Freitagsfragen #95

Freitagsfragen

 

Hallo, liebe Leserinnen und Leser,

da wäre es doch fast passiert! Da wäre fast ein Freitag vorbeigegangen, an dem ich die Freitagsfragen im Brüllmausblog verpasst hätte. Verpasst im Sinne von nicht gesehen, überlesen, wie auch immer. Fast! Das war kanpp! Während im Hintergrund „Pearl Jam“ leise ihr „Black“ schmettern, widme ich mich nun mal den Fragen, die heute lauten:

 

1.) Weißt Du immer, welcher Wochentag und welches Datum gerade ist?

Ich weiß oft nicht, warum denn nun schon wieder Montag sein muss, oder warum der Wecker schon klingelt, obwohl ich mich doch gerade erst mal hingelegt habe, aber wenn ich mich der Herausforderung des Tages dann erst mal gestellt habe, dann, tja, dann schon. Zumindest, was den Wochentag angeht, den habe ich meistens auf dem Schirm. Aus dem Tritt komme ich da höchstens manchmal, wenn ein Feiertag mitten in der Woche liegt, weil ich den nächsten Tag oft spontan für einen Montag halte – und mich kurz danach darüber freue, dass es keiner ist. Wobei Montage in der jüngeren Zeit ihren Schrecken auch weitgehend verloren haben, aber das würde jetzt zu weit führen.

Das Datum habe ich weniger häufig spontan auf dem Schirm. Wenn man beruflich bedingt, den ganzen Tag am PC sitzt, dann kann man ja mit einem Blick erkennen, welches Datum man gerade hat, weswegen es einen „Ich brauche mir das nicht zu merken, ich kann ja wieder nachsehen!“-Effekt gibt. Ich unterstelle, dass es den selben Effekt auch zwischen Rechtschreibung und Google gibt, aber auch das würde jetzt zu weit führen.

(Eddie Vadder und seine Jungs wurden derweil von Stiltskins „Inside“ abgelöst …)

2.) Bevorzugst Du alte Bücher oder neue?

Ich bevorzuge in erster Linie gute Bücher, welchen Datums die dann sind, ist mir relativ schnuppe. Angesichts der Tatsache, dass ich einen durchaus erwähnenswerten Stapel ungelesener Bücher besitze, könnte man der falschen Vermutung unterliegen, dass ich dem alten Barney-Stinson-Motto „Neu ist immer besser!“ nachfolge, und besagtes Motto mag auch seine Berechtigung haben, mir ist es aber tatsächlich ziemlich egal, wie alt ein Buch ist, solange mir der Inhalt zusagt.

(Über „Stiltskin“ zu „Garbage“. Gibts die eigentlich noch? Kurzes googeln: Tatsächlich, „Garbage“  gibt es noch. Faszinierend.

3.) Welche Wandfarben hat Dein Zuhause?

In erster Linie weiß. Ich bin auch irgendwie der Typ für ausgefallene Wandfarben.

(Mittlerweile übrigens „Knockin On Heaven´s Door“ in der Cover-Version der Gunners, falls es jemanden interessiert)

4.) Die Wahl der Qual: Würdest Du lieber niemals sprechen oder niemals essen? (Du würdest nicht verhungern.)

Niemals sprechen? Da könnte ich auch genau so gut schweigend in den Starnberger See marschieren. Nee, nee, ohne sprechen ist alles nichts. Dann verzichte ich lieber aufs Essen. Von Twiggy über Kate Moss und Gigi Hadid bis hin zu Cindy Crawfords Tochter Kaia Gerber haben das offensichtlich schon ganz andere getan. Und sind mutmaßlich dadurch sogar reich geworden. Gut, nicht unbedingt attraktiver, aber das liegt ja im Auge des Betrachters und das muss ja jeder selbst wissen. Allerdings scheint der Verzicht auf ausreichende Ernährung das Hirn anzugreifen, wie man an Kate Moss´ Aussage „Nothing tastes as good as skinny feel“ bemerken kann … – mag sie sich auch bereits mehrfach davon distanziert haben, ist und bleibt diese Aussage schon bemerkenswert dumm. Ihre Gültigkeit hat sie allerdings wohl doch noch, sieht doch die eine oder andere Folge Klumscher Modelcastings heute noch aus wie eine Folge „The Walking Dead“. Aber was weiß ich schon …?

 

Das war es auch schon wieder! Ich widme mich dann jetzt wieder meinem 90er-Jahre-Rock-Radiostream. Herrlich, was dieses Jahrzehnt musikalisch zu bieten hatte, wenn man sich Matthias Reim, Snap, Technotronic, Dr. Alban, Color Me Badd, U96, Right Said Fred, Double You, Ten Sharp, Haddaway, Ace of Base, Culture Beat, 2 Unlimited, DJ Bobo, Captain Hollywood Project, Charles & Eddie, Mariah Carey, Marusha, Perplexer, All-4-One, Marky Mark, Mark Oh´, Jam & Spoon, Lucilectric, Mo-Do, WestBam, Take That, Whigfield, La Bouche, Rednex, Andru Donalds, Scatman John, Edwyn Collins, Das Modul, Caught In The Act, Ini Kamoze, Sin With Sebastian (Aaaaalter!), 20 Fingers, Die Doofen, E-Rotic, Los Del Rio, Mr. President, No Mercy, The Kelly Family, Everything But The Girl, Backstreet Boys, Tic Tac Toe, Peter Andre, Captain Jack, Blümchen, Wolfgang Petry,  Puff Daddy, R. Kelly, Rammstein, Members Of Mayday, Will Smith, Bellini, Lutricia McNeal, Ricky Martin, DJ Quicksilver, Lighthouse Family, Loona, Run DMC, Scooter, Oli P., Lou Bega, Eiffel 65 und Tarkan wegdenkt! Jetzt mal im Ernst: Wie sind wir bloß bei voller geistiger Gesundheit aus diesem Jahrzehnt gekommen!?

Egal, der Stream ist bei „Killing In The Name“ angekommen …

Some of those that work forces are the same that burn crosses …
Huh!

Das bedeutet, ich muss weg! Gehabt euch wohl!

:-)

 

 

Werbung

„Der rote Judas“ von Thomas Ziebula

Buch: „Der rote Judas“

Autor: Thomas Ziebula

Verlag: Wunderlich (Rowohlt)

Ausgabe: Hardcover, 480 Seiten

Der Autor: Thomas Ziebula ist freier Autor und schreibt vor allem Fantasy- und historische Romane. 2001 erhielt er den Deutschen Phantastik-Preis. Seine erste Krimi-Reihe um Inspektor Paul Stainer vereint auf beeindruckende Weise Thomas Ziebulas Leidenschaft für deutsche Zeitgeschichte, spannende Kriminalfälle und seine Liebe zu der Stadt Leipzig, die bis heute seine deutsche Lieblingsstadt ist. Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Karlsruhe. (Quelle: Rowohlt)

Das Buch: Leipzig, Januar 1920. Der Polizist Paul Stainer kehrt aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Deutschland taumelt durch die Nachkriegswirren, nichts ist mehr so, wie es einmal war, und in viel zu vielen Nächten wird Stainer vom Grauen der Schützengräben eingeholt. Doch ein aufsehenerregender Fall zwingt den Kriminalinspektor, sich mit der Gegenwart zu befassen: In der Villa eines Fabrikanten werden mehrere Menschen erschossen. Alles sieht nach einem missglückten Einbruch aus, doch eine verängstigte Zeugin und ein Koffer voller Dokumente führen Stainer bald auf die Spur der „Operation Judas“, Männer, die über Leichen gehen, um ihre Verbrechen zu vertuschen. Was der Inspektor nicht ahnt: Die Mörder haben ihn längst ins Visier genommen und planen seinen Tod. (Quelle: Rowohlt)

Fazit: Wenn ich mir meine Lektüren der letzten und der nächsten Zeit so ansehe, dann scheint man daraus ableiten zu können, dass ich mich derzeit verstärkt für Bücher interessiere, die in den 20ern des letzten Jahrhunderts spielen.

