenbrand. Gut, das ist jetzt überspitzt formuliert und – natürlich – im übertragenen Sinne gemeint, aber eigentlich stimmt es. Zum Einen lag das daran, dass sein Roman „Der Kaffeedieb“ ein langes, tristes Dasein auf meinem SuB führte. Ein Umstand, dem ich mittlerweile damit Abhilfe geschaffen habe, indem ich es einfach gelesen habe, die Rezension folgt demnächst.

Kurz darauf fiel mir „Hologrammatica“ in die Hände, ein Buch, das ich – ich gebe es zu – zu großen Teilen wegen seines Covers erworben habe. Dazu später mehr.

Kaum hatte ich es gelesen, begegnete mir das Buch wieder, indem es Fortsetzungsroman der hiesigen Tageszeitung war bzw. ist.

Und seit dem 08.11. findet sich bereits Hillenbrand neuester Streich, der kulinarische Krimi „Bittere Schokolade“ in den Regalen gutsortierter Buchhandlungen. Ich sags ja: Hillenbrand, wohin immer ich blickte.

Aber kommen wir nun wieder zu „Hologrammatica“. Schon in der Buchhandlung stand meine Meinung zur äußeren Aufmachung fest: „Das Cover ist entweder im Drogenrausch entstanden oder aber dazu gedacht, während eines solchen betrachtet zu werden. Sollte das Cover Rückschlüsse auf den Inhalt zulassen, dann wird mir dieser Kopfschmerzen bereiten.“

Nun, dem war glücklicherweise nicht so. Hillenbrand entwirft in seinem Buch eine spannende Zukunftsvision. Mitteleuropa ist aufgrund des fortschreitenden Klimawandels für viele Menschen unbewohnbar geworden. Es hat eine starke Migrationsbewegung aus Europa in die weiten Gebiete Sibiriens eingesetzt, wo man es immer noch relativ gut aushalten kann. Die Weltbevölkerung ist zahlenmäßig massiv eingebrochen.

Doch die Großstädte Europas – beispielsweise Paris – sehen immer noch aus, wie geleckt. Die Lösung: Hologramme. Stellt eine Häuserfassade ein optisches Ärgernis dar, so wird einfach eine Hologrammfassade eingefügt – fertig. Man braucht nicht mal mehr technische Geräte, um diese Hologramme sehen zu können. Der Eiffelturm beispielsweise ist schon lange ein eben solches Hologramm, das echte Original wurde schon vor Jahren von Terroristen gesprengt. Dafür gibt es jetzt einen Kanye-West-Airport…

In dieser Situation wird Protagonist Galahad Singh, so etwas wie ein Detektiv, von einer Anwältin aufgesucht und beauftragt, die Computerexpertin Juliette Perotte zu finden. Nicht nur dieser Anfang erinnert irgendwie an einschlägige hard-boiled-Krimis, auch die Hauptfigur Singh tut sein Übriges dazu. Singh ist nie um einen lässigen Spruch verlegen, macht die bösen Buben schon mal mit einen fröhlichen „Hey, Heckenpenner!“ auf sich aufmerksam – „Heckenpenner“, ein Wort, das aus meinem Sprachschatz schon verschwunden war, aber durch diese Szene spontan den Wiedereinstieg in die Liste meiner Lieblingsbeleidigungen geschafft hat -, wirkt dabei aber nie übertrieben cool oder gar lächerlich.

Dadurch, dass er als Ich-Erzähler fungiert, erfahren die Leser natürlich insbesondere viel über ihn selbst, andere Personen fallen dafür vergleichsweise ab. Das tut der Sache aber keinen Abbruch, denn Singh allein entschädigt für vieles.

Stilistisch bewegt sich Hillenbrand auf recht hohem Niveau. Allein durch diverse Wortschöpfungen, an die man sich erst nach und nach gewöhnt, verlief mein Einstieg etwas schwierig, im Laufe der Handlung wurde es allerdings besser. Trotzdem sollte man, meiner Meinung nach, „Hologrammatica“ möglichst aufmerksam lesen.

Nähere Details über die Handlung zu erzählen, verbietet sich bei diesem Buch irgendwie. Jede Information könnte eine zu viel sein, eine, die zu viel verrät. Deshalb muss man sich wohl auf mein Urteil verlassen, wenn ich sage: Trotz der sympathischen Hauptfigur und des gelungenen Schreibstils ist die Handlung der eigentliche Star des Buches. Und mehr verrate ich ausnahmsweise nicht. :-)

Wer „Hologrammatica“ eine Chance geben will, muss sich auf eine wilde Genre Mischung, eine Art Sci-Fi-hard-boilded-Cyberpunk-Thriller-Dystopie-Dingens einlassen. Wer das tut, wird mit einem spannenden Buch mit originellem Setting, spannender Handlung und coolem Protagonisten belohnt.

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Charaktere: 8 von 10 Punkten

Stil: 8,5 von 10 Punkten

Spannung: 8,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,5 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Bevor ich nun mit Stephan M. Rothers „Ein Reif von Silber & Gold“ zur Gemütlichkeit übergehe – man reiche mir eine Kaffeeetasse – soll noch kurz erwähnt sein, dass es demnächst mit „Drone“ von Bart-Jan Kazemier weitergeht.

Das ist Sparta!

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

ja, ich gebe zu, ich habe mich auf obige, vollkommen bescheuerte Überschrift auf eine infantile Art gefreut, die für einen zerebral runder laufenden Menschen vermutlich nur schwer nachzuvollziehen ist. Was mit besagter Überschrift gemeint ist?

Nun, wenn ich die Statistikseite meines Blogs öffne, steht dort oben rechts das schöne Wort „Follower“. Und daneben, fast im Stile einer ägyptischen Kartusche stilvoll eingerahmt, steht seit gestern: „300“!

Gut, WordPress weigert sich noch, mir diese Zahl mittels Übersendung eines bunten, hier einfügbaren „300“-Bildchens zu bestätigen, das liegt aber wohl nur daran, dass man dort meine E-Mail-Follower nicht in die Berechnung mit einbezieht. Ich prangere das an, WordPress! Aus Gründen! Aber lassen wir das, das hier soll ja kein Pamphlet werden. ;-)

Tja, 300 also. Da gilt es, in erster Linie mal wieder „Danke“ zu sagen. Vielen herzlichen Dank an jede/n Einzelne/n fürs Folgen meines Blogs! Insbesondere natürlich an die Handvoll ganz zauberhafter Menschen, die das schon seit Anbeginn meines Blogschaffens und vor allem – ganz wichtig – seit jeher auch außerhalb meines Blogs tut! Aber auch an die, die später dazu gekommen sind. An die, die hier immer alles lesen. An die, die gelegentlich hier lesen. An die, die nach dem Folgen nie wieder kamen. Und auch an die, die mir folgten, merkten, dass mein Blog doch nicht den eigenen Vorlieben entspricht und dann zu faul waren, mir wieder zu „entfolgen“! ;-)

Tja, nun spricht meinem eigentlichen, schon nach den ersten 100 Followern geplanten Vorhaben ja wirklich nichts mehr entgegen. Also: Auf zu den Thermopylen! ;-) Ich würde dann schon mal einen Öltanker oder Ähnliches in Richtung Griechenland chartern, wir treffen uns im Bremer Hafen. Nicht in Bremerhaven, wer dort wartet, muss hier bleiben. Wer in Hamburg wartet, wird eingesammelt, aber dann kielgeholt. Ach, und falls jemand einen Xerxes kennt, wäre ich für eine Rückmeldung dankbar. Ansonsten versuche ich, telefonisch einen solchen ausfindig zu machen. Um vollständige Anwesenheit wird gebeten, Darum und Uhrzeit werden später bekannt gegeben.

