„Der Älteste“ von Peter Georgas-Frey

Buch: „Der Älteste“

Autor: Peter Georgas-Frey

Verlag: Selbstverlag

Ausgabe: Taschenbuch, 200 Seiten

Der Autor: Peter Georgas-Frey ist ein 1970 geborener Autor, der seit 1999 am schönen Bodensee lebt. Er veröffentlichte bereits Erzählungen und Gedichte wie „Als Paolos Hände reden lernten“, „Soantà“ und „Zeitspuren“, den Roman „Die Revolte“ sowie eine Trilogie rund um die außerirdischen Aurumer, bestehend aus „Die Heimkehr“, „Die Rückkehr“ und „Projekt Epilog“. Zuletzt erschien der Thriller „Alphavirus“.

Wer mehr über den Autor und seine Bücher erfahren möchte, dem sei der Besuch seines sehr lesenswerten Zeilen-Portals empfohlen. Wer das nicht möchte, dem sei ein dortiger Besuch ebenfalls empfohlen!

Das Buch: Auf Ogden lastet der Sommer, auf Joe der Konsum von zu viel Whiskey und zu wenig Glück mit Frauen. Deshalb ist ihm der Anruf seines indianischen Freundes Kho willkommen, um ein wenig Abwechslung zu erleben. Die Suche nach einer gestohlenen Indianertrommel scheint ihm kein würdiger Auftrag für einen Bounty Hunter. Aber ehe Joe sich versieht, ist er mitten in einen indianischen Mythos geraten, der alle seine Vorstellungen der Welt verändert. (Quelle: Klappentext)

Fazit: Zunächst sei in eigener Sache verkündet, dass mein Ärger mit Schriftartänderungen und ähnlichem wohl weitgehend der Vergangenheit angehört – der mich darauf aufmerksam machenden Bloggerkollegin gilt mein zutiefst empfundener Dank. Es ist zwar nicht ganz dasselbe wie früher™, weil ich immer noch Dinge mit „Strg+U“ unterstr… – ach lassen wir das, wenden wir uns lieber dem neuen Thriller „Der Älteste“ von Peter Georgas-Frey zu.

Ich verfolge das Schaffen des geschätzten Autors und Bloggerkollegen Peter bereits vergleichsweise lange und es war daher eine Art Selbstverständlichkeit, dass ich mich auch mit diesem neuen Buch befassen würde. Ein ganz herzlicher Dank für das Übersenden des Rezensionsexemplars geht an Peter höchstselbst.

Noch bevor man zum Einstieg des Buches nennenswerte Informationen über die Handlung bekommt, stößt der unbedarfte Leser auf Joe, den Protagonisten dieses Thrillers. Und es wird relativ schnell deutlich: Joe ist anders. Er ist einsiedlerisch, zurückhaltend, zynisch, konfliktscheu, nahezu misanthropisch – und er trinkt zu viel. In Summe also eine Freude für jeden Sozialpädagogen mit Helfersysnrom. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich an Joe die Geister der Leserschaft scheiden werden. Ich persönlich mochte ihn nicht. Als Person, nicht als Figur. Denn als Charakter, als eine Art schlechtgelaunte und daueralkoholisierte Version von Lorenzo Lamas – die Älteren werden sich erinnern – funktioniert er durchaus. Und das gilt ebenfalls für die Entwicklung, die Joe im Laufe der Handlung durchmacht. Man mag diese Entwicklung vergleichsweise vorhersehbar finden – ich zumindest tue das -, in sich schlüssig und überzeugend ist sie allerdings allemal.

Schlüssig und überzeugend sind auch die weiteren Figuren des Thrillers, exemplarisch sei hier mal die Studentin Lily genannt, mit der Joe eine Liaison beginnt und die mit der Beharrlichkeit des oben erwähten Sozialpädagogen versucht, Zugang zu Joe zu bekommen. Ich mochte Lily und hätte ihr gerne noch ein paar mehr Seiten innerhalb des Buches gegönnt.

In Summe gibt es also gewohnt wenig an den Charakteren des Autors auszusetzen.

Mit leichten Abstrichen gilt das auch für die Handlung. Erzählt wird eine spannende Geschichte rund um indianische Historie und die Mythen der indianischen Ureinwohner. Und das passiert auf gewohnt tempo- und zuweilen auch actionreiche Art und Weise. Allerdings wird für mich ganz persönlich hier ein wenig die Kürze des Buches zum Problem, denn ich hätte gerne noch viel mehr über indianische Hintergründe, Geschichte und ähnliche Dinge erfahren, ein bisschen mehr Hintergrund für die Geschehnisse gehabt. Nun muss man diesbezüglich ja nicht in Schätzingsche Schwafelei ausbrechen und zudem sind mir die Gründe für den Umfang des Buches durchaus bewusst, dennoch wäre für mich persönlich an dieser Stelle mehr auch wirklich mehr gewesen.