Folgerichtig musste auch „Der rote Judas“ bei mir einziehen und hat einen ziemlich nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Nun bieten sich angesichts des Settings Vergleiche zu Volker Kutschers Büchern rund um seinen Protagonisten Gereon Rath sowie der daraus entstandenen Serie „Babylon Berlin“ an, die seit einigen Jahren gefühlt rauf und runter läuft, aber tatsächlich gerade erst in ihre dritte Staffel geht.

Tatsächlich hat das eine aber nichts mit dem anderen zu tun, was bereits beim Setting deutlich wird, denn Ziebula hat seine Handlung bereits in den frühen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts angelegt, tatsächlich genau im Jahr 1920, um mal präzise zu sein. Der Protagonist Paul Steiner kehrt, wie viele seiner ehemaligen Kameraden, erst jetzt aus französischer Gefangenschaft in die Heimat zurück. Er ist innerhalb weniger Jahre, obwohl erst gut um die 30, vollständig ergraut und leidet auch in anderer Hinsicht unter den Folgen des Krieges. Ihn plagen Gedächtnislücken und Albträume, die er versucht, mit Alkohol zu betäuben, was natürlich kontraproduktiv ist, und immer wieder gerät er in das, was man heute vielleicht „Flashbacks“ nennen würde, in denen er immer wieder erlebt, wie er bei der Ausführung eines Auftrags, bei dem der Großteil seiner Kameraden ums Leben kommt, eben auch beinahe zu Tode kam.

Und neben den politischen Ereignissen – von denen einige, wie das Ersuchen Frankreichs zur Auslieferung von Kriegsverbrechern, unter anderem Ludendorff und von Hindenburg, bei mir schon im Orkus des Vergessens verschwunden waren – dieser Zeit widmet sich der Autor insbesondere den Auswirkungen des Krieges auf die Menschen. Auf die Daheimgebliebenen, in erster Linie aber die Kriegheimkehrer. Phänomene wie die erstmals nach dem Krieg aufgetauchten „Kriegszitterer“ finden ebenso Erwähnung wie der oft frostige Empfang, den man den Kriegsheimkehrern in der Heimat bereitete. Wurde von staatlicher Seite der eine oder andere Zug aus Frankreich noch mit Glanz, Gloria und Blaskapelle begleitet, fanden die Soldaten bei der einfachen Bevölkerung wesentlich weniger Begeisterung oder auch nur Anteilnahme. Dabei gelingt es dem Autor, diese Hintergründe atmosphärisch so dicht zu beschreiben, dass die eigentliche Krimihandlung fast ein bisschen in den Hintergrund rückt.

Aber nur fast. Und nur ein bisschen. Denn auch der eigentliche Kriminalfall kann sich durchaus lesen lassen. Zwar liegt recht schnell auf der Hand, aus welcher Ecke die Menschen kommen, die da über Leichen gehen, wie es im Klappentext heißt, um Verbrechen zu vertuschen und ebenso ist klar, welcher Art die Verbrechen sind – zumindest ging es mir so -, das alles tut dem Vergnügen aber keinen Abbruch, denn die Krimihandlung – auch wenn sie anfangs etwas Zeit benötigt, weil so einige Personen eingeführt werden, die man inhaltlich erst mal voreinander kriegen und miteinander in Beziehung setzen muss – bietet allein dadurch, dass sich Stainer mit einem wirklich großen Gegner anlegt, eine durchgehende Spannung und ein im Laufe der Geschichte auch zunehmendes Tempo.

Dass man dem Protagonisten so gerne durch diesen Krimi folgt, liegt aber nicht nur in Ziebulas zweifellos vorhandenem Erzähltalent oder der überzeugenden Geschichte begründet, sondern in erster Linie eben am Protagonisten selbst. Stainer erinnert im Ansatz an den Kriegsheimkehrer Beckmann aus Borcherts „Draußen vor der Tür“. Auch Stainer versucht, wieder in sein altes Leben zu finden, oder überhaupt in irgendeines, und nicht in allen Bereichen will ihm das gelingen, so hatte beispielsweise seine Frau, nach einer Reihe unbeantworteter Briefe, die Hoffnung auf seine Rückkehr aufgegeben und ist mittlerweile anderweitig liiert. Halt findet Stainer in erster Linie in seiner Arbeit bei der Polizei, in die er, sehr zu seinem Erstaunen und rein aus Gründen des Personalmangels, nicht nur zurückkehren darf, nein, er wird auch noch umgehend befördert.

Aber so sehr Stainer auch Halt in seiner Tätigkeit findet, so sehr wird er doch auch immer von den Ereignissen eingeholt, die er im Krieg miterleben musste. Und es macht Spaß, die Entwicklung dieser Figur zu verfolgen, die sich lange Zeit nicht eingestehen will, wirklich ein Problem zu haben. Er mag nicht immer liebenswert und nicht immer freundlich sein, aber er wirkt immer authentisch. Und, verdammt, im Gegensatz zu all den frustrierten Ermittlern aus skandinavischen Krimis, hat Stainer wenigstens einen Grund, mies gelaunt zu sein!

Wer geschichts- und/oder krimibegeistert ist, macht jedenfalls mit „Der rote Judas“ absolut nichts verkehrt und ich persönlich freue mich schon auf den nächsten Teil mit Paul Stainer.

Ich danke dem Wunderlich Verlag bzw. Rowohlt für die freundliche Übersendung des Rezensionsexemplars. Die Tatsache, dass es sich um eine Rezensionsexemplar handelte, beeinflusst meine Meinung selbstredend nicht.

Wertung:

Handlung: 8,5 von 10 Punkten

Stil: 8,5 von 10 Punkten

Charaktere: 9 von 10 Punkten

Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 9 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Eigentlich wäre erst „Der Fund“ von Bernhard Aichner dran, aber ob ich dem Drang widerstehen kann, nicht stattdessen meine erwartbare Begeisterung für den neuen Pascal-Mercier-Roman „Das Gewicht der Worte“ herauszuposaunen, wird man sehen …

 

abc-Etüden KW 4/5 I

abc.etüden 2020 04+05 | 365tageasatzaday

 

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

ein wenig meiner derzeit spärlichen Zeit – sprachlich guter Einstieg, ich leg mich vielleicht besser wieder hin … – möchte ich natürlich darin investieren, Christianes erneutem Etüden-Aufruf zu folgen. Die aktuelle Wortspende stammt aus dem Blog mit dem wunderschönen Namen OnlyBatsCanHang. Schreiten wir zu Tat:

 

„Na, wie war die Woche?“

„Anstrengend. Ausßerdem bin ich dauernd von mir selbst geschockt.“

„Du meinst schockiert?“

„Verdammt, ja.“

„Warum?“

„Weil ich momentan dauernd Leuten Recht geben muss, bei denen ich das eher ungern tue.“

„Beispiel?“

„Jens Spahn.“

„Oha, das muss nicht einfach gewesen sein. Was hat er gesagt?“

„Dass man die Ausbreitung des Coronavirus´ ernstnehmen müsse, dass man dieses aber, beispielsweise im Vergleich mit der Grippe, entsprechend einzuordnen habe.“

„Hm, ja, dem ist ja erst mal nicht zu widersprechen.“

„Ja, sag ich doch. Fürchterlich, wenn diese Leute recht haben.“

„Wer denn noch?“

„Markus Söder.“

„Was hat der nun wieder gesagt?“

„Dass die AfD den wachsenden Antisemitismus in Deutschland befördere.“

„Das hat der Söder gesagt?“

„Ja.“

„Der „Bavaria One“-Söder?“

„Ja …“

„Der „Asyltourismus“-Söder, der mit seinen Sprüchen erst der AfD selbst Konkurrenz machte, dann auf grün umschwenkte, obwohl sein Bundesland bei der Produktion erneuerbarer Energien ein nahezu peinliches Bild abgibt?“ ?“

„Ähm, ja …“

„Hm, ich tue mich mit Söder als moralischer Instanz schwer …“

„Ja, aber trotzdem …“

„… hat er nicht Unrecht, ich weiß.“

„Eben.“

„Und, was war in der Woche noch?“

„Die plätscherte so belanglos vor sich hin. Allenfalls die Libyen-Konferenz war noch erwähnenswert.“

„Weil?“

„Weil die Kanzlerin danach etwas sagte, das man übersetzen kann mit „Wir haben beschlossen, dass wir mal etwas beschließen wollen. Was und wann das sein soll, das wissen wir selbst noch nicht genau, aber wir müssen da was beschließen.“ Und eine Woche später …“

„Ja… ?“

„Stellt sich heraus, dass sogar einige der Staaten, die da eben noch „eine politische Lösung herbeiführen“ wollten, sich nicht an das Waffenembargo an Libyen halten, das sie noch vor wenigen Tagen selbst bekräftigt haben und dass somit das gesamte Beschlusspapier nichts anderes als ein Papiertiger ist. Und das nur …“

„Ja …?“

„Um die Zahl der Flüchtlinge übers Mittelmeer einzudämmen, aber das sagt natürlich niemand laut.“

 

300 Worte.

Ich bin übrigens gleich für längere Zeit offline, seht es mir also nach, sollte ich auf etaige Kommentare erst später eingehen können. Ansonten wünsche ich einen guten Wochenstart. Gehabt euch wohl!