Ha, ich stelle mir gerade vor, wie „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer mit erkennbarer, zunehmender Irritation eine Meldung von seinem Zettel oder Teleprompter abliest, nach der sich angeblich 300 in antike, griechische Rüstungen gewandete Spinner an einem geschichtsträchtigen Ort in Griechenland versammelt haben, um … – ja, warum eigentlich? „Der genaue Hintergrund der Versammlung ist ungeklärt.“, wird Hofer sagen. „Erste Vermutungen, wonach es sich um eine drogeninduzierte Massenhysterie handeln könnte, haben sich nicht bestätigt.“, wird er fortfahren. „Wahrscheinlicher ist es, dass es sich um eine sektenartige Gemeinschaft auf der Suche nach ihrem Anführer handelt. Immer wieder ist hierbei von einem gewissen „Xerxes“ die Rede. Die Ermittlungen werden fortgeführt. Das griechische und das deutsche Auswärtige Amt haben einen Krisenstab eingerichtet. Interpol wurde eingeschaltet.“ :-)

Hm, bei genauerer Betrachtung könnte das ganze Unterfangen relativ schnell in griechischen Arrestzellen landen. Und wer will darin schon sitzen!? Also, ich würde mir den Spaß ja erlauben, aber meiner getreuen Gefolgschaft kann ich das nicht antun. Wir lassen das also fürs Erste. Außerdem ergeben sich sicher noch andere Möglichkeiten. Bei 333 Followern könnte man beispielsweise nach Issus fahren …  Oder bei 753 nach Rom. Wir werden sehen, wie es weitergeht … :-)

Ich wünsche euch allseits noch einen guten Start in eine hoffentlich schöne Woche.

Gehabt euch wohl!

 

 

„Das Atelier in Paris“ von Guillaume Musso

Buch: „Das Atelier in Paris“

Autor: Guillaume Musso

Verlag: Pendo

Ausgabe: Taschenbuch, 460 Seiten

Der Autor: Guillaume Musso, geboren 1974 in Antibes, arbeitete als Dozent und Gymnasiallehrer. Musso ist einer der erfolgreichsten Gegenwartsautoren Frankreichs, seine Romane wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt und haben sich als internationale Bestseller durchgesetzt. (Quelle: Piper)

Das Buch: Ein abgelegenes kleines Ateleier am Ende einer Allee, mitten in Paris: Hier hat sich die Londoner Polizistin Madeline eingemietet, um eine Weile abzuschalten. Doch plötzlich sieht sie sich Gaspard gegenüber, einem mürrischen amerikanischen Schriftsteller. Offenbar gab es einen Irrtum, denn auch er hat das Atelier gemietet, um in Ruhe schreiben zu können. Der Ärger legt sich, als die beiden erkennen, an welche besonderen Ort sie geraten sind. Das Atelier gehörte einst einem gefeierten Maler, von dem aber nur noch drei Gemälde existieren sollen – alle drei verschollen und unermesslich wertvoll. Als sie sich gemeinsam auf die Suche nach den Bildern begeben, wird ihnen schnell klar, dass den Maler ein grausames Geheimnis umgibt …

Für Madeline und Gaspard beginnt eine spannenden Jagd, die sie von Paris nach New York führt und sie nicht nur mit ungeahnten menschlichen Abgründen, sondern auch mit ihren eignenen Dämonen konfrontiert. (Quelle: Piper)

Fazit: Ich glaube, aus mir wäre ein guter Kunsthistoriker geworden. Wenn ich denn Kunstgeschichte studiert hätte. Dann, ha, dann würde ich jetzt – wahrscheinlich auch hier sitzen und diese Rezension schreiben. Nun ja. Übrig geblieben ist allerdings eine Leidenschaft für Bücher, die irgendwie mit Gemälden oder Malerei zu tun haben. Gut, da war in der Vergangenheit unheimlich viel, unheimlich unfassbarer Unfug dabei, aber zwischendurch hat man dann ja doch mal Glück. Und selbiges hatte ich mit „Das Atelier in Paris“.

Dabei ist die Suche nach den Bildern, auf die ich mich so freute, verhältnismäßig schnell vorbei. Dann jedoch legt Mussos Handlung erst so richtig los. Es gilt, ein Geheimnis aus der Vergangenheit zu lösen und die Zeit ist dabei nicht unbedingt auf Seiten der Protagonisten. Und so nimmt denn die Handlung im Laufe der Zeit passend dazu immer mehr Tempo und Spannung auf, bis die Ereignisse zu einem von mir natürlich nicht näher beschriebenen, aber zufriedenstellenden, in sich logischen Ende kommen.

Achtung: Der folgende Absatz könnte für Menschen, die die Definition von „Spoiler“ eher eng fassen, einen Spoiler beinhalten. Im Zweifelsfall ist folgender Absatz also einfach zu überspringen.

Allerdings hätten ein paar Seiten weniger, speziell die ganz am Ende, dem Buch gutgetan, denn zu einem Zeitpunkt, an dem alles eigentlich schon geklärt ist, driftet das Buch ganz ohne Not mit quietschenden Reifen und einem Drehzahlmesser im roten Bereich in Richtung Kitsch ab. Und das hätte nun wirklich nicht sein müssen, wirkt auch zu konstruiert. Abgesehen von diesen letzten Seiten überzeugt die Handlung aber voll und ganz.

Ende der eigentlich überflüssigen Spoilerwarnung

Stilistisch werde ich Guillaume Musso nicht nachhaltig im Gedächtnis behalten. Sein Buch ist halt „flüssig geschrieben und gut zu lesen“, wie ich, sehr zu meinem Leidwesen, häufiger lesen darf, denn das ist etwas, was ich beim Text eines Menschen, der damit Geld verdienen will, eigentlich voraussetze und nicht sonderlich erwähnenswert finde. Aber sei es drum, kurz gesagt: stilistisch solide.

