Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
die Beantwortung der Freitagsfragen im Brüllmausblog ist eigentlich eine Art festes Freitagsritual. Nur am letzten Freitag – da hatte ich irgendwie keine Lust. Und am Samstag auch nicht. Und gestern schon mal gar nicht. Also dann eben heute, zum Wochenstart.
Die Fragen und Antworten lauten:
1.) Was war diese Woche richtig gut?
Nun, wie gesagt, eigentlich hätte ich die Freitagsfragen ja schon am Freitag beantwortet. Da ich das heute erst tue, muss ich natürlich auch das vergangene Wochenende für die Beantwortung berücksichtigen und kann daher sagen: Mir diese Frage in einer Woche zu stellen, in der mein heißgeliebter SV Werder mit 2:6 zu Hause gegen die Pillendreher aus Vizekusen eingegangen ist, ist mal mindestens mutig!
Aber stellen wir uns mal vor, ich hätte diese Frage am letzten Freitag beantwortet, dann hätte ich die Woche Revue passieren lassen und hätte geantwortet: „Eigentlich nix!“ Dann wiederum hätte ich mir gedacht, dass das ja eigentlich gar nicht sein kann und dass man sich ja auch über die kleinen Dinge im Leben freuen soll, hätte die Frage unter diesem Gesichtspunkt erneut betrachtet und dann geantwortet: „Nee, eigentlich wirklich nix!“
Dann wiederum wäre mir eingefallen, dass das so tatsächlich nicht stimmt, denn zwei gute Dinge gab es in der letzten Woche schon. Als da wären ein spontaner Abend in netter Runde am letzten Mittwoch sowie ein schönes, wenn auch viel zu kurzes Telefongespräch am letzten Freitag.
Ich hätte auch nichts dagegen, wenn die folgende Woche aus fünf solcher Abende und mindestens fünf dieser Telefongespräche bestünde, aber das wird wohl nichts. Wenn die folgende Woche rum ist, mache ich redensartlich drei Kreuze.
Schon der heutige Morgen deutete an, dass die Folgewoche nicht in die Liste meiner Lieblingswochen eingehen würde, wenn ich denn eine solche hätte:
Es ist drei Uhr früh am Montag Morgen. Eigentlich könnte ich noch ein paar Stunden schlafen – wenn ich es denn könnte. Stattdessen geht mein Hirn schon mal die anstehende Woche durch. Irgendwann war ich dann so von mir genervt, dass ich schon mal aufstand und den Fernseher anwarf, auf der Suche nach den Nachrichten. Auf dem Weg dorthin präsentiert mir ein unbedeutender Sender sein Programm für den November, das ein Mann anpreist, mit den Formulierungen „gegen den Herbstblues“ und „dunkle Herbsttage gibt es bei uns nicht!“. Ich sehe aus dem Fenster in die Dunkelheit und fühle mich bemüßigt, die ersten Worte des Tages zu sprechen: „Ach, Schnauze, Du Penner!“
Dann schalte ich weiter und komme an einem Werbespot vorbei, in dem ein mir bislang unbekannter Anbieter von – ganz offensichtlich – Autoversicherungen nervtötende Darsteller etwas von „Für meine Autoooversicheruuuuung …“ singen lässt. Erste Gewaltfantasien brechen sich Bahn, auch weil man Gewaltfantasien mittlerweile mit „f“ schreibt.
Kurz danach bin ich dann im Nachrichtensender angekommen und muss gleich zu Beginn das Gesicht von Jörg Meuthen ertragen, der davon redet, seine AfD werde, wie bisher, weiterhin „gute und konstruktive Oppositionsarbeit“ machen. Ich möchte lachen, fürchte aber, dass er das ernst meint.
Reflexartig schalte ich um, auch weil mir einfällt, dass ich den Nachrichtensendern „n-tv“ und „Welt“ nicht sonderlich viel Liebe entgegenbringe. Bei den Sendern des ÖR angekommen, ist das Bild des Schreckens ähnlich, nur etwas anders. Man thematisiert, dass die AfD in Hessen etwas über 13 % erreicht habe
– bei der Gelegenheit: Herzlichen Glückwunsch dazu, liebe Hessen – *slow clap*
und blendet eine Rede des hessischen AfD-Kandidaten Rainer Rahn ein. Urplötzlich fährt es mir kalt den Rücken runter: Sekundenlang habe ich, Rahns angesichtig, die Vermutung, Jürgen Möllemann sei von den Toten auferstanden und habe sich Rudi Völlers Frisur geklaut. Aber es ist nicht Möllemann, es ist Rahn.
Kurz danach geht es thematisch nach Brasilien, wo bewiesen wird, dass die Menschen auch andernorts in der Lage sind, Idioten zu wählen.
Resigniert schalte ich den Fernseher wieder aus und starre weiter aus dem Fenster. Das Gefühl macht sich breit, es mit keiner guten Woche zu tun zu haben. Nicht nur, dass mein Körper mir auf mittlerweile gleich zwei Arten zu verstehen gibt, dass er unter Stress-Dauerbeschuss steht und mein Immunsystem erschossen werden müsste, wenn es ein Pferd wäre, steht die folgende Woche auch unter dem Einfluss diverser Termine, auf die ich gerne verzichten möchte, bei denen Abwesenheit allerdings keine Option ist, und der Tatsache, dass im Laufe der Woche der November beginnt. Und der November und ich, wir sind keine so guten Freunde. Aber hey, „dunkle Herbsttage gibt es bei uns nicht!“ Am Arsch!
