Buch: „Die Oger“ (2011)
Autor: Stephan Russbült
Verlag: Bastei Lübbe
Ausgabe: Taschenbuch, 494 Seiten
Der Autor: Stephan Russbült, geboren 1966, ist ein deutscher Fantasy-Autor. Nach einer Lehre als Großhandelskaufmann studierte er BWL und ist als leitender Angestellter tätig. Sein Entschluss, Fantasy-Romane zu schreiben, entstand durch seine langjährige Begeisterung für „Pen and Paper“-Rollenspiele.
Seinem Debütroman „Die Oger“ ließ Russbült mittlerweile mit „Der Rubin der Oger“ und „Blutiger Winter“ zwei weitere Romane um seinen Protagonisten, den Oger Mogda, folgen. Ingesamt veröffentlichte der Autor bislang 8 Romane bzw. Novellen, zuletzt erschien „Lord Limbus“.
Russbült lebt mit seiner Frau und zwei Kindern im nahe des Nordostseekanals gelegenen Breiholz.
Das Buch: Mogda ist ein Oger. Wie alle Oger, ist auch er ein eher schlichtes Gemüt, dessen einzige Gedanken sich praktisch ausschließlich darum drehen, woher die nächste Mahlzeit zu bekommen ist. Besagte Mahlzeit in Form eines Schafes stiehlt sich Mogda unbedachterweise aus der Herde eines Magiers. Der unweigerlich folgende Disput ist allerdings eher von kurzer Dauer: Der Magier wird Opfer seines eigenen Blitzzaubers und segnet spektakulär glühend das Zeitliche.
Mogda nimmt dem verblichenen Magier ein Amulett ab und legt es sich selbst um. Dadurch erlangt der Oger etwas ihm vorher völlig Unbekanntes: Intelligenz.
Er beschließt, im Turm des Magiers einzuziehen und es sich gemütlich zu machen. Stattdessen wird er jedoch gezwungen, einen Trupp Orks und Kriegsoger zu begleiten, die auf Befehl der sogenannten „Meister“ ausrücken, um das Land Nelbor mit Krieg zu überziehen. Mogdar jedoch hat andere Pläne.
Fazit: Im Rahmen der Wunschrezensionen anlässlich meines Blog-Geburtstages im Oktober, hat eine ganz zauberhafte Person mit Hilfe der zu ihr gehörenden ebenso zauberhaften Person beschlossen, ich möge „Die Oger“ rezensieren. Vielen Dank dafür!
Im Laufe der letzten gefühlten 10 Jahre ist es in Fantasy-Kreisen Mode geworden, Bücherreihen über so ziemlich alle Fantasy-Geschöpfe zu schreiben, die nicht bei drei in den Schatten von Mordor verschwunden sind. Auch Stephan Russbült hatte eine entsprechende Idee. Irgendwie kann ich mir aber kaum vorstellen, dass Oger seine erste Wahl gewesen sein sollen… Ich habe eher folgenden fiktiven Dialog zwischen Stephan Russbült und einem Freund im Kopf:
„Hey, habe ich Dir schon gesagt, dass ich einen Fantasy-Roman schreibe?“
„Echt? Finde ich gut! Wie soll er denn heißen?
„Die Zwerge!“
„Äääähm, eher nicht! Gibt es schon! Schon mal was von Markus Heitz gehört? Ich schätze, der hätte was dagegen!“
„Ach, verdammt, stimmt ja! Wie konnte ich das vergessen? Hmmm, mit ein paar Veränderungen in der Story klappt das Buch auch mit Elfen! Also: „Die Elfen“?“
„Ungünstig! Bernhard Hennen war schneller!“
„Oh, richtig! Na, der schreibt aber auch schneller, als man lesen kann. Nuuun, dann vielleicht, äääähm, „Die Orks“?
„Nope! Stan Nicholls!“
„Mist! Okay, ähm, „Die Trolle“ oder vielleicht, ääähm, „Die Goblins“?
„Tut mir leid, aber: Christoph Hardebusch hat sich mit den Trollen beschäftigt, Jim C. Hines mit den Goblins.“
„Jemand hat ein Buch über Goblins geschrieben??? Okay, dann, tja, was bleibt denn dann noch…?“
„Oger!“
„Och, nöööö!“
Da sich der Autor aber im Fantasy-Genre auskennt, gehe ich vielleicht doch davon aus, dass er sich freiwillig für Oger entschieden hat.
Diese Wahl birgt allerdings, für mich, ein Problem. Oger sind nunmal wirklich nicht sonderlich intelligent, was sich eben auch in ihren verbalen Fähigkeiten widerspiegelt. Eine ganze Weile habe ich überlegt, an wen mich die Dialoge der beschränkten Hünen mit ihren nur rudimentär vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten erinnern. Erst dachte ich an Yoda, lag da aber knapp daneben. Nein, die Dialoge erinnerten mich an den großen Rhetoriker und Philosophen Jar Jar Binks aus „Star Wars“, der unser aller Leben einerseits mit tiefgründigen Aphorismen wie „Am Anfang, Tag richtig klasse mit deftig Happi-Happi-Frühstück“ oder der philosphischen Frage „Werse duse denn?“ bereichert hat, andererseits aber auch die Frage beim Kino-Zuschauer aufwarf, warum er seiner Ankündigung „Wirse hier drin sterben!“ nicht endlich entsprechende Taten folgen ließ…
Das kann man mögen, muss man aber nicht. Ich mochte es nicht. Vielleicht hatte ich die Assoziation mit Jar Jar Binks aber exklusiv, ich weiß es nicht.
Wenn ich diesen Kritikpunkt allerdings unberücksichtigt lasse, dann hat Stephan Russbült einen richtig guten Fantasy-Roman geschrieben. Die in verschiedene Stränge aufgeteilte Handlung ist erfreulich unvorhersehbar und entspricht nicht dem altbekannten „Typ-trägt-magisches-Artefakt-zur-Rettung-der-Welt-durch-Kontinent-Schema“.
Auch die Charaktere wissen zu überzeugen. Mogda ist ein sympathischer Typ, außerdem schafft es der Autor, auch den anderen Ogern, trotz aller intellektuellen Mängel derselben, eine ganz indviduelle Persönlichkeit zu geben. Man muss sie einfach gern haben, die großen Deppen! ;-)
Zu den Sympathiewerten für die Charaktere trägt auch Russbülts Stil bei. Der Leser wird mit, für ein Fantasy-Buch, ungewohntem Humor durch das Buch geführt. Auch das gefiel mir ziemlich gut.
Alles in allem ist „Die Oger“ für jeden Fantasy-Fan, der mal ein etwas „anderes“ Buch lesen möchte, sehr zu empfehlen. Auch wenn ich selbst die weiteren Abenteuer Mogdas wohl ungelesen an mir vorüber ziehen lassen werde. ;-)
Wertung:
Handlung: 8 von 10 Punkten
Charaktere: 7,5 von 10 Punkten
Stil: 8,5 von 10 Punkten
Atmosphäre: 8 von 10 Punkten
Gesamtwertung: 8 von 10 Punkten
Demnächst in diesem Blog: Bevor es hier demnächst mit der vorerst vorletzten Wunschrezension weitergeht, steht erstmal „Cry Baby“ von Gillian Flynn auf dem Plan.