Das einzige kleine Ärgernis sind für mich die beiden Protagonisten Madeline und Gaspard. Er ist Alkoholiker, allerdings natürlich vollkommen davon überzeugt, jederzeit aufhören zu können. Ansonsten ist er halt misanthropisch veranlagt und hält sich für etwas Besseres. So ist auf Seite 45 zu lesen: „Der Alkohol löste im Grunde kein Problem, doch er bot die Möglichkeit, die Mittelmäßigkeit zu ertragen, die nach seinem Empfinden die Menschheit infiziert hatte.“ Oh, bitte! Das ist die wohl blasierteste Begründung für Alkoholismus, die ich je gehört habe. Gaspard wirkt ein bisschen wie Jack Nicholson in „Besser geht´s nicht“, nur in ätzend. Hm, was macht eigentlich Helen Hunt heute? Ich schweife ab …

Seine Mitstreiterin Madeline kann man ebenfalls kritisch beäugen. Sie möchte nämlich unbedingt schwanger werden. So weit, so nachvollziehbar. Allerdings ist sie derzeit gar nicht in einer Beziehung. Der sonst dafür notwendige Vorgang wird durch eine entsprechende medizinische Behandlung an einer spanischen Klinik ersetzt. Das potenzielle Kind dient dabei so einer Art Selbstfindung. Und das wiederum – man mag mich konservativ nennen – finde ich irgendwie verwerflich. Abgesehen davon, dass ein Kind in meiner kleinen Märchenwelt voller Feen, Elfen und Eskimos eigentlich zwei Elternteile beliebigen Geschlechts ab Werk haben sollte, darf man diesen Grund für einen Kinderwunsch doch arg hinterfragen. Wer zur Selbstfindung aufbricht, sollte es vielleicht lieber erst mal mit einem Dackel probieren. Oder einem Goldfisch. Nein, noch besser: mit einem Kaktus.

Skurrilerweise macht das Zusammenspiel der beiden Charaktere durchaus Spaß, wenn man mal beschlossen hat, dass man sie ja beide nicht mögen muss.

Abschließend sei gesagt, dass „Das Atelier in Paris“ sicherlich nicht mein letzter Musso-Roman sein wird. Angesichts der Tatsache, dass der Franzose mittlerweile – von mir gänzlich unbemerkt – 14 Bücher veröffentlich hat, steht allerdings die Frage im Raum, ob ich die letzten gut 10 Jahre unter einem Stein gelebt habe …

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Stil: 8 von 10 Punkten

Charaktere: 7,5 von 10 Punkten

Spannung: 8,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,25 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Hologrammatica“ von Tom Hillenbrand.

Freitagsfragen #68

Freitagsfragen

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

„Weihnachten ist nicht mehr weit.“ ist heute im Freitagsfragen-Beitrag des Brüllmausblogs zu lesen. Ein Satz, der auf mich normalerweise die selbe Wirkung hat, wie ein Stilett auf einen Lkw-Reifen. Noch bin ich allerdings angesichts der Aussicht auf Glöckchengebimmel und „Wham!“ relativ entspannt. Und so lange das so ist, widme ich mich lieber der Beantwortung der eben genannten Freitagsfragen, welche lauten:

1.) Welches ist Dein liebstes Märchen?

Ich kenne eine ganz zauberhafte Person mit einer hohen Affinität zu Märchen, die auf diese Frage vermutlich sofort eine Antwort hätte. Ich jedenfalls habe keine. Ich habe schon seit etwa 400 Jahren keinen sonderlich großen Bezug mehr zu Märchen und weiß allenfalls noch, was Volksmärchen von Kunstmärchen unterscheidet.

Aber hey, als Kind konnte ich den gesamten Text von „Max und Moritz“ auswendig aufsagen! Okay, das ist streng genommen kein Märchen, sondern eine Bildergeschichte. Aber ich wollte es mal erwähnt haben, denn wie oft bekommt man schon die Gelegenheit, in halbwegs passendem Zusammenhang zu verkünden: Als Kind konnte ich den gesamten Text von „Max und Moritz“ auswendig!?

Gebracht hat mir diese sehr spezielle Fähigkeit für den weiteren Lebenslauf aber irgendwie nichts …

Aber sollte ich mich nun partout, trotz meines begrenzten diesbezüglichen Kenntnisstands, für ein Märchen entscheiden müssen, wäre das vermutlich „Schneewittchen“: Der Beweis dafür, dass auch bei eher kleinen Leuten wie ich es bin, plötzlich eine wunderschöne Frau im Haus stehen kann. Also dann, die Tür ist offen, ich warte … ;-)

2.) Magst Du Buchverfilmungen?

Das kommt sehr auf die Verfilmung an, denn naturgemäß gibt es da gute und schlechte. Als Beispiel für eine gute Verfilmung sei hier mal „Misery“ genannt, was wohl rückblickend betrachtet zu großen Teilen an der schauspielerischen Leistung von Kathy Bates liegt. Und da wir gerade bei King-Verfilmungen sind: „Friedhof der Kuscheltiere“ hat mir als Film auch gut gefallen – jedenfalls bis ich das Buch gelesen habe.

Als bestes Beispiel für eine gelungene Buchverfilmung fällt mir naturgemäß „Der Herr der Ringe“ ein, allein schon, weil die Buchvorlage sich auf den ersten 150 Seiten liest, wie eine literarische Wurzelbehandlung ohne Betäubung und darüber hinaus auch noch Tom Bombadil enthält.

Dann gibt es Buchverfilmungen, die eben nicht so gut gelungen sind. „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist da leider so ein Buch. So sehr ich die Bücher auch mag, mit dem Film wurde ich irgendwie nicht warm.

Und zuletzt gibt es da noch die Buchverfilmungen, bei denen man gar nicht weiß, dass sie auf einem Buch basieren. Und auch da gibt es gute und schlechte. So habe ich, Asche auf mein Haupt, erst Jahre später erfahren, dass „Der englische Patient“ auf einem Buch von Ondaatje basiert. Darüber hinaus muss ich gestehen, dass das einer der Filme ist, bei denen ich mich schlicht weigere, ihn mir nochmal anzusehen. Ich kann mich nicht erinnern, mich bei einem Film schon mal so gelangweilt zu haben. 160 Minuten mit der Dramatik des Testbildes … Angesichts der Tatsache, dass der Film neun Oscars gewonnen hat, habe ich aber wahrscheinlich einfach keine Ahnung.

Ein Positivbeispiel für Verfilmungen von mir unbekannten Büchern war dagegen „Shutter Island“. Leider funktioniert dieser Film nur einmal, weswegen ich nicht weiß, ob es Sinn ergibt, das Buch von Denis Lehane noch zu lesen …

Kurz: Ob ich Buchverfilmungen mag, lässt sich nicht pauschal mit ja oder nein beantworten, sondern hängt immer von der einzelnen Umsetzung ab.

3.) Befasst Du Dich mit den Künstlern Deiner Lieblingsmusik?

Nein, nicht mehr. Wobei das mal anders war. Gegen Anfang der 90er hörte ich gerne die Musik von Bands, die aus mindestens vier langhaarigen Musikern bestanden und von der „Bravo“ in den Bereich „Hardrock“ eingeteilt wurden: „Europe“ (Helden meiner frühen Jugend), „Bon Jovi“ (die plötzlich gar nicht mehr so langhaarig waren, was mich, so weit ich mich erinnere, schwer schockiert hat), „Guns N´ Roses“, „Aerosmith“, die von mir erst kürzlich wiederentdeckten „Thunder“ (kennt keine Sau) und so weiter und so fort.

Und damals war ich durchaus informiert, was die betreffenden Bands so tun, allein schon durch regelmäßiges Studium der „Bravo“, die es ja tatsächlich immer noch gibt, was für mich eines der größten Mysterien der Menschheitsgeschichte darstellt, noch vor den Nazca-Linien und der Frisur von Donald J. Trump.

Heute ist das anders. Zwar könnte ich jeden Meter, den die Mitglieder der Band „Volbeat“ wandeln, mit Rosen streuen, weil ich ihre Musik großartig finde, ich weiß allerdings spontan nicht mal, wie auch nur ein einziger dieser Herren heißt.