Dazu kommt, dass gewisse Handlungselemente des Stammlesern des Autors aus früheren Veröffentlichungen in im weitesten Sinne ähnlicher Form bekannt vorkommen könnten, was ich persönlich schade fand, für andere Leserinnen und Leser – und gleiches gilt für die Kürze des Buches, auf die man sich ohnehin wissentlich einlässt – mag das kein Problem darstellen.

Was aus meiner Sicht tatsächlich ein größeres Problem darstellt, ist die Erzählweise und der Ton, in dem das Buch gehalten ist. Der Protagonist Joe fungiert hier als Erzähler und schildert die Geschichte dementsprechend in dem ihm eigenen Duktus. An der Vorgehensweise ist auch erst mal wenig auszusetzen. Nur bedient sich Joe eben selten eines elaborierten Codes, sagt stattdessen Sätze wie: „Ich schoss ihm eine Gerade mitten in die Fresse und traf mit gefühlt 250 km/h“. (S. 194), die für sich sich allein betrachtet überhaupt kein Problem darstellen, in Verbindung mit zahlreichen anderen Äußerungen, die darauf schließen lassen, dass Joe ein eher archaisches Verständnis vom Typus Mann hat, aber dazu führen, dass die andauernde (Selbst-)Darstellung des Protagonisten als eigentlich unverstandener, aber sich ganz dolle böse gebender Outlaw irgendwie überzogen und zu gewollt wirkt. „Wenn wir uns trafen, taten wir, was Männer tun: Wir redeten über Belangloses, lachten über Albernes und behielten unsere Gedanken über Sinn, Kummer und Einsamkeit für uns.“ (S. 14) Armer Joe …

In stilistischer Hinsicht abschließend unbedingt noch zu erwähnen ist übrigens ein offensichtlich im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen deutlich ausgefeilter wirkendes Lektorat. So liest sich „Der Älteste“ deutlich flüssiger als frühere Werke.

In Summe bleibt ein Thriller, den ich gerne gelesen habe, auch wenn er aus meiner Sicht nicht ganz mit früheren Werken des Autors mithalten kann.

Demnächst in diesem Blog: „Abels Auferstehung“ von Thomas Ziebula.

„Schachnovelle“ von Stefan Zweig

Buch: Schachnovelle

Autor: Stefan Zweig

Verlag: Fischer

Ausgabe: Taschenbuch, 110 Seiten

Der Autor: Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren und lebte ab 1919 in Salzburg, bevor er 1938 nach England, später in die USA und schließlich 1941 nach Brasilien emigrierte. Mit seinen Erzählungen und historischen Darstellungen erreichte er weltweit in Millionenpublikum. Zuletzt vollendete er seine Autobiographie ›Die Welt von Gestern‹ und die ›Schachnovelle‹. Am 23. Februar 1942 schied er zusammen mit seiner Frau »aus freiem Willen und mit klaren Sinnen« aus dem Leben. (Quelle: Fischer)

Das Buch: Das Erstaunen ist groß, als der unscheinbare Dr. B., österreichischer Emigrant auf einem Passagierdampfer von New York nach Buenos Aires, eher zufällig gegen den amtierenden Schachweltmeister Mirko Czentovic antritt und seinen mechanisch routinierten Gegner mit verspielter Leichtigkeit besiegt. Doch das Schachspiel fördert Erinnerungen an den Terror seiner Inhaftierung im Nationalsozialismus zutage und reißt eine seelische Wunde wieder auf, die erneut Dr. B.s geistige Gesundheit bedroht. (Quelle: Fischer)

Fazit: Gut dreieinhalb Wochen sind seit meiner letzten Rezension vergangen. Kein gutes Zeichen. Und kaum komme ich wieder, habe ich den Eindruck, als hätte WordPress in meiner Abwesenheit etwas an Schriftgrößen und/oder Zeilenabständen und/oder Schriftart in den Entwürfen geändert. Ich mag mich aber auch irren oder falsch erinnern, es ist ja lange her. Nein, eigentlich bin ich mir sicher, dass irgendwas anders ist. Und dass es wieder eines Informatikstudiums bedarf, es in den vorherigen Zustand zu versetzen, sofern überhaupt möglich. Schließlich zwingt man mich ja mittlerweile auch, Textbestandteile mit „Strg+U“ zu unterstreichen, was allein schon ausreicht, um mich annähernd in den Wahnsinn zu treiben.

Ich persönlich möchte den Urheber all dieser Verschlimmbesserungsideen ja gerne in Dantes neuntem Kreis der Hölle unterbringen und Spaß macht das alles irgendwie nicht mehr. Mittelfristig muss ich mal darüber nachdenken, ob ich meine Zeit nicht doch anders verschwenden kann. Werder-Spiele ansehen zum Beisp… okay, nein. Dann vielleicht Raufasertapeten anstarren und ihre Muster auswendig lernen? Ja, schon besser! Oder vielleicht Schach? Das Spiel soll ja gerade in Pandemiezeiten und begünstigt durch eine Netflix-Serie wieder auf dem Vormarsch sein. Und bei Schach sind wir eigentlich auch „schon“ beim Thema und wenden uns von meiner persönlichen Unbill ab und Zweigs Novelle zu.