2.) Hast Du ein Testament oder planst, eines zu verfassen?
Muhahahahahahah! :-) Nein, mal ernsthaft: Ich habe keines. Das hat den einfachen Grund, dass ich nichts zu vererben habe. Ich besitze schlicht praktisch nichts. Okay, wenn alles gut läuft, könnte ich im Laufe der Woche Eigentümer eines neuen Autos sein – sollte das innerhalb der nächsten Tage nicht der Fall sein, denke ich ernsthaft darüber nach, mein kaputtes jetziges Auto, notfalls selbst, zu reparieren, nur um damit dann mit dem fröhlichen Ausruf „Hier ist Jacky!“ in den Eingangsbereich des Autohändlers zu scheppern. Ich schwanke noch in meiner Beurteilung, ob das eine gute Idee ist.
Jedenfalls, abgesehen davon ist mein wertvollster Besitz wahrscheinlich schon mein PC, der vor vier Jahren mit viel gutem Willen als Mittelklasse-PC durchging. Möglicherweise ist schon der Inhalt meines Steam-Accounts mehr wert als der PC.
Also kurz: Ich habe keines, weil ich keines brauche.
3.) Wie erklärst Du Dir Verschwörungstheorien?
Gute Frage! Ich frage mich auch immer wieder, warum es bestimmten Menschen offensichtlich einfacher fällt, komplizierte Gedankenkonstrukte eher glauben zu können als die offensichtliche Wahrheit.
Das fängt schon bei den „Lügenpresse“-Schreihälsen und ihrem Verhältnis zu den Medien an. Ich war kürzlich Teilnehmer einer in einem Kommentarbereich geführten Diskussion über den Rundfunkbeitrag. Und dort tauchten besagte Schreihälse zu zuhauf auf. Nichts scheint Volkes Seele übrigens so sehr zum Kochen zu bringen wie dieser Rundfunkbeitrag. Man könnte den Deutschen morgen Bier und Benzin verbieten, die Wut darauf wäre weniger groß als die über die Beibehaltung des Rundfunkbeitrags.
Nicht selten ist in diesem Zusammenhang dann von „Staatsmedien“ die Rede. Ich wünsche diesen Menschen dann immer, dass sie nicht mal in einem Staat leben müssen, in dem es wirklich Staatsmedien gibt. Wenn ich mir zum Beispiel diese putzige nordkoreanische Nachrichtensprecherin ansehe, die während ihrer Moderation immer irgendwie auf und ab wippt, als würde sie gerade mindestens auf einem Massagekissen, möglicherweise aber auch, mit Verlaub, auf einem Dildo sitzen und die dann Berichte ansagt, in denen gezeigt wird, wie überzeugend wirkende nordkoreanische Jubelperser zum Ausdruck bringen, wie lieb sie Kim Jong-un doch haben, dann brauche ich keine Koreanisch-Kenntnisse um zu begreifen, dass der Beitrag nicht unter dem Titel „Kim Jong-un ist doof!“ steht. Aber sobald wir die AfD in der Regierungsverantwortung haben, werden wir ähnliche Bilder auch hier sehen können …
Klar kann und soll man mediale Berichterstattung kritisch sehen – man darf zum Beispiel fragen, warum gewählte Präsidenten im Duktus der Medien, sofern sie, also die Präsidenten, jetzt nicht unbedingt lupenreine Demokraten zu sein scheinen, umgehend in „Machthaber“ umbenannt werden – aber den ÖR zu unterstellen, wissentlich Lügen zu verbreiten – wobei natürlich alles eine Lüge darstellt, was nicht sofort ins Weltbild der „Lügenpresse“-Schreier passt -, ist schon hart.
Was mich an diesen Menschen, insgesamt an Anhängern diverser Verschwörungstheorien, am meisten aufregt, ist deren oft überhebliche Arroganz, mit der sie den Eindruck erwecken, sie allein seien im Besitz der alleinigen, allgemeingültigen Wahrheit und alle, die im Hirn noch rund laufen, seien einer „Gehirnwäsche“ unterzogen worden, und würden schon noch „aufwachen“, sobald sie nur „besser informiert“ seien.
4.) Die Wahl der Qual: Einen Monat ohne Internet oder umziehen müssen?
Da wähle ich doch ganz eindeutig den Monat ohne Internet. Ein nicht unwesentlicher – oder sagen wir besser „nicht unwichtiger“ – Teil meines persönlichen Umfeldes hat es im Laufe der letzten Jahre vorgezogen, aus der Gegend wegzuziehen, allerdings geografisch so ungünstig, dass ein Umzug in eine Richtung umgehend eine Distanzvergrößerung in mehrere andere Richtungen bedeuten würde, ich wüsste also gar nicht, wo ich hinziehen sollte. Deshalb nehme ich lieber den Monat ohne Internet.
Das war es auch schon wieder, liebe Leserinnen und Leser. Ich werde jetzt einen erneuten Versuch unternehmen, den Marienkäfer zu retten, den offensichtlich jemand in meinem Büro übers Wochenende eingesperrt hat. Der erste Versuch glückte nicht, erzeugte nur den Ausruf meines mich am geöffneten Fenster stehend sehenden Chefs: „Tun Sie es nicht, Sie sind doch noch so jung und das Leben ist so schön!“ :-)
In diesem Sinne:
Gehabt euch wohl!