Freitagsfragen #94 in kurz

Freitagsfragen

 

Hallo, liebe Leserinnen und Leser,

ich erlaube mir, mich den heutigen Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog mal in aller Kürze zuzuwenden. Aus Gründen. Legen wir los. Die heutigen Fragen und Antworten lauten:

1.) Magst Du Regen?

Man soll eine Frage ja nicht mit einer Gegenfrage beantworten, aber: Mag überhaupt irgendjemand Regen? Ich meine, so richtig? Meine persönliche Begeisterung für Regen hält sich arg in Grenzen. Regen ist wie Steuern zahlen: muss von Zeit zu Zeit sein, man ahnt, dass es einen gewissen Sinn hat, aber es nervt dennoch!

Andererseits, sollte die Wahl aus Regen oder Schnee, Regen oder Minusgrade, Regen oder Blizzard, Regen oder Blitzeis, Regen oder Hagel, Regen oder Herbststürme, Regen oder Bayern München bestehen, dann ziehe ich in jedem der genannten Fälle den Regen vor.

Es kommt wohl wie so häufig darauf an.

2.) Was war das Skurrilste, das Dir in einem Vorstellungsgespräch passiert ist?

Mir persönlich sind bislang arg wenige Dinge in Vorstellungsgesprächen passiert, die ich wirklich als skurril bezeichnen würde. Gut, zu Zeiten der Ausbildungssuche hatte ich ein Bewerbungsgespräch, nach dem ich heutzutage dem potenziellen Arbeitgeber auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes – aber das gab es halt damals noch nicht – den Arsch ab- und ihn bis in die Steinzeit verklagen würde, weil sich der Herr nicht entblödete, mir die Tatsache, dass ich nicht in die engere Auswahl kommen werde, kackfreck damit zu begründen, dass ich augenscheinlich zu dieser und jener Arbeit körperlich nicht in der Lage sei. Was faktisch nicht stimmte! Arschloch! Mittlerweile gibt es ihn nicht mehr. So!

Ich kann also nur mit wenigen persönlichen Erlebnissen aufwarten, kenne aber eine Person, die nach Ende ihres Vorstellungsgesprächs durch Verwendung der falschen Ausgangstür einen Alarm im gesamten Betrieb ausgelöst hat. Das fand ich durchaus skurril. Der Arbeitsplatz wurde seinerzeit übrigens anderweitig vergeben … ;-)

3.) Was war Deine erste Begegnung mit dem Tod?

Ach, das ist so gar nicht mein Thema. Ich bevorzuge, dem Tod nur in Person der in Großbuchstaben sprechenden Version von Pratchett zu begegnen und allen anderen Versionen auszuweichen und fände es ganz nett, wenn man es umgekehrt bitte auch so halten würde. Noch so drei- bis vierhundert Jahres, wenn es geht. Danke.

4.) Die Wahl der Qual: Jeden Tag einer neuen anstrengenden Person begegnen oder täglich die selbe anstrengende Person um Dich haben?

Ich würde ja die wechselnden Personen nehmen, sehe da aber die Gefahr, dass sich die allgemeine Weltsicht durchsetzt, dass alle Menschen so sind. Und ja, Menschen sind schwierig, aber doch nicht alle, insofern wäre es doch schade, wenn täglich neue Exemplare des Homo molestum mir meinen Glauben an die Menschheit noch nachhaltiger versauen als ohnehin schon.

Also nehme ich die Einzelperson, auf die man sich im Laufe der Zeit dann auch ganz individuell einstellen kann.

 

Das war es auch schon wieder, ich wünsche allseits einen schönen Freitagabend und ein möglichst schönes Wochenende, das ich zumindest zu großen Teilen in Anwesenheit des neuen Romans von Pascal Mercier verbringen werden.

Gehabt euch wohl!

„Könige der Finsternis“ von Nicholas Eames

Buch: „Könige der Finsternis“

Autor: Nicholas Eames

Verlag: Heyne

Ausgabe: Paperback, 636 Seiten

Der Autor: Nicholas Eames wurde in Wingham, Ontario geboren. Er besuchte das College für Theaterkünste, gab seine Schauspielkarriere aber auf, um Fantasy-Romane zu schreiben. »Könige der Finsternis« ist sein Debütroman. Er lebt in Ontario, Kanada. (Quelle: Random House)

Das Buch: Einst war Clay Cooper Mitglied der gefürchtetsten Söldnertruppe im ganzen Land. Kein Ungeheuer, das nicht von ihnen besiegt wurde. Keine Jungfrau in Nöten, die nicht von ihnen gerettet wurde. Inzwischen liegen die Heldentage lange hinter Clay – er hat eine Familie, arbeitet bei der Stadtwache. Dann steht eines Tages sein Freund Gabriel vor der Tür und bittet Clay um Hilfe bei einer Mission, der sich nur die tapfersten Krieger anschließen würden – oder die dümmsten: Gabriel will die alten Gefährten zusammentrommeln und in ein neues Abenteuer ziehen. Doch ein Held zu sein, ist heutzutage gar nicht mehr so einfach wie früher … (Quelle: Random House)

Fazit: Wenn „Buzzfeed Books“ über „Könige der Finsternis“ urteilt: „George R. R. Martin meets Terry Pratchett!“, dann vermittelt das eher den Anschein, als würde man simples Namedropping betreiben, einfach, weil es gut klingt. So ähnlich wie zu den Zeiten Anfang der 2000er, als auf nahezu jedem neu erschienenen Fantasy-Buch ein Vergleich mit J. R. R. Tolkien abgedruckt war, deren dämlichster bis heute gewesen sein dürfte: „Passt perfekt neben J. R. R. Tolkien ins Buchrregal“, über ein Buch, dessen Titel ich leider verdrängt habe, das aber wohl genauso gut neben das Telefonbuch von Olpe im Sauerland ins Regal gepasst hätte.

Denn oben genanntes Urteil ist per se nicht vollständig falsch, allerdings doch ein wenig dick aufgetragen. George R. R. Martin hat in vielen Jahren ein Fantasy-Universum und Figurenensemble erschaffen, das derart komplex geworden ist, dass es ihn mittlerweile offensichtlich selbst beim Schreiben blockiert und Terry Pratchett hat uns legendäre Zitate über die Existenz des Schnabeltiers, den sich selbst in Ohnmacht salutierenden Troll Detritus und nicht zuletzt den ausschließlich in Großbuchstaben sprechenden TOD hinterlassen,  mit dem man beizeiten übrigens mal reden müsste, weil ich Pratchett gerne zurück hätte …

Man tut einem jungen Autoren also meines Erachtens keinen großen Gefallen, wenn man gleich bei seinem Romandebüt derartig überzogene Vergleiche anführt. Zumal „Könige der Finsternis“ das auch gar nicht nötig hat, die Lektüre war nämlich in der Tat recht unterhaltsam, auch wenn es durchaus Anlass zur Kritik gibt.

Positiv zu bemerken ist erst einmal, dass es sich bei Eames´ Erstling um ein Buch handelt, das sich gut als Einzelband lesen lässt, selbst wenn im April mit „Die schwarze Schar“ eine Art Fortsetzung erscheint. Diesen ersten Band teilt der Autor in gut 50 Kapitel, eingerahmt von Prolog und Epilog.