Bei „Matchbox Twenty“ beispielsweise weiß ich wenigstens noch, wie alle heißen und kriege auch noch halbwegs auf die Reihe, wer gerade welche Solo-Projekte am laufen hat, konzentriere mich allerdings in erster Linie auf die Frage, wann, verdammte Axt, endlich ein neues Album erscheint. Ich meine, das letzte ist sechs Jahre her. Sechs Jahre! SECHS JAHRE!

Lassen wir das …

Kurz: Früher beschäftigte ich mich noch mit den Bands selbst, heute in erster Linie nur noch mit ihrer Musik. Die Zeit, die ich investiert habe, mich über Bands zu informieren, nutze ich heute, um mich darüber auf dem Laufenden zu halten, was AfD, CSU und Mittelschicht-Friedrich „Ist-das-Asylrecht-oder-kann-das-weg?“ Merz so verzapfen. Damit bin ich vollständig ausgelastet. ;-)

4.) Die Wahl der Qual: Ein Leben ohne Kunst oder ein Leben voll herzloser Kunst?

Beides sind Horrorszenarien. Aber was „herzlos“ ist, ist ja auch immer Definitionssache. Also nehme ich ein Leben voll herzloser Kunst, in der Hoffnung, dass da etwas dabei ist, was ich persönlich nicht als herzlos empfinde.

 

Das war es auch schon wieder, getreue Leserschaft.

Ich wünsche allseits einen schönen Restfreitag und einen guten Start in ein hoffentlich schönes Wochenende.

Gehabt euch wohl!

„Seiltänzer“ von Sören Heim – Prosaminiaturen

Buch: „Seiltänzer“

Autor: Sören Heim

Verlag: Girgis Verlag

Ausgabe: Taschenbuch, 109 Seiten

Der Autor: Sören Heim ist freier Journalist, Übersetzer und Schriftsteller. Der Autor ist – unter anderem – Träger des kosovarischen Preises für moderne Lyrik „Pena e Anton Pashkut“ und des Sonderpreises „Favorit von Daniel Glattauer“ der art.experience 2014. Für mehr über den Schriftsteller und sein Schaffen wissen möchte, dem empfehle ich den Besuch seines Blogs „soerenheim„.

Das Buch: Mit dem Truck in Richtung der untergehenden Sonne. Zu Fuß durch die finsteren Schluchten der größten LKW-Raststäte Europas. Verlorene diskutieren in einer von Bananenstauden unzureichend verdeckten türkischen Kneipe. Ein Schatten balanciert auf Gewächsthäusern und macht den letzten entscheidenden Schritt – in die Wolken.

Im Nachfolger zu seinen „Kleinstadtminiaturen“ erzählt Sören Heim Geschichten aus ganz Europa. Schafft Prosagedichte der Landstraße, verwebt Stimmen aus schummrigen Seitengassen, berrührt Schweiß, Tabak, Alkohol und Bezin. Ein Hymnus der Freiheit mit melancholischem Unterton: Denn die Grenze als Goldenes Kalb des 21. Jahrhunderts kündigt sich düster an. Sie war nie wirklich überwunden. (Klappentext)

Fazit: Im Jahr 2018 bin ich verhältnismäßig wenig, um nicht zu sagen gar nicht, aus meiner literarischen Wohlfühlzone ausgebrochen. Zu turbulent verlief es irgendwie, als dass ich bereit gewesen wäre, mich mit Buch-Experimenten auseinanderzusetzen, ohne zu wissen, ob sie mir auch gefallen würden.

Diese Bereitschaft ist mittlerweile zurückgekehrt und so habe ich mich mit Sören Heims Prosaminiaturen in „Seiltänzer“ beschäftigt. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Autor für die Übersendung des Rezensionsexemplars.

Ja, ich gebe zu, mit „Seiltänzer“ habe ich meine literarische Wohlfühlzone recht weit verlassen, denn ich muss darüber hinaus zugeben: Ich habe von Prosaminiaturen nicht die geringste Ahnung! Aber das ist ja kein Grund, sich nicht dennoch damit zu beschäftigen. Und den Versuch zu unternehmen, den gelesenen Texten mit meiner Rezension wenigstens im Ansatz gerecht zu werden. Also, in medias res.

Zwischen 2005 und 2007 trampte der Autor mehrfach in Richtung Spanien, Italien und Ungarn. Aus den bei diesen und späteren Reisen – unter anderem durch die Schweiz und in die Tschechische Republik – gewonnenen Eindrücken bildet Heim seine Prosaminiaturen. Kurze Texte mit einer Länge von zehn Zeilen bis hin zu einigen Seiten. „Seiltänzer“ umfasst über 20 dieser Texte.

Bereits im Vorwort stellt der Autor klar, dass die beschriebenen Szenen nicht zwingend genau so passiert sind und sie immer auch ein Gutteil Fiktion enthalten. Diesen Gedankengang greift bereits der „Abseits der Schienen“ genannte Prolog auf, der einerseits vor der Frage steht, ob die darin geschilderten Ereignisse tatsächlich so passiert sind und der sich – so zumindest meine Interpreation – mit der Thematik beschäftigt, dass Menschen offenbar aus Schaden nicht klug werden, was sich sehr anschaulich beim Betrachten aktueller Wahlergebnisse erkennen lässt. Die Antwort auf die im Prolog gestellte Frage, ob das denn wirklich so passiert sei, lautet im Text dann auch „Wahrscheinlich nicht, nein.“ Und man möchte als Leser anfügen: Noch nicht, nein!

Die folgenden Texte nehmen den Leser mit auf eine Reise quer durch Europa. Da wären die „Spanischen Nachtstücke“, die sich auf mehrere Texte auf- und an verschiedene Stellen im Buch verteilen, die ihre besondere Wirkung – ich hab es ausprobiert – meiner Meinung nach besonders dann entfalten, wenn man sie direkt hintereinander liest. Das ist übrigens auch eine, wie ich finde, besondere Stärke des Buches, dass man die Geschichten eben nicht unbedingt in der Reihenfolge lesen muss, in der sie abgedruckt sind. Man kann „Seiltänzer“ stattdessen, aufgrund des praktischen Formats, eigentlich immer bei sich führen und je nach Bedarf an einem Tag diesen und an einem anderen Tag jenen Text lesen, ihre Wirkung entfalten sie auch auf diese Weise.

Da wäre des Weiteren beispielsweise die Geschichte „Das Geheimnis der Täler“, die den Leser nach Kursk entführt und der Frage nachgeht: „Wovon leben die Leute hier?“. Da wäre die düster gehaltene Geschichte mit dem passenden Titel „Hamburg, im Geiste“, über die ich immer noch nachdenke. Da wäre aber auch die „Kleine Gespenstergeschichte“ in der ein scheinbar ein Verstorbener auftaucht. Letztere ist übrigens mein Lieblingstext, enthält allerdings nicht meine Lieblingsstelle, nämlich jene über die „Straße der Prostituierten – eine wenig verkehrsgünstig gelegene Straße, die doch überraschend viel Verkehr aufweist (…)“ (Seite 45). Ja, ich habe manchmal eine etwas infantile Art von Humor.