Man schreibt den 21. Februar 1942: Stefan Zweig schickt die Typoskripte seiner „Schachnovelle“ an drei Verleger. Am folgenden Tag nimmt er sich zusammen mit seiner Frau in seinem brasilianischen Exil in Petropolis das Leben.

Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig und teils auch aus der Lektüre seiner Novelle zu erahnen, die erkennbar autobiografische Züge trägt. In dieser beschäftigt sich Zweig mit den Geschehnissen an Bord eines Passagierdampfers. Nach langwierigen Überredungsversuchen lässt sich der ansonsten eher unnahbare Schachweltmeister Centovic herab – gegen Bezahlung – gegen Passagiere Schach zu spielen. Eher zufällig kommt der „Dr. B“ vorbei und mischt sich intuitiv in die Partie ein. Es stellt sich heraus, dass es sich bei Dr. B. augenscheinlich um einen begnadeten Schachspieler handeln muss, den man letztlich allein gegen Centovic spielen lassen will.

Vor Beginn dieser Partie berichtet Dr. B. dem Erzähler, wie es zu seinen bemerkenswerten Schachkenntnissen gekommen ist und dieser Bericht bildet im Grunde das zentrale Element der Novelle. Er lässt sich kurz dahingehend zusammenfassen, dass Dr. B. durch Hitlers Schergen inhaftiert und in einem Hotelzimmer, als eine Art innovativer Foltermethode, weggesperrt und weitgehend sich selbst überlassen wurde. Und ein ganz kleines bisschen können wir derzeit ja alle nachempfinden, wie es sich anfühlt, wenn man weitegehend sich selbst überlassen wird und nirgendwo hin kann. Die einzige Ablenkung, die Dr. B. in seiner Einzelhaft zur Verfügung steht, das einzige Mittel, dessen er sich bedienen kann, um nicht dem Wahnsinn anheimzufallen, ist ausgerechnet ein Schachbuch, das er unbemerkt aus dem Mantel eines Soldaten stehlen konnte. Nun, Jahre später, kehren die Erinnerungen an diese Zeit, ausgelöst durch das Schachspiel gegen Centovic, mit aller Macht zurück.

Im Detail lässt sich über die „Schachnovelle“ tatsächlich wenig Erhellendes schreiben, ohne immensen Aufwand zu betreiben, den ich aber scheue. Ich könnte allenfalls darauf hinweisen, dass ich die Novelle stilistisch für äußerst gelungen halte und der sprachliche Aspekt neben dem überschaubaren Umfang niemanden überfordern dürfte, oder gar davon abhalten sollte, sich mit diesem Stück deutschsprachiger Lieteratur mal zu beschäftigen. Ich könnte auch – ebenfalls mit massivem Aufwand verbunden – intensiv in die Interpretationsebene einsteigen, und darauf hinweisen, dass beispielsweise der Schachweltmeister Centovic, der außer Schach eigentlich nichts kann oder weiß und im Umgang mit Menschen mindestens ungeschickt ist, mit seinem tumben, ausschließlich auf Siege beim Schach ausgerichteten Weltbild ebenso für die Nazis stehen dürfte wie der Industrielle McConnor, der vorrangig auf persönliches Gewinnstreben ausgelegt ist. Ich könnte es aber auch lassen, da ich meiner Leserschaft selbstredend eine gewisse Eigenleistung vollständig zutraue.

Ich belasse es daher dabei, kundzutun, dass mir persönlich die Lektüre ausgesprochen gut gefallen hat. Nicht nur, aber sicherlich auch, weil sie einen gewissen Anteil ihrer Wirkung aus den tragischen Umständen rund um ihren Verfasser bezieht.

Denn letztlich ist es der Hintergrund des immer weiter um sich greifenden Nationalsozialismus, der Stefan Zweig und seine Frau Lotte dazu bewogen haben wird, sich das Leben zu nehmen. Zweig konnte augenscheinlich nie wirklich gut mit der Tatsache umgehen, dass die Nazis ihn ins Exil trieben und so von allem, was sein bisheriges Leben ausgemacht hat, getrennt haben. Und letztlich fehlte beiden wohl auch der Glaube, dass sich an diesem Umstand nochmal irgendwann etwas ändern würde, so schreibt Zweig in seinem Abschiedsbrief an seine Freunde: „Ich grüsse alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.“

Wäre dieser allzu Ungeduldige nur etwas geduldiger gewesen oder hätte er gewusst, dass er bis zum Ende der Nazi-Diktatur „nur“ noch etwa drei Jahre hätte warten müssen – schließlich hatten beide bereits acht Exiljahre hinter sich -, vielleicht hätten sie sich dann anders entschieden.

Geblieben ist diese Novelle, die ich guten Gewissens wärmstens empfehlen kann und durchaus unter „sollte man mal gelesen haben“ einordnen würde.

Demnächst in diesem Blog: „Der Älteste“ von Peter Georgas-Frey.