Dabei wird schon zu recht zu Beginn deutlich, dass Eames ein humorvolles Buch schreiben wollte. Phasenweise gelingt ihm das. Und wenn, dann sogar richtig gut. Über weite Strecken empfinde ich den Humor allerdings als etwas infantil bis pubertär. Nun ist an infantilem bis pubertärem Humor erst mal nicht das Geringste auszusetzen, wenn die Gags allerdings zu gefühlten 85 % irgendeine Art sexueller Anspielung sein sollen und die meisten davon auch nicht sonderlich subtil sind, dann nutzt sich das relativ schnell ab und endet, zumindest bei  mir, irgendwann in genervtem Augenrollen und dem Wunsch, der Autor würde sich diesbezüglich endlich etwas zusammenreißen.

Glücklicherweise schafft er das im Laufe des Buches auch immer besser, sodass man sich als Leser vollkommen auf die Handlung, die Charaktere und, ja, so drei bis vier richtig gute Gags einlassen kann.

Eames hat seinen Debütroman mit einer derartigen Fülle an Fantasy-Geschöpfen bevölkert, die teilweise nur in wenigen Zeilen erwähnt werden, und die seltsamerweise mehrheitlich auf Seite der Bösen stehen, dass sich in diesem Bereich sogar der eingangs erwähnte Tolkien etwas hätte abschauen können. Dadurch entsteht für mich der Effekt, das Eames´ Welt eine Lebendigkeit hat, die sich wohltuend von simplen „Gut-Gegen-Böse-Geschichten“ und Heldenreisen abhebt, obwohl auch „Könige der Finsternis“ im Kern sowohl das eine als auch das andere ist.

Und würde man seinen Roman allein wegen der Geschichte lesen, obwohl diese durchaus den einen oder anderen kreativen Farbtupfer hat, so wäre man möglicherweise etwas enttäuscht. So wird beispielsweise deutlich, dass der Autor noch so seine Probleme mit einem angemessenen Erzähltempo hat. Denn das oben erwähnte Zusammentrommeln der alten Gefährten, die Wiedervereinigung der legendären Söldnertruppe „Saga“ also, dauert tatsächlich schon bis etwa zur Hälfte des Buches. Da ist man als Leser schon zufrieden, dass die Gruppe nur aus fünf und nicht etwa aus 15 Leuten besteht …

Durch die in die Reunion investierte Zeit, fehlt Eames natürlich in der Folge, auch wenn „Könige der Finsternis“ an keiner Stelle überhastet wirkt, die Möglichkeit, die Ereignisse in dem ausführlichen Rahmen zu erzählen, den sie manchmal verdient hätten. Denn ehe man sichs versieht, ist das Buch auch schon wieder vorbei.

In erster Linie kann der Roman daher hinsichtlich seiner Charaktere überzeugen. Eames hat da schon eine illustre Truppe alternder Spinner ersonnen, die man mehrheitlich einfach gerne haben muss. Sei es der Zauberer Arcadius Moog, der beiläufig erwähnt, nach einem Spinnenbiss eine Woche lang unsichtbar gewesen zu sein, was das Einkaufen deutlich erschwert habe, der rechtschaffene Clay Cooper oder aber die Kopfgeldjägerin Rittersporn, von der ich mir übrigens eine ganz eigene Romanreihe aus Eames Feder wünschen würde, wohlwissend, dass diese Wunsch wohl nie erfüllt wird, sie alle wissen zu gefallen, bringen ihre ganz individuellen Eigenheiten und Eigenschaften mit und lassen den Leser Anteil an ihrem Schicksal haben. Lediglich hinsichtlich des Ettins – kurz gesagt: groß, stark, zwei Köpfe – namens Gregor bzw. Dane, hatte ich so meine Probleme.

Ingesamt ist „Könige der Finsternis“ eine ziemlich wilde Mischung aus Fantasy, „The Expendables“ und den Rolling Stones. Wer an so etwas Spaß hat, kann bedenkenlos zugreifen.

Wertung:

Handlung: 7,5 von 10 Punkten

Stil: 8 von 10 Punkten

Charaktere 8,5 von 10 Punkten

Atmosphäre: 8 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Der rote Judas“ von Thomas Ziebulla.

„Goldkind“ von Claire Adam

Buch: „Goldkind“

Autorin: Claire Adam

Verlag: Hoffmann und Campe

Ausgabe: Hardcover, 270 Seiten

Die Autorin: Claire Adam wurde in Trinidad geboren, wo sie auch aufwuchs. Sie studierte Physik an der Brown University in Rhode Island und erwarb später einen Master in Creative Writing am Goldsmith College der University of London, der Stadt, in der sie auch heute lebt. (Quelle: Hoffmann und Campe)

Das Buch: Es ist dunkel. Insekten umschwirren das Licht im Hof, und der Wachhund sitzt am Tor. Ein Junge ist nicht nach Hause gekommen und seine Familie waret ängstlich auf seine Rückkehr. Ein Vater tritt in die Dunkelheit, um nach seinem Sohn zu suchen. Während die Stunden und Tage verstreichen, wird dieser Vater von zwei so gegensätzlichen Zwillingssöhnen lernen, wie gefährlich Träume und Hoffnungen sein können. Er wird unangenehme Wahrheiten über seine Heimat Trinidad, seine Familie und sich selbst ins Gesicht sehen müssen. Und er wird gezwungen sein, zu handeln. (Quelle: Klappentext)

Fazit: Mag ich mich auch derzeit, was Besuche bei anderen Bewohnern der Blogosphäre angeht, etwas rarer machen, was im Übrigen noch die eine oder andere Woche anhalten wird, allerdings keinerlei dramatische Ursachen hat, so gibt es dennoch nicht den Hauch eines Grundes, meine werte Leserschaft nicht trotzdem gelegentlich mit neuem Lesestoff über neuen Lesestoff zu versorgen, im Idealfall mit gutem, wie beispielsweise Claire Adams Debüt „Goldkind“. Schreiten wir also zur Tat.

Trinidad in den 80er Jahren. Familienvater Clyde hat es manchmal nicht einfach. Selbst aus widrigem Verhältnissen stammend, hat er sich hochgearbeitet und schuftet tagein, tagaus, um seine Familie durchzubringen. Dennoch liegt ihm seine Frau Joy permanent mit dem Anliegen in den Ohren, vom Land weg nach Port of Spain zu ziehen. Clyde dagegen vertritt die Devise „Klein, aber mein!“, möchte deshalb das noch von seinem Vater gebaute Haus nicht verlassen und weiß überdies, dass die Ersparnisse und Einkünfte der Familie in der großen Stadt nicht lange reichen würden.

Und dann sind da ja auch noch seine beiden Söhne, Peter und Paul. Während Peter der schulischen Kategorie „Überflieger“ einzuordnen ist, Bestnoten abräumt und auf ein Stipendium in den USA hinarbeitet, hat es sein Bruder Paul deutlich schwerer. Paul hat es nicht so mit Schreiben und Lesen, insgesamt fällt ihm die Schule eher schwer und ohne die Unterstützung durch seinen Bruder an seiner Seite scheint er relativ aufgeschmissen. Unter anderem deswegen hat Clyde auch regelmäßig Ärger mit seinem Sorgenkind. Aber dann ist Paul irgendwann plötzlich wie vom Erdbeben verschwunden. Und Clyde ist zum Handeln gezwungen …

Claire Adams teilt ihren Roman in drei Teile mit insgesamt 22 Kapiteln. Während Teil eins den Einstieg in die Handlung darstellt, Pauls Verschwinden beschreibt sowie Clydes Suche nach seinem Sohn, ist der Mittelteil ein großer Rückblick, in dem die Autorin chronologisch die Kindheit und Jugend der beiden ungleichen Zwillinge erfreulich detailliert betrachtet. Teil drei setzt dann wieder im Hier und Jetzt ein.

Dabei wurde, zumindest für mich, relativ schnell deutlich, dass die Stärken des Romans in erster Linie einerseits in der Schilderung der Verhältnisse in Trinidad zum Zeitpunkt der Handlung und andererseits in den Figuren liegen.

Die Autorin schildert ein Trinidad, das von Kriminalität, Misswirtschaft und Korruption zerrüttet ist, ein Land, in dem schon verhältnismäßig junge Kinder in den Nachrichten mit teils erschreckenden Bildern konfrontiert werden, wenn beispielsweise wieder mal ein Entführungsopfer nach Wochen endlich tot aufgefunden wird. Die Autorin lässt diese Passagen oft eher nebenbei einfließen, was mir persönlich gut gefallen hat, auch wenn insbesondere der Aspekt der im Land herrschenden Kriminalität später einen deutlichen Einfluss auf die Handlung hat.