Allen Texten ist gemein, dass sie sehr bildhaft und dicht und atmosphärisch und schön geschrieben sind. Vor dem inneren Auge des Lesers, also mir, entfalten sich Bilder, die einen glauben lassen, beispielsweise Florenz und seine „in allen Farben der Muschel“ geschilderte Festung vor sich zu haben, obwohl ich – ganz ähnlich wie der Erzähler der entsprechenden Geschichte – noch nie in Florenz war.

Abschließend möchte ich zwei Personen zu Wort kommen lassen, um damit meine Meinung zu „Seiltänzer“ in wenige Worte zu fassen, nämlich die Radiomoderatorin meines Vertrauens einerseits und Denis Scheck andererseits. Erstere sagte nämlich gestern in den frühen Morgenstunden über die neue Single von „Muse“: „Das macht etwas mit mir!“ und Zweiterer hat mal sinngemäß gesagt, dass der Leser ein gutes Buch nicht als der Mensch beendet als der er es begonnen hat. Und beide Äußerungen treffen auch auf meine Lektüre von „Seiltänzer“ zu.

Solche Bücher gibt es viel zu wenige.

Wertung:

9 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Das Atelier in Paris“ von Guillaume Musso.

„Der Weltenfinder“ von Bernd Perplies –

Buch: „Der Weltenfinder“

Autor: Bernd Perplies

Verlag: Fischer Tor

Ausgabe: Taschenbuch, 430 Seiten

Der Autor: Bernd Perplies (*1977) studierte Filmwissenschaft und Germanistik in Mainz. Heute lebt er als hauptberuflicher Autor und Übersetzer mit seiner Familie in der Nähe von Stuttgart. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die ›Magierdämmerung‹-Trilogie und die ›Tarean‹-Saga. Für ›Imperium der Drachen: Das Blut des Schwarzen Löwen‹ wurde er 2015 mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. (Quelle: Fischer Tor)

Das Buch: Jenseits des Landfalls, so heißt es gemeinhin, endet die Welt. Dahinter liegen nur noch das endlose Wolkenmeer und das Nichts. Vor Tausenden von Jahren aber gab es noch keine Wolken. Die Legenden besagen, dass eine gewaltige Zivilisation in den Tieflanden lebte, deren Reichtum nur von ihrem Wissensschatz übertroffen wurde. Die ArChaon erforschten die Magie und die Schöpfung auf eine Weise, die sich heute niemand mehr vorstellen kann – doch ihre Neugierde wurde ihr Untergang, und die Nebel verschlangen sie. Niemand hat jemals nach dieser verlorenen Welt gesucht, denn niemand wagte sich in die Tiefen des Wolkenmeers. Bis heute … (Quelle: Fischer Tor)

Fazit: Ich bin dem Fantasy-Genre im Grunde genommen ja sehr zugetan. Es hat nur ein massives Problem, über das ich regelmäßig schimpfe: Fantasy-Bücher sind oft Teile einer Reihe. Das allein wäre noch kein Problem, würde ich nur Fantasy lesen. Meine Genre-Vorlieben sind allerdings recht umfangreich, so dass es sich irgendwie nicht ergibt, dass ich angefangene Reihen dann auch zu Ende lese. Und daher lasse ich es häufig lieber gleich ganz. Ausnahmen gibt es natürlich, daher Notiz an mich: Morgen „Ein Reif von Silber und Gold“ von Stephan M. Rother organisieren!

Gut, und oft hapert es natürlich daran, dass man eine Reihe einfach nicht zu Ende lesen kann, weil der entsprechende Autor nicht zu Potte kommt. Aber ich will jetzt nicht über George R. R. Martin meckern.

Mit diesem Problem des Genres im Hinterkopf, stieß ich zufällig auf eine Rezension von Bernd Perplies´ „Der Drachenjäger“ im „Lieblingsleseplatz“, seinem ersten Roman rund um das sagenhafte Wolkenmeer. Dort war sinngemäß zu lesen, dass Perplies´Wolkenmeer-Bücher zwar auch alle im selben Setting angelegt sind, und streng genommen ebenfalls Teil einer Reihe sind, aber sie haben- für mich – einen großen Vorteil: Sie sind inhaltlich abgeschlossen. Also sprach nichts mehr dagegen, mich ebenfalls den Büchern des Autors zuzuwenden.

In „Der Weltenfinder“ brechen die Protagonisten zur zweiten Reise ins Wolkenmeer auf. Der Gelehrte Corren von Dask unternimmt Studien, um mehr über die geheimnisvolle Stadt ThaunasRa herauszufinden. Eine Stadt aus grauer Vorzeit, die irgendwo am Grunde des Wolkenmeers liegen soll. Corren rüstet eine Expedition aus und bricht auf, um die Legende einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.

„Der Weltenfinder“ ließ sich tatsächlich ganz ohne Vorkenntnisse des ersten Teils lesen. Auf die Ereignisse aus „Der Drachenjäger“ wird immer nur kurz eingegangen, sie sind zum Verständnis auch nicht wichtig. Auch, dass in der Fortsetzung Charaktere auftauchen, die bereits im Erstling eine Rolle gespielt haben, ist schön, wenn man es weiß, wenn man es nicht weiß, macht es aber auch nichts.

Apropos Charaktere: Die sind eigentlich durch die Bank recht gut gelungen. Insbesondere der Protagonist Corren von Dask ist hier positiv zu erwähnen. Auch die Nebenfiguren, beispielsweise die angeheuerte Söldnertruppe, hat mir gefallen. Lediglich der Antagonist konnte mich nicht ganz überzeugen, aber das will nichts heißen, dieses Antagonisten-Problem habe ich verhältnismäßig häufig.

Schon zu Beginn des Buches wird der Leser direkt in die Action geworfen und bemerkt, wie rasant Perplies erzählen kann. Aber auch in ruhigeren Phasen der Handlung kann er überzeugen. Dabei gelingt dem Autor ein ganz besonderer Kunstgriff: Er ist in der Lage, der Leserschaft die Welt in der seine Abenteuer spielen, eher so im Vorbeifliegen nahezubringen. Wo andere Autoren einen ganzen Einführungsband schreiben müssen, um den Lesern Welt, Geografie, Politik, Religion zu erläutern, nimmt Perplies den Leser einfach bei der Hand und lässt ihn das Wolkenmeer über „learning by reading“ erleben. Eine sehr angenehme und elegante Lösung, ich zumindest hatte nie das Gefühl, dass ich gerne mehr Hintergrundinformationen gehabt hätte.

Auch an der Geschichte selbst habe ich nicht viel auszusetzen. Sie verläuft fast ohne Längen, bleibt spannend, wird bildhaft und anschaulich erzählt und bleibt im Kopf.

Wer Fantasy-Literatur oder auch Fantasy-RPGs mag, wen längere Buchreihen aber eher abschrecken, dem kann ich „Der Weltenfinder“ wärmstens empfehlen.

Wertung:

Handlung: 8,5 von 10 Punkten

Charaktere: 7,5 von 10 Punkten

Stil: 9 von 10 Punkten

Atmosphäre: 9 von 10 Punkten

Gesamtwertung; 8,5 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Seiltänzer“ von Sören Heim.