Hinsichtlich der Figuren könnte man eine ganz Reihe unterschiedlicher Personen herausgreifen, um zu verdeutlichen, dass diese insgesamt doch ziemlich gut gelungen sind. Da es sich im weitesten Sinne aber um eine Geschichte um Vater-Sohn-Konflikte handelt, erscheint es mir sinnvoll, mich genau auf besagten Vater und seine beiden Söhne zu beschränken.

Nicht nur Clyde hat es nicht leicht, für seinen Sohn Paul gilt das häufig ebenfalls. Dem Jungen wird seit frühester Kindheit eingeredet, dass er aufgrund von Komplikationen bei der Geburt „zurückgeblieben“ sei und er gibt diese Information im Gespräch mit anderen auch genauso wieder, ohne das irgendwie infrage zu stellen. Angesichts der geschilderten Schwierigkeiten, die Paul in der Schule hat, würde ich in meiner grenzenlosen Unkenntnis darauf schließen, dass es sich seinen Problemen einfach nur um eine Lese-Rechtschreib-Störung handelt, die dem Jungen das Leben in der Schule schwer macht. Erst sehr spät gelingt es einem Lehrer, einen näheren Zugang zu Paul zu finden und kurz darauf macht der Junge, dem man immer sinngemäß gesagt hat, dass er zu nichts nutze ist und dem ständig mit der Einweisung in eine entsprechende „Einrichtung“ gedroht wurde, deutliche Fortschritte.

Paul Schwierigkeiten, in der Welt der anderen Menschen klarzukommen, schildert die Autorin ebenso passend wie die Hilfe und Stütze, die Paul durch seinen Bruder Peter bekommt und die dieser ihm ist.

Über den beiden steht mit Clyde eine völlig überforderte Vaterfigur. Ein Vater, der seine Zuneigung offensichtlich davon abhängig macht, dass seine Söhne sich diese verdienen müssen, und während Peter das mit seinen schulischen Leistungen spielend gelingt, bleibt Paul das Sorgenkind, der ungeliebte andere Sohn. Nicht nur, dass Clyde Paul nicht versteht, nein, er gibt sich nicht einmal Mühe, das zu tun. Ich denke, in Clydes beschränkter Gedankenwelt bleibt keine Vorstellung dafür, dass zur Erziehung seiner Kinder noch mehr gehört oder auch nur gehören könnte, als den ganzen Tag arbeiten zu gehen und das Geld nach Hause zu bringen, zumindest, wenn man heutige Maßstäbe ansetzt.

Nun mag man Clyde zugute halten, dass er es, ich erwähnte das schon, im Leben auch nicht immer einfach hatte, aus schwierigen Familienverhältnissen stammt, früh von zu Hause ausgerissen ist und sich Ewigkeiten mit unzähligen Jobs über Wasser gehalten hat. Einer solchen Person, die selbst vergleichsweise wenig Liebe durch die eigenen Eltern erfahren hat, fällt es möglicherweise schwer, diese gegenüber seinen eigenen Kindern vorbehaltslos zu empfinden.

Ich persönlich lasse das aber nicht durchgehen, denn Clyde handelt mit Vorsatz, sagt er doch schon vor der Geburt seiner Söhne hinsichtlich seiner bevorstehenden Vaterschaft:

„Er weiß nicht genau, was er tun wird, was von ihm erwartet wird, aber er weiß ganz sicher, dass er all das nicht tun wird.“ (S. 62)

Und nicht nur, dass er eigentlich überhaupt keine Lust hat, irgendetwas zu tun, was mit seiner Verantwortung als Vater zu tun hat, nein, zwischendurch lässt er immer wieder durchklingen, dass er sich sogar für einen guten Vater hält, denn schließlich ernährt er ja immerhin seine Familie und geht arbeiten.

Die Interaktionen der Figuren unter- und ihre Beziehungen zueinander haben mir doch ziemlich gut gefallen, da fällt auch nicht weiter ins Gewicht, dass „Goldkind“ in sprachlicher Hinsicht kein Wunderwerk darstellt.

Zumindest schafft es Claire Adam aber, mit ihrer Art zu erzählen dafür zu sorgen, zumindest bei mir, dass man am Ende der 270 Seiten eigentlich gerne weiterlesen möchte. Aber manche Geschichten sind halt irgendwann tatsächlich auserzählt.

Ich danke dem Hoffmann und Campe Verlag für die freundliche Übersendung des Rezensionsexemplars. Die Tatsache, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelte, beeinflusst meine Meinung selbstredend nicht.

Wertung:

Handlung: 8 von 10 Punkten

Charaktere: 9 von 10 Punkten

Stil: 7,5 von 10 Punkten

Atmosphäre: 8,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,25 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Entweder „Der rote Judas“ von Thomas Ziebulla oooooder „Könige der Finsternis“ von Nicholas Eames oooooder „Der Fund“ von Bernhard Eichner oder, oder, oder …

Freitagsfragen #93

Freitagsfragen

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

seht, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn die Freitagsfragen im Brüllmausblog gehen in ihre nächste Runde und in die erste im Jahr 2020. Ich gebe zu, sie schmerzlich vermisst zu haben, die Freitagsfragen. Auch wenn sie mich heute teilweise vor Schwierigkeiten stellen. Legen wir los:

 

1.) Hast Du Dir für dieses Jahr Vorsätze gemacht? Wie lauten sie?

Nein, das habe ich nicht. Ich fänd es dagegen schön, wenn sich das Jahr mal Vorsätze gemacht hätte, in erster Linie vielleicht den, mich ausnahmsweise mal weitgehend unbehelligt zu lassen, mich nahezu zu vergessen. Ja, das wäre toll. Ich glaube nicht daran, aber es wäre toll.

Vorsätze, so sage ich immer, sind etwas für Leute, die im Laufe des Jahres versäumt haben, etwas umzusetzen, was sie für änderungswürdig halten, von dem sie aber wissen, dass sie es sowieso nicht gebacken kriegen, weswegen sie sich das Jahresende für ihr Vorhaben aussuchen, um zu den etwa 50 % zu gehören, die dann mit der Umsetzung ihrer Vorsätze innerhalb der ersten zwei Monate des Jahres scheitern.

2.) Du hast die Wahl zwischen einem schnellen, ungesunden und einem gesunden aber tristen Essen. Welches wählst Du?

Nun, machen wir uns mal den Spaß und googeln „gesunde Lebensmittel“, um anschließend die Liste der im „Focus“ – einem Medium, das abseits unserer aktuellen Recherche gerne im Orkus des Vergessens verschwinden möge – aufgeführten Lebensmittel aufzurufen, dann sehen wir, dass dort bereits unter dem Buchstaben A kulinarische Köstlichkeiten wie Algen, Amaranth, Artischocken und Austern aufgeführt werden. Und nachdem ich mich über H wie Hafer oder Hüttenkäse nach K wie Kefir oder Kürbis vorgearbeitet habe, wende ich mich schaudernd ab und entscheide mich für anständiges, reelles, kalorienhaltiges und ungesundes Essen.

Jetzt mal ehrlich: Hüttenkäse!

3.) Woran denkst Du zuerst, wenn Du das Wort „auffällig“ hörst?

Um ehrlich zu sein, denke ich da spontan nichts. Außer vielleicht, dass man das „auffällig“ in „verhaltensauffällig“ mittlerweile in „originell“ geändert hat.

4.) Die Wahl der Qual: Du musst sterben, doch wirst wiedergeboren. Leider warst Du nicht so wohlverhalten wie Du hättest sein können und wirst vor eine schwierige Wahl gestellt: Wann sollst Du wiedergeboren werden: In der schwierigen Zeit während der Inquisition oder der ungewissen und eher dystopischen Zukunft?

Wir befinden uns in der Hölle, dem Stammsitz der Fate LLP unter Leitung des Geschäftsführers S. Atan, der zusammen mit seinem Stellvertreter, Prokuristen und Faktotum Lübke etwas zu feiern hat.

„Wir haben ihn, Lübke, wir haben ihn! Endlich gehört der Reissswolfblog-Spinner uns! Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet?“

„Ja, Chef, ich kann es auch noch nicht ganz fassen.“

„Wie lange ist er jetzt eigentlich schon hier? Und wurde er schon einem Arbeitsbereich eingeteilt? Ich wäre für die Schwefelminen …“

„Seit gestern, Chef. Ich habe ihn bis jetzt in einer Zelle eingesperrt, bis entschieden wird, was mit ihm werden soll. Es sollen also die Schwefelminen …“

*Es klopft an der Tür*

„Herein!“

*Ein sichtlich nervöser Lakai betritt stammelnd den Raum*

„Die, ähm, die P-P-P-Post für Euch, mein Herr und Meister und diabolischste fürstliche Durchlaucht!“

„Danke, er kann sich entfernen.“

*Der Lakai tritt dankend ab, S. Atan öffnet den Brief und beginnt zu lesen*

„Was? WAS? Wollen die mich verarschen?! Ich … oh, dieser … irgendwann werde ich ihn …“

„Chef, was ist denn los? Ich hätte nie gedacht, das mal zu sagen, aber: Sie sind ein bisschen blass geworden.“

„Hier steht, Lübke, hier steht …, dass die uns übergeordnete Instanz …“

„Wer?“

„Na, ER!“

„Ach, ER!“

„Genau. Also, dass ER beschlossen hat, dass der Reisswolfblog-Spinner wiedergeboren werden soll. Raus wir ihn herrücken sollen.“

„Was?“

„Ich meinte, wir sollen ihn herausrücken.“

„Und dann?“

„Na, hier steht, er hat zwei Wahlmöglichkeiten …  Ganz ehrlich, das verzeihe ich den Himmelsspinnern nie, Lübke, meine Rache wird fürchterlich sein, ich …“

„Was machen wir denn jetzt?“

„Na, zuerst holen Sie mir mal den Reisswolfblog-Spinner!“

*Lübke geht ab und betritt kurz danach mit besagtem Spinner wieder den Raum*

„Ähm, wo bin ich …?“

„In der Hölle! Und Schnauze, Sie haben jetzt Sendepause. Hier rede ich.“

„Und Sie sind?“

„Ich habe gesagt, hier rede ich! Ich bin S. Atan, diabolischste, fürstliche Hoheit und Leiter des ganzen Kappes hier.“

„Sie sind der Teufel?“

„Nun, wenn Sie so wollen.“

„Den Teufel hatte ich mir irgendwie … anders …“

„Schnauze jetzt! Also: Punkt eins: Sie sind tot! Punkt zwei: Das kann man ändern! Denn Punkt drei: In meiner grenzenlosen Güte und Milde habe ich entschieden, dass …“

„Aber Chef, das waren nicht …“

„Schnauze, Lübke! Also, ich habe entschieden, dass sie wiedergeboren werden. Sie haben zwei Möglichkeiten: Entweder in Zeiten der Inquistion oder aber in einer ungewissen und dystopischen Zukunft. Entscheiden Sie! Jetzt!“

„Nun ja, also, das will ja gut überlegt sein. Inquisition sagen Sie? Nun, einerseits bin ich ein Mann und nur etwa ein Viertel aller Opfer der Inquisition waren männlich, insofern … Und darüber hinaus bin ich Protestant und in der Liste der Häresien – wussten Sie eigentlich, dass es bei Wikipedia eine Liste der Häresien gibt? Ich finde das witzig – also, jedenfalls in der Liste der Häresien stehen Protestanten nicht drin. Obwohl, ich habe kürzlich einen Blogbeitrag eines offensichtlich fundamentalen Katholiken gefunden, mit dem Titel „Protestantismus ist die radikalste aller Häresien. Wirklich, sie brauchen nur „Protestantismus Häresie“ googeln, da ist es gleich der erste Treffer. Aber, nun ja, jedenfalls, die Meinung hat dieser Mensch wohl eher exklusiv, denn in der Liste der Häresien stehen Protestanten nicht drin. Ganz im Gegensatz zum Semipeliaganismus oder Jansenismus, was immer beide sein mögen. Lustigerweise stehen auch „Enthusiasten“ drin, wenn Sie also das nächste Mal etwas voller Enthusiasmus tun, denken Sie mal drüber nach. Wo war ich? Ach ja, Inquisiton … nun ja, aus den vorliegenden Gründen müsste ich von der Inquisition relativ unbehelligt bleiben, deshalb … andererseits … ich bin durchaus geschichtlich interessiert und möglicherweise lande ich dann ja in einer Epoche, in der ich mich auskenne und in der ich weiß, was passieren wird. Politisch und so. Mal ganz davon abgesehen, dass ich damit eine bemerkenswerte Karriere à la Nostradamus hinlegen könnte, wäre das vielleicht etwas langweilig, deshalb … wie war die zweite Möglichkeit?“

„Ähm … Dystopie …ungewisse, dystopische Zukunft …“

„Nun, was eine Dystopie ist, liegt ja immer im Auge des Betrachters. Eine Welt, in der alle Menschen glücklich sind und fern jeder Sünde, fände ich persönlich zum Beispiel super, Sie dagegen dürften das als durchaus dystopisch bezeichnen. Oder nehmen wir mal Alice Weidel. Eine weltoffene Gesellschaft aus Menschen unterschiedlichster Herkunft und ohne Ressentiments gegeneinander wäre doch eigentlich super, oder!? Für Frau Weidel muss das eine wahre Dystopie sein. Das merken Sie, wenn Sie sich mal den Twitter-Account von Frau Weidel ansehen. Haben Sie das schon mal getan?“

„…“

„Jedenfalls: Richtig übel! Richtig, richtig übel! Aber wirklich riiichtig übel, was da so steht. Beispielsweise hat sie vor zwei Tagen getwittert, dass die Zahl der Salafisten in Deutschland immer mehr zunehme – insgesamt 12.150 Personen – und der Staat nichts unternehme. Währenddessen hat die Anzahl der Neonazis im letzten Jahr einen neuen Höchststand erreicht und liegt bei über 24.000 Menschen. In Frau Weidels Wahrnehmung sind die aber offensichtlich trotz höherer Anzahl das geringere Problem. Oder hier, zur Organspende: Mal ganz davon ab, dass man zur Widerspruchsregelung kritisch stehen kann, schreibt sie „Sich nicht zu äußern, kann bei sensiblen Themen wie der Organspende nie Zustimmung bedeuten.“ Nun bin ich kein Jurist, aber „Tun, Dulden und Unterlassen sind Rechtshandlungen, die zu Rechtsfolgen führen“ ist schon bei Wikipedia zu lesen und „Tun durch Unterlassen“ habe sogar ich als Nichtjurist mal gelernt. Man kann ja auch nicht sagen „Die Kündigung nicht zu äußern, kann nie die Zustimmung zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses bedeuten.“ Doch, kann sie. Und so ist das hier eben auch. Zwar ist Frau Weidel auch keine Juristin, hat aber zumindest VWL und BWL studiert – wie langweilig – und sollte davon vielleicht auch mal gehört haben. Wie auch immer, am besten gefiel mir aber ihr Tweet, in dem sie der Opfer vor Flucht und Vertreibung gedachte, auch erst vier Tage her. „Vor 75 Jahren flohen 2,5 Millionen Deutsche vor der vorrückenden Roten Armee, völlig überhastet nur mit dem Notwendigsten auf Pferdewagen oder mit Schubkarren in den minus 20 Grad kalten Winter.“, schrieb sie. Die russische Botschaft antwortete darauf mit: „Da sollte man sich vielleicht auch daran erinnern, weswegen die Rote Armee vorrücken musste.“ Ich fands witzig! Na, jedenfalls, wie gesagt, Dystopie ist immer Ansichtssache und wenn Sie etwas als Dystopie bezeichnen, dann bin ich guten Mutes, dass mir hingegen das Szenario ganz gut gefallen dürfte, deshalb …“

„Chef, sollten wir nicht sagen, dass das nicht von uns …“

„Schnauze, Lübke! Also, Sie Spinner, wofür entscheiden Sie sich!?“

„Ich nehme die ungewisse, dystopische Zukunft, ich bin mir sicher, dass das spann…“

*Es macht „paff“ und der Reisswolfblog-Spinner verschwindet in einer Rauchwolke*

„Endlich! Ich dachte, der hört nie auf! Ganz ehrlich, Lübke, ich bin froh, dass wir diesen Schwätzer los sind. Diese Ruhe, diese wunderbare Stille.“

„Und jetzt?“

„Jetzt ziehen Sie los und kaufen einen Geschenkkorb.“

„Für wen?“

„Na, für IHN!“

 

Das war es dann auch schon wieder! Ich wünsche allseits einen schönen Restfreitag und einen guten Start in ein anschließendes, hoffentlich schönes Wochenende.