 

Freitagsfragen # 67

Freitagsfragen

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hurra, die deutschen Kicker haben 3:0 gewonnen. Allerdings passierte das von mir weitgehend unbemerkt. Bin ich der Einzige, bei dem sich mittlerweile so eine Art Übersättigung in Sachen Länderspiele einstellt? Mal ganz abgesehen davon, dass sie den ganz normalen Bundesliga-Rhythmus eines Fußballfans aufs Unangenehmste durcheinanderbringen. Gut, nach Einführung weiterer semi-sinnvoller Wettbewerbe spielt man jetzt nicht mehr gegen Samoa und Lesotho, sondern gegen Frankreich und die Niederlande, das Grundproblem bleibt aber bestehen.

Aber so hat jeder eben irgendwas, wovon er zu viel hat. Bei mir sind das Länderspiele, bei der AfD sind es teilweise illegale Spenden unbekannter Herkunft, was soll´s!? Wovon ich jedoch niemals zu viel haben kann – und man beachte diese Hammer-Überleitung – sind die Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog. Die Fragen und Antworten lauten:

1.) Sehnst Du Dich nach Deiner Schulzeit zurück?

Nein, heute nicht mehr. In den ersten Jahren nach dem Schulabschluss war das noch anders. Da befand ich mich in der Ausbildung in dem, was man so freie Wirtschaft nennt, und musste mich auf eine Art behandeln lassen, für die ich meine Lehrer einige Jahre zuvor noch verklagt hätte. Aber so weit, Lehrer zu verklagen, war die Gesellschaft damals noch nicht, das wurde erst knappe 20 Jahre später modern. Getreu dem Motto „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ *würg*, habe ich das dann schweigend durchgezogen, aber in der Zeit war schon des Wunsch da, einfach wieder zur Schule gehen zu dürfen.

Heute ist das anders. Zwar behaupte ich nach wie vor, dass meine drei Oberstufenjahre die geilste Zeit meines Lebens waren, aber zurück möchte ich dahin trotzdem nicht. Ich meine, wir reden hier von einer Zeit in der „La Bouche“ mit „Be My Lover“, „Los del Río“ mit „Macarena“, „Bellini“ mit „Samba De Janeiro“ oder „Loona“ mit „Bailando“ in den Charts waren – in diese Zeit KANN niemand zurückwollen!

Erschreckenderweise reden wir auch von der Zeit, in der mich „Witt/Heppner“ mit „Die Flut“ beschallt haben – kann das so lange her sein!?

2.) Probierst Du gerne neue Dinge aus oder hältst Du Dich an die, die Du schon kennst und kannst?

Wenn ich permanent neue Dinge ausprobiere, gehöre ich vielleicht bald in die Riege der selbsternannten Universalgelehrten, die alles ein bisschen, aber nichts richtig können, dafür aber zu allem eine Meinung und etwas zu sagen haben und deshalb nie die Schnauze halten können oder wollen. Ein Menschenschlag, der mir sehr suspekt ist.

Ich stehe da eher auf dem Standpunkt, dass ich mich auf das besinne, was ich wirklich kann. Zu allem anderen halte ich dann den Mund.

Wobei ich aber natürlich nicht grundsätzlich ausschließe, mich mit etwas Neuem zu beschäftigen, wenn mich ein entsprechendes Thema wirklich begeistert. Vorschläge werden dankend entgegengenommen. ;-)

3.) Wenn Du einen Film schreiben solltest, wovon handelte er?

Da fielen mir mehrere Möglichkeiten ein. Ich könnte eine Polit-Doku über die AfD machen, die sich allerdings vermutlich keine Sau ansehen würden. Vor allem nicht die, die sie sich ansehen sollten. Das wäre vermutlich verlorene Liebesmüh.

Ich könnte auch einen John-Grisham-Gedächtnis-Gerichtsthriller machen, der dann aber zwingend Jack Nicholson, Tom Cruise und den Satz: „Sie können die Wahrheit doch gar nicht ertragen!“ beinhalten müsste. Ich mag solche Filme, irgendwo zwischen „Matlock“, „Die Firma“, „Eine Frage der Ehre“ und „Amistad“. Davon gab es in den letzten 15 Jahren eindeutig zu wenig.

Sehr viel wahrscheinlicher würde ich aber ein CGI-Lens-Flare-Michael-Bay-J-J-Abrams-Bombast-Fantasy-Epos drehen, das Peter Jackson dazu bringen würde, sich mit einer Flasche Jack Daniels in der Zimmerecke zusammenzurollen und im Stile des Comicbuchverkäufers Jeff Albertson aus den „Simpsons“ zu jammern: „Oh nein, ich habe mein Leben vertan!“

Ich wüsste auch schon, wie die Handlung abläuft, in welcher Welt er spielt, welche Figuren dabei sind, und so weiter und so fort. Eigentlich bräuchte ich jetzt nur noch jemanden, der es aufschreibt …

4.) Die Wahl der Qual: die einzige betrunkene Person auf einer Party sein oder die einzig nüchterne?

Vor 20 Jahren hätte ich vermutlich geantwortet: „Scheiß drauf, ich bin lieber der einzige Betrunkene!“, heute sieht das etwas anders aus. Da bin ich dann doch lieber der einzige Nüchterne. Erfahrungsgemäß – denn das kam schon öfter vor – ist das zwar auch nur schwer erträglich – spätestens dann, wenn mein Umfeld anfängt, Unfug zu reden -, aber der Vorteil des Nüchternseins wäre in dem Fall ja der, dass ich einfach nach Haus fahren kann, wenn ich die Nase voll habe.

 

Nun denn, geneigte Leserschaft, das war es auch schon wieder.

Ich wünsche allseits einen schönen Restfreitag und einen guten Start in ein schönes Wochenende und muss jetzt noch allerlei produktive Dinge tun – und versuchen, „Bailando“ wieder aus dem Kopf zu bekommen …

Gehabt euch wohl!

 

 

„Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg – Abbitte

Buch: „Die Vergessenen“

Autorin: Ellen Sandberg

Verlag: Penguin

Ausgabe: Taschenbuch, 509 Seiten

Die Autorin: Ellen Sandberg ist das Pseudonym einer erfolgreichen Münchner Autorin, deren Kriminalromane regelmäßig auf der Bestsellerliste stehen. Sie arbeitete zunächst in der Werbebranche, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit dem groß angelegten Spannungs- und Familienroman »Die Vergessenen« schlägt sie einen neuen schriftstellerischen Weg ein und widmet sich dabei einem Thema, das ihr ein persönliches Anliegen ist: den Verbrechen der jüngeren Vergangenheit und der Notwendigkeit, diese nicht zu vergessen. (Quelle: Penguin)

Das Buch; 1944. Kathrin Mändler tritt eine Stelle als Krankenschwester an und meint, endlich ihren Platz im Leben gefunden zu haben. Als die junge Frau kurz darauf dem charismatischen Arzt Karl Landmann begegnet, fühlt sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen. Zu spät merkt sie, dass Landmanns Arbeit das Leben vieler Menschen bedroht – auch ihr eigenes.