Gehabt euch wohl!

„Die Wälder“ von Melanie Raabe

Buch: „Die Wälder“

Autorin: Melanie Raabe

Verlag: btb

Ausgabe: Paperback

Die Autorin: Melanie Raabe wurde 1981 in Jena geboren. Nach dem Studium arbeitete sie tagsüber als Journalistin – und schrieb nachts heimlich Bücher. 2015 erschien „Die Falle“, 2016 folgte „Die Wahrheit“, 2018 dann „Der Schatten“. Ihre Romane werden in über 20 Ländern veröffentlicht, mehrere Verfilmungen sind in Arbeit. Melanie Raabe betreibt zudem gemeinsam mit der Künstlerin Laura Kampf einen erfolgreichen wöchentlichen Podcast rund um das Thema Kreativität, „Raabe & Kampf“. Melanie Raabe lebt und arbeitet in Köln. (Quelle: Random House)

Das Buch: Als Nina die Nachricht erhält, dass Tim, ihr bester Freund aus Kindertagen, unerwartet gestorben ist, bricht eine Welt für sie zusammen. Vor allem, als sie erfährt, dass er sie noch kurz vor seinem Tod fast manisch versucht hat, zu erreichen. Und sie ist nicht die Einzige, bei der er sich gemeldet hat. Tim hat ihr nicht nur eine geheimnisvolle letzte Nachricht hinterlassen, sondern auch einen Auftrag: Sie soll seine Schwester finden, die in den schier endlosen Wäldern verschwunden ist, die das Dorf, in dem sie alle aufgewachsen sind, umgeben. Doch will Nina das wirklich? In das Dorf und die Wälder zurückkehren, die sie nie wieder betreten wollte … (Quelle: Random House)

Fazit: Es ist nun schon über drei Jahre her, seit ich Melanie Raabes Debüt „Die Falle“ gelesen habe und nachhaltig beeindruckt war. Die kammerspielartige, psychologische Spannung des Romans ist mir ebenso nachhaltig im Gedächtnis geblieben wie die mehr als überzeugende Darstellung einer vielschichtigen und manchmal nicht ganz rund laufenden Hauptfigur.

Derlei mit Vorkenntnissen ausgestattet, fühlte ich mich ausreichend gerüstet, um mich nach langer Zeit erneut auf ein weiteres Buch von Melanie Raabe einzulassen. Schade nur, dass mich selbiges eher enttäuscht zurücklasst. Aber beginnen wir mal der Reihe nach.

Wir haben also Nina, deren bester Freund Tim verstorben ist und sie mittels einer vor seinem Ableben verschickten Sprachnachricht sowie eines Briefes auffordert, sich auf die Suche nach seiner vor 20 Jahre verschwundenen Schwester Gloria zu machen.

In der Folge wechselt die Autorin beständig zwischen zwei Handlungssträngen. In der Gegenwart wird geschildert, wie Nina sich mit dem Polizisten David in Verbindung setzt – einem weiteren Freund aus Kindertagen -, um ihn davon zu überzeugen, gemeinsam Tims letzten Wunsch zu erfüllen und wie beide dann zusammen versuchen, den Geschehnissen von damals auf den Grund zu gehen.

Der zweite Handlungsstrang widmet sich den damaligen Ereignissen, dem Verschwinden von Gloria und erläutern, warum Nina und David so große Vorbehalte haben, sich wieder in das tief in den Wäldern abgelegene Dorf ihrer Kindheit zu wagen.

Die Schwierigkeiten beginnen dabei für mich schon beim Setting, das ich Frau Raabe in der vorliegenden Form so einfach nicht abnehme: Nina organisiert eine Mitfahrgelegenheit, um in ihr weit abgelegenes Dorf zu kommen. Und das muss wirklich,  wirklich abgelegen sein … Nicht, dass es nicht auch hier in der Gegend entferntere in Wäldern gelegene Ortschaften gäbe, aber wenn erwähnt wird, dass Ninas Plan unter anderem vorsieht, auf ihrem Weg in dieses in den Wäldern gelegene Dorf an Kilometer 158 nach der letzten Autobahntankstelle auf bestimmte Art aktiv zu werden, die an dieser Stelle nicht weiter interessiert, dann frage ich mich: Ernsthaft? Es gibt keine Autobahntankstelle, die am Zielort näher als 158 Kilometer dran ist? Kann man hierzulande überhaupt 158 Kilometer am Stück in eine beliebige Richtung fahren, ohne an einer Autobahn bzw. Autobahntankstelle vorbeizukommen?

Darüber hinaus ist es für Ninas Plan von elementarer Wichtigkeit, dass sie den Kilometer 158 ihrer Strecke nicht verpasst. Trotzdem schätzt sie einige Zeit nach Beginn der Fahrt notgedrungen, wie viele Kilometer sie denn nun wohl schon zurückgelegt haben, um dann zu rechnen, wie viele der 158 Kilometer noch vor ihr liegen. Sie muss schon sehr gut schätzen können, eine Fehlertoleranz ist zur Umsetzung ihres Plans nämlich nicht drin.

Es geht mit Ninas Fahrgelegenheit weiter: Es stellt sich heraus, dass der Fahrer – aus Gründen, die nicht näher genannt werden, das ist also einfach so – in regelmäßigen Abständen in „die Stadt“ fährt, in der Nina wohnt und mit dem sie aus genau diesem Grund mitfährt. Genaue Ortsnamen gibt Frau Raabe übrigens wohlweislich nicht an. Warum der Fahrer nun genau in diese Stadt fährt, die, wie wir ja nun wissen, mehr als 158 Kilometer von seinem Heimatdorf entfernt liegen muss und ob es da nicht eine gäbe, die vielleicht näher liegt, in der er auch seinem Tun, welches auch immer das ist, nachgehen kann, all das wissen wir nicht. Ich persönlich hätte es gerne erfahren …

Kleinigkeiten, wie die Tatsache, dass es im kleinen Dorf eine Bäckerei gegenüber des Rathauses gibt und mich ob dieses Umstands frage, warum denn dieses winzige Dorf ein Rathaus hat, weil Rathäuser meines Erachtens nur in Städten beheimatet sind, fallen da dann auch nicht mehr nennenswert ins Gewicht.

Auch in stilistischer Hinsicht konnte mich Frau Raabe diesmal nicht überzeugen, gerade wenn man weiß, zu welch guten Leistungen sie in diesem Bereich fähig ist. Zwar ist der bewährte Aufbau mit zwei Handlungssträngen nicht zu bemängeln und darüber hinaus enthält das Buch eine klug eingearbeitete Schlüsselszene, die man als Wendepunkt in der Motivation der Figuren begreifen kann, aber spachlich und gerade im Bereich der Dialoge wäre noch viel Luft nach oben gewesen. Gut, es mag sein, dass ich dialogtechnisch nach wie vor Star-Wars-geschädigt bin und deshalb besonders gut darauf achte, aber insbesondere der Dialog zwischen Nina und David, in dem sie ihn davon zu überzeugen versucht, dass sie Tims Bitten zur Suche nach dessen Schwester nachkommen sollen, ist an Kitsch, Pathos und Gemeinplätzen schwer zu überbieten. Die Dialoge der Jugendlichen im in der Vergangenheit spielenden Handlungsstrang sind dabei deutlich besser, weil lebensnäher, gelungen. In Summe allerdings bleibt, wie gesagt, viel Luft nach oben.