2013. In München lebt ein Mann für besondere Aufträge, Manolis Lefteris. Als er geheimnisvolle Akten aufspüren soll, die sich im Besitz einer alten Dame befinden, hält er das für reine Routine. Er ahnt nicht, dass er im Begriff ist, ein Verbrechen aufzudecken, das Generationen überdauert hat … (Quelle: Penguin)

Fazit: Nach gut 50 Seiten stand für mich eindeutig fest: Ich würde dieses Buch abgrundtief verabscheuen! Ich würde den Verriss meines Lebens schreiben. Ich würde den Umfang meiner Rechtschutzversicherung überprüfen, um für die Folgen gewappnet zu sein. Doch dann kam irgendwie alles anders …

Zu Anfang allerdings hat die Autorin sich tatsächlich Mühe gegeben, mich größtmöglich zu ärgern, beispielsweise mit ihrem Protagonisten Manolis Lefteris, mit dem ich übrigens über die ganze Strecke des Buches nicht warm geworden bin. Aus familiären Gründen, die genauer zu erwähnen jetzt zu weit führen würde, hat Lefteris kein Vertrauen mehr in Staat und Justiz. Und das äußert er auch – andauernd. „Sie ist nicht blind. Sie urteilt ohne Ansehen der Person. Das bedeutet die Augenbinde.“, sagt seine Schwester auf Seite 13 über die Justiz. Darauf Manolis: „Aber nicht ohne den Einfluss der Mächtigen.“ Gähn …

Und da er nun diese Meinung vertritt, handelt er nur ganz konsequent, indem er das Recht und Gesetz selbst in die Hand nimmt – er wird Auftragskiller. Gut, nur im Falle von freigesprochenen Straftätern, die seiner Meinung aber trotzdem schuld sind, aber hey … Na, und manchmal belässt er es ja auch bei Observierungen.

Das Problem, das ich mit Manolis habe, ist, dass sich dieser vollkommen empathiebefreite, durchgeknallte Mensch damit auch noch völlig im Recht fühlt. Zitieren wir dazu nochmal seine Schwester auf Seite 19. „Das Recht des Stärkeren ist nicht Gesetz.“ Darauf Manolis: „Natürlich ist es das. Der Stärkere und Anpassungsfähigere überlebt, das nennt man Evolution.“ Ich bin also der Stärkere und Anpassungsfähigere, wenn ich einem beliebigen Mitmenschen mittels Verwendung einer Schusswaffe das Licht auspuste. Aha.

Dabei wäre Manolis in jungen Jahren selbst einmal ein Fall für die Justiz gewesen. Er hat nämlich einmal einen Menschen getötet, während er damit gleichzeitig einen anderen gerettet hat. Manolis entzieht sich aber der Justiz, der Gerettete zeigt sich, insbesondere finanziell, höchst erkenntlich, was zur Folge hat, dass Manolis Jahre später ein gutsituiertes Leben führen kann. „Ohne ihn, der ihn unter seine Fittiche genommen hatte und in gewisser Weise die Vaterstelle bei ihm vertrat, hätte er weder seine Wut in den Griff bekommen, noch die schönen Seiten des Lebens entdeckt und gelernt, sie zu genießen. Malerei, Musik, das Theater, gutes Essen, Literatur.“ (Seite 34) Hach, wie gut dieser gebildete Feingeist doch seine Wut in den Griff bekommen hat … Nochmal: der Mann ist ein Killer! Punkt, aus, Ende!

Aber Manolis ist nicht der einzige Charakter, der mir sauer aufstieß. Irgendwie machte sich nach kurzer Zeit der Eindruck breit, als sei jeder männliche Charakter in diesem Buch eine außerordentliche Flitzpiepe und als handele es sich bei „Die Vergessenen“ um ein Emanzipationspamphlet.

Da wäre beispielsweise der Chefredakteur einer großen Zeitung. Im Vorstellungsgespräch mit einer jungen Frau kommt man angesichts eines Bildes der Callas auf das Thema Gesang und die junge Frau sagt: „Für die Bühne reicht es bei mir nicht. Nur für die Dusche.“ Darauf der Chefredakteur: „Ach? Da wäre man ja gerne mal dabei.“ Oh, bitte! Wen soll dieser Charakter darstellen? Rainer „Herrenwitz“ Brüderle?

Als die junge Frau nach dem – erfolglosen – Gespräch nach Hause kommt, fügt sie sich in ihr Schicksal, stattdessen Chefredakteurin bei der Frauenzeitschrift zu werden, für die sie bereits arbeitet. Dort wartet dann ihr Freund, der es wagt, sie darauf aufmerksam zu machen, dass damit ihre Träume platzen könnten, wieder im „ernsthaften“ Journalismus zu landen – ein Gedankengang, den die junge Frau selbst vorher laaang und breit gewälzt hat. Und nur dafür macht sie ihm dann a) eine Szene und b) ihn zur Minna.

Das war dann endgültig der Punkt,  an dem ich mich fragte: „Können die Männer in diesem Buch auch nur überhaupt irgendwas richtig machen?“ Und es war auch der Punkt, an dem ich begann, vieles andere auf die Goldwaage zu legen. Beispielsweise die Tatsache, dass Manolis in seiner Jugend wegen „zwei Polen“ die „Autos verschoben“ (S.36) in Konflikt mit dem Gesetz kommt.  Wie klischeehaft. Oder die Tatsache, dass Manolis seinen späteren Wohltäter aus den Händen eines Kerls „vom Typ Tschetschenen-Inkasso“ (S. 38) befreit. Die Frage trat in den Raum, ob jetzt wohl alle Bösewichte des Buches einen osteuropäischen oder russischen Background bekamen und was das überhaupt sollte.

Dann jedoch, kurz bevor ich begann, die Geduld mit Ellen Sandbergs Roman zu verlieren, glückte der Autorin auf bemerkenswerte Art und Weise eine 180-Grad-Wende. Passenderweise gerade mit ihrer Handlung.

Klar, mit den Charakteren würde ich nicht mehr warm werden und wurde ich durch die Bank auch nicht – zumindest was den Handlungsstrang in der Gegenwart betraf. Und stilistisch bewegt sich Ellen Sandberg auf gutem, angenehm zu lesenden Niveau, jedoch ohne, dass mir der Stil als Alleinstellungsmerkmal im Gedächtnis bleiben würde.

Aber diese Geschichte!

Naturgemäß kann ich leider nicht viel über die Handlung verraten, was meine Zeilen überwiegend doch wie einen Verriss wirken lassen könnte, was sie aber gar nicht sein sollen. Nur so viel: Sandberg greift ein Thema auf, das in der Aufarbeitung der deutschen Geschichte viel zu wenig Beachtung fand. Ein Thema, das mir naturgemäß am Herzen liegt. Ein Thema, das berührt und zu Herzen geht. Und sie tut das dermaßen gut, eindringlich, spannend und in sich schlüssig, dass ich nur sagen kann:

Lest dieses Buch! Ganz ehrlich!

Wertung:

Handlung: 10 von 10 Punkten

Charaktere: 5,5 von 10 Punkten

Stil: 8,5 von 10 Punkten

Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,5 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Der Weltenfinder“ von Bernd Perplies.

 

Freitagsfragen # 66

Freitagsfragen

Hallo, liebe Leserinnen und Leser,

bezüglich der aktuellen Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog bin ich erneut leicht im Verzug, deswegen geht es jetzt ganz flugs ohne weitere Vorrede an Fragen und Antworten, welche diesmal lauten:

1.) Erledigst Du Aufgaben sofort oder schiebst Du sie vor Dir her?

Das kommt ganz entschieden auf die Aufgabe an. Wenn die Aufgabe lautet: „Nimm Dir eine Tüte Chips und setze Dich vor den Fernseher, um Dir ein Spiel der Washington Redskins anzusehen!“, dann mache ich das für gewöhnlich sofort.

Da ich aber davon ausgehe, dass es um eher unangenehme Aufgaben geht, lautet die Antwort in diesem Fall: Ich schiebe solche Aufgaben gerne vor mir her. Sehr gerne. Und lange. Sehr lange. Ich hätte schon längst den schwarzen Gürtel in Prokrastination, wenn es so etwas geben würde.

Dass das nicht unbedingt eine gute Idee ist, wusste ich schon zu Schulzeiten, was mich nicht davon abgehalten hat, das Lernen für Matheklausuren dennoch so lange hinauszuschieben, bis man den „Jetzt-isses-auch-egal-„-Zeitpunkt erreicht hat. Die Ergebnisse waren dann auch entsprechend. Wobei man fairerweise sagen muss, dass diese Ergebnisse nach intensivem Lernen auch nicht besser gewesen wären …

Und im Grunde ist Prokrastination ja auch eine dumme Idee. So musste ich in diesem Jahr beispielsweise die Erfahrung machen, dass man auch bei Behörden offensichtlich gerne prokrastiniert, wenn es um die Erledigung eines Antrages geht. Für besagten Antrag hatte die Behörde gemäß SGB irgendwas eigentlich 6 Wochen Zeit. Von der Antragstellung bis zum Bescheid vergingen aber über drei Monate, was weitere Schwierigkeiten aufwarf. Zumal man sich jetzt an den Inhalt des Bescheides auch nur so semi-gebunden fühlt, seitens der Behörde. Aber das soll uns an dieser Stelle nicht weiter interessieren.

Wenn ich so nachdenke, komme ich zum Schluss, dass es wohl nur einen Bereich gibt, in dem Prokrastination offensichtlich funktioniert: in der Politik! Schon Helmut Kohl hat auf diese Weise mehrere Jahre ein Land regiert. Oder regieren lassen. Oder so.

In der Frage nach deutschen Reparationszahlungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich Prokrastination auch bewährt …

Und es ist offensichtlich eine Auswirkung der Prokrastination des Staates, wenn im Jahre des Herren 2018 Menschen im Alter von 94 Jahren wegen ihrer Vergangenheit als KZ-Aufseher angehlagt werden – was grundsätzlich natürlich zu begrüßen ist-, weil der Staat und die Justiz in den vergangenen Jahrzehnten offensichtlich gerade irgendwie anders beschäftigt waren als mit der juristischen Aufarbeitung der Vergangenheit. Tetris spielen. Oder so.

Dass Proktrastinieren in der Politik manchmal eine gute Idee sein kann, merkt man auch an anderen Beispielen. So hätte ich nichts dagegen gehabt, wenn die ungarische Regierung ihre Entscheidung, Obdachlosigkeit für illegal zu erklären und Obdachlose auf diese Weise zuhauf in die Wälder zu vertreiben oder nach dreimaliger Verwarnung einfach wegzusperren, bis auf den Sanktnimmerleinstag verschoben hätte.

Oder nehmen wir die CDU und ihre Suche nach einer/einem neuen Vorsitzenden. Wenn ich die Wahl habe zwischen einer sich offen gegen die Ehe für alle aussprechenden Kramp-Karrenbauer, Jens „Hartz-IV-ist-keine-Armut“ Spahn oder Friedrich „BlackRock“ Merz, dann sollte ich darüber nachdenken, diese Wahl ebenfalls bis auf den besagten Sanktnimmerleinstag zu verschieben, in der Hoffnung, dass bis dahin doch noch ein erträglicher Kandidat aus der Hecke gesprungen kommt. Oder es sich wenigstens Armin Laschet nochmal anders überlegt.

2.) Wie motivierst Du Dich zu unangenehmen Erledigungen?

Ja, gar nicht, das ist ja das Problem! ;-) Nein, mal ehrlich, mich dazu zu motivieren, unangenehme Dinge zu erledigen, gehört wahrlich nicht zu meinen großen Stärken. Wenn ich solche Erledigungen dann angehe, dann passiert das meistens aus einer Art „Ich-mach-das-jetzt“-Übersprungshandlung. Manchmal auch durch sanften Druck anderer Personen. Nur leider verabscheue ich es eigentlich abgrundtief, wenn mir Menschen ungefragt sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Hach, es ist schon manchmal schwierig.

3.) Sagst Du Deinen Mitmenschen lieber, was Du Dir zum Geburtstag wünschst, oder lässt Du Dich lieber überraschen?

Das kommt entschieden auf den Schenkenden an. Es gibt Menschen, vorzugsweise aus dem familiären Hintergrund, die mir ohne Anregung meinerseits Dinge schenken, die sie begründen mit „Ich habe mir gedacht, das könntest Du gut gebrauchen!“ Meistens ist das falsch gedacht. So weiß ich heute noch nicht, was ich eigentlich mit den Kopfhörern machen soll, die ich vor Jahren bekommen habe.

Es gibt aber auch Menschen, denen lasse ich in dieser Frage gerne völlig freie Hand und kann mich in der Mehrzahl darauf verlassen, etwas zu bekommen, über das ich mich freue.

Sollte ich selbst der Schenkende sein, bin ich übrigens sehr froh, wenn jemand ganz deutlich äußert, was er oder sie sich wünscht, denn ich bin ein unfassbar schlechter Geschenke-Schenker. Manchmal habe ich Geistesblitze, dann fällt mir auch etwas Sinnvolles ein, manchmal verschenke ich auch wert- und nutzlosen Tand mit der Begründung: „Ich habe mir gedacht, das könntest Du gut gebrauchen!“. Ich bin offensichtlich genetisch  vorbelastet.

Ach, und da wir ja bei Geschenken sind und ich diese Anekdote unmöglich für mich behalten kann: Bücher in öffentlichen Bücherschränken sind ja auch irgendwie Geschenke. An andere, unbekannte Leser eben. Wer aber auf die Idee gekommen ist, im öffentlichen Bücherschrank im E-Center das Buch „Rechtschreibung und Zeichensetzung“ von Karl Dieter Bünting und Dorothea Ader aus dem Jahre 1993 (!) zu hinterlegen, hat entweder eine sehr feinsinnige Art von Humor oder ist schlicht gemein. :-)

4.) Die Wahl der Qual: Eine schlaflose Nacht haben oder einen Tag verschlafen, an dem Du eigentlich viel vor hattest?

Erfahrungen mit schlaflosen Nächten hatte ich in der Vergangenheit zur Genüge. Daher verschlafe ich lieber den Tag. Einerseits schlafe ich gerne, andererseits gibt es wenig, das ich nicht auch noch am Folgetag erledigen könnte.

 

So weit, so gut, ich wünsche allseits noch einen erholsamen Restsonntag.

Gehabt euch wohl!