Das gilt nun leider, wenn auch in abgeschwächtem Maße, auch für die Charaktere. Ja, sie werden mit einer Hintergrundgeschichte versehen, diese beschränkt sich aber ausschließlich darauf, zu erläutern, was Nina, David und Co. in ihrer Kindheit im Dorf passiert ist, um daraus ihre Motivation fürs heutige Handeln abzuleiten. Ich hätte da durchaus gerne ein wenig mehr gehabt. Außerdem kann man insbesondere Ninas Handeln phasenweise durchaus als wenig nachvollziehbar bezeichnen. Merke: Nur weil ich mir in einer Gemeinschaft aus 11-Jährigen mal geschworen habe, jemanden umzubringen, weil ich davon überzeugt bin, dass dieser Jemand ein böser Mensch ist und böse Dinge getan hat, taugt das nicht als eine Motivation für Erwachsene, genau diesen Plan mit der Argumentation „Aber wir haben es geschworen!“ durchzusetzen, weil man eben nunmehr erwachsen sein sollte und in der Lage, eine gute Idee von einer dummen, strafbaren zu unterscheiden.

Der Plot selbst wartet, abseits des oben erwähnten guten Wendepunktes mit vergleichsweise wenig Überraschungen auf, es mag aber sein, dass ich diesen Kritikpunkt exklusiv hatte. Er wirkt insgesamt, angesicht der ebenfalls oben erwähnten Schwierigkeiten mit dem Setting, teils arg konstruiert und kann leider nicht in vollem Umfang überzeugen.

Insgesamt finde ich es durchaus schade, dass ich über „Die Wälder“ nichts Besseres sagen kann, insbesondere da mit „Die Falle“ so gefallen (ha!) hat, aber manchmal soll es halt nicht sein. Vielleicht probiere ich es mal mit einem von Raabes anderen Büchern …

Wertung:

Handlung: 6,5 von 10 Punkten

Charaktere: 4,5 von 10 Punkten

Stil: 6 von 10 Punkten

Atmosphäre: 2,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 4,875 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Claire Adam und ihr „Goldkind“ mussten sich jetzt eine Weile gedulden, da sich Frau Raabe dazwischengeschummelt hat, als nächstes sollte dann aber wirklich „Goldkind“ dran sein.

abc.Etüden KW 2/3 IV

abc.etüden 2020 02+03 | 365tageasatzaday

 

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leserm

ja, ich gebe zu, mir fällt selbst auf, dass ich mich im Rahmen der Etüden über immer dieselben Schergen des Politzirkus echauffiere. Insofern tut mir die Themenarbmut schon etwas leid. Aber was soll ich denn machen, wenn eben diese Schergen immer wieder Bockmist produzieren!? Aus diesem und aus dem Grund, dass ich niemandem die neuesten Untaten des Herrn S. vorenthalten  möchte, gibt es nunmehr eine weitere der von Christiane geleiteten Etüden, die diesmal auch die Wortspende beigesteuert hat.

 

„Oh, die Farbe kenne ich. Das ist Zornesröte! Über wen regen wir uns denn diesmal wieder auf? Die AfD? Ja, oder!? Nein, warte, Seehofer? Ja, der, sicherlich! Oder Trump?“

„Angesichts der Tatsache, dass der amerikanische Verteidigungsminister Esper zugegeben hat, dass die angeblich „konkreten Anschlagspläne“, mit denen Trump den Mord an Soleimani begründet hat, genauso wenig in der Form existieren, wie die Massenvernichtungswaffen im Irak Anfang der 2000er, könnte ich mich über den auch aufregen, ja. Tatsächlich rege ich mich aber über Spahn auf. Ich würde mir wünschen, irgendjemand würde ihn zum Skiurlaub auf einer mickrigen Lofoten-Insel abkommandieren.“

„Oh, den hattest Du länger nicht. Was hat er getan?“

„Nun, von Anfang an: 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass „in extremen Ausnahmesituationen“ todkranken Menschen der Zugang zu Medikamenten zur Selbsttötung nicht verwehrt werden dürfe.“

„Aha.“

„Dafür musste man dann Anträge stellen, die, so das Gerichtsurteil, im Einzelfall geprüft werden müssen.“

„Okay. Und?“

„Nun kam heraus, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – die Stelle, an der die Anträge gestellt werden müssen und die Spahn untersteht – wohl auf Anweisung des Herrn Spahn 102 solche Anträge pauschal, also ohne Einzelfallprüfung, abgelehnt hat. Über 34 weitere sei noch nicht entschieden.“

„Das heißt, es setzt sich über geltendes Recht hinweg? Mit welcher Begründung?“

„Weil er seinerseits Rechtssicherheit haben will und deshalb das Urteil des Bundeverfassungsgerichts abwartet, das am 26. Februar über das Verbot zur gewerbsmäßigen Sterbehilfe entscheiden will.“

„Er will abwarten?“

„Er will abwarten!“

„Er weiß aber schon, dass „Abwarten“ für todkranke Patienten jetzt keine so optimale Option ist, oder!?“

„Da bin ich mir leider nicht so sicher.“

„Zusammengefasst: Es existiert ein Urteil, das todkranken, verzweifelten Menschen ermöglicht, sich länger andauernde Qualen zu ersparen, man hat also auch beim Gesundheitsministerium aktuell geltende Rechtssicherheit und unseren Gesundheitsminister interessiert das einen Scheißdreck!?“

„So kann man das sagen.“

„Jetzt verstehe ich Deine Zornesröte.“

 

300 Worte

 

 

 

 

 

abc.Etüden KW 2/3 III

abc.etüden 2020 02+03 | 365tageasatzaday

 

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

es gibt halt so Dinge, bei denen es mir schlicht nicht möglich ist, nicht darüber zu schreiben. So auch heute, deswegen gibt es zur Wortspende der Etüdenorganisatorin Christiane nunmehr der Etüden dritten Streich.

 

 

„Worüber freust Du Dich so?“

„Weil die Österreicher offenbar Humor haben.“

„Hast Du das angezweifelt? Humor ist nicht nationenexklusiv.“

„Was? Nein! Was? Ich … – Du weißt genau, was ich meine!“

„Ist ja gut. Worum geht es denn nun?“

„Um den Beitrag in der ORF-Mediathek über die Vereidigung der neuen Regierung – in Österreich nutzt man meines Wissens das wunderschöne Wort „Angelobung“. Diesen Beitrag hat jemand versehentlich mit den Untertiteln einer vorher ausgestrahlten Telenovela versehen …“

„Und?“

„Nun ja, das hat zur Folge, dass man nun beispielsweise Kurz auf ein Dokument deuten sieht und als Untertitel steht dort „Sind die für Mama?“. Oder an anderer Stelle wendet sich Herr van der Bellen dem Herrn Kurz zu und der dazugehörige Untertitel lautet „Wie würdest Du dieses Küken nennen?“

„Okay, das ist … witzig!“

„Ja, sag ich doch! Meine Lieblingseinblendungen sind aber immer noch: „Hoffentlich hält die Strumpfhose.“ und „Danke, dass Du den Schwimmunterricht erlaubst“.“

„Wie geil! Aber wie um alles in der Welt passiert so was?“

„Na, ich schätze, der offizielle Untertiteleinblendungsbeauftragte war im Skiurlaub und dem Chef vom Dienst fiel gerade nichts anderes ein, als einen Praktikanten als Ersatz abzukommandieren …“

„Herrlich!“

„Ja, oder!? Weniger herrlich ist allerdings, dass man in Österreich derzeit beweist, dass auch Dummheit nicht nationenexklusiv ist.“

„Inwiefern?“

„Na, neue Justizministerin wird Alma Zadić, die in ihrer Kindheit vor dem Jugoslawienkrieg nach Österreich geflohen ist. Und die hat nun in erster Instanz einen Prozess wegen eines Fotos auf Twitter verloren, das einen Burschenschaftler beim vermeintlichen Hitergruß zeigt.“

„Und?“

„Und? Ja, was glaubst Du denn? Sie sieht sich auf Twitter mit Kommentaren wie „Eine kriminelle Muslima wird Justizministerin.“ und „Jetzt bekommen Ausländer Ministerposten“ auseinandergesetzt. Dabei ist sie weder Ausländerin, noch Muslima, noch kriminell. Aber Falschbehauptungen und Hetzte laufen halt auch woanders gut.“

„Hach, welch mickriges Hirn muss man haben, um so widerlichen …“

„Gar keines!“

 

 

300 Worte.