Freitagsfragen # 53

paper-2655579_1920

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

wie kürzlich erwähnt, habe ich mir vorgenommen, meine eigentliche Blogpause regelmäßig durch die Beantwortung der Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog zu unterbrechen – praktisch so eine Art alternierendes Blog-Fasten. Die mehrtägige Verspätung wurde übrigens von Sonne sowie Benjamin Montferrat aka Stephan M. Rother bzw. dessen Buch „Der Turm der Welt“ verursacht. Ich werde berichten – irgendwann.

Die Fragen und Antworten lauten:

1.) Hast Du Dir einmal ein Theaterstück angeschaut? Welches war es?

Ich bin so überhaupt nicht der Theater-Typ. Ich habe es im Laufe der Zeit auf diverse Opern und einige Musicals geschafft, aber Theaterstücke – nee, nicht meine Welt. Ich meine mich erinnern zu können, zu Schulzeiten mal Borcherts „Draußen vor der Tür“ als Theaterstück gesehen zu haben. Auf Videokassette, wir hatten ja nichts. Das Stück selbst hat mir naturgemäß besser gefallen, als die Viedeoaufzeichnung von Mozarts Zauberflöte auf schwedisch mit englischen Untertiteln, von der unser Musiklehrer der Meinung war, er müsse sie uns zeigen.

Kurz: Theater und ich sind nicht wirklich kompatibel.

2.) Kann man mit Dir Pferde stehlen?

Das weiß ich nicht, ich habe das nie probiert. Im sportlichen Bereich bin ich ja eher schlecht und Pferde sind schon ziemlich schnell. Und Fluchttiere zudem. Und die meisten dürften gar nicht gestohlen werden wollen. Fraglich, ob man da eines dieser Tiere überhaupt habhaft würde. Und illegal wäre es ja auch noch.

Ja, is´ ja gut, ich ich höre schon auf. :-)

Ob man mit mir Pferde stehlen kann, hängt von der Bedeutung dieser Redewendung ab. Wenn damit gemeint ist, ob man sich auf mich verlassen kann, dann lautet die Antwort: eher ja. Wenn damit allerdings gemeint ist, dass man mit mir auch mal etwas Verrücktes, Außergewöhnliches und, vor allem, akut Spotanes machen kann, dann lautet die Antwort: definitiv nein. Ich bin staatlich geprüfter Bedenkenträger, derartiges Handeln ist mir fremd.

3.) Kannst Du gut lügen?

Ja!

Na gut, das war jetzt eine Lüge. :-)

Ich kann zwar behaupten, schon mal im Leben in Situationen gewesen zu sein, in der ich es für nötig hielt, die Wahrheit ein wenig zu beugen und das auch meist ohne, dass man mir auf die Schliche kam bzw. ohne die daraus resultierenden Folgen, allerdings tue ich das eigentlich nicht gerne und bin daher nicht ausreichend in Übung, um feststellen zu können, ob ich wirklich gut lügen kann.

Die Ausnahme bildet natürlich die kleine, sogenannte Notlüge, ohne die unser gemeinsames Miteinander aus meiner Sicht gar nicht möglich wäre, weil ansonsten alles nur in einem Hauen und Stechen und anschließendem Tal der Tränen enden würde. Wer diese Ansicht anzweifelt, möge mal versuchen, auf Notlügen zu verzichten.

4.) Die Wahl der Qual: ab heute auf Salz oder auf Zucker in allen Lebensmitteln verzichten?

Selten fiel mir die Beantwortung der vierten Frage so leicht: Ich verzichte lieber auf Zucker. Ich halte die Geschmacksrichtung süß für völlig überbewertet und könnte ohne Probleme drauf verzichten. Salzentzug dagegen würde ich im Bezug auf meine Person als barbarischen Akt empfinden.

 

Das war es auch schon wieder. Ich wünsche allseits einen schönen Wochenstart.

Gehabt euch wohl!

Werbung

Ach was solls, einer geht noch: Freitagsfragen #52

paper-2655579_1920

Hallo, liebe Leserinnen und Leser,

der Teil meiner Leserschaft, dessen Kurzzeitgedächtnis gut funktioniert, was auf – das setzte ich jetzt mal voraus – so ziemlich alle zutrifft, wird sich erinnern, dass ich erst kürzlich – so vor etwa vier Stunden – eine Blogpause verkündet habe, an der sich grundsätzlich, natürlich, auch erst mal nichts geändert hat. Aaaaber: Heute ist ja Freitag! Und da gibt es die Freitagsfragen im Brüllmausblog. Und die, ja, die mache ich tatsächlich ziemlich gerne, nach wie vor. Und ich habe mir sagen lassen, dass es Menschen gibt, die meine diesbezüglichen Beiträge auch recht gerne lesen, why ever. :-)

Darüber hinaus hatten wir heute im Büro einen quasi technischen Totalausfall, der sinnvolles Arbeiten weitgehend verhindert, der nicht mal einen home-office-Einsatz technisch möglich macht und der deswegen im verordneten Abfeiern von Überstunden endete, weil dieses Problem erst am Montag beseitigt sein wird. Ergo: Ich habe Zeit. :-)

Ich denke in der Tat auch gerade darüber nach, trotz meiner Blogpause, weiterhin die Freitagsfragen zu beantworten. „Hm, ist das nicht inkonsequent?“, wird sich ein Teil meiner geschätzten Leserschaft fragen, „eine Blogpause zu machen und trotzdem Beiträge zu schreiben?“. Nö, man macht einfach das, was man (noch) gerne tut und lässt den Teil weg, den man nicht mehr so gerne tut, das ist total konsequent! :-) Über den Begriff „Blogpause“ kann man dann gerne diskutieren. :-)

Außerdem, und das muss an dieser Stelle nochmal gesagt werden, gibt sich nickel schon seit geraumer Zeit viel Mühe mit den Freitagsfragen – lasst Euch mal 208 Fragen für 52 Ausgaben der Freitagsfragen einfallen – da habe ich mir gefälligst auch Mühe mit der Beantwortung zu geben. :-)

Nun, wie auch immer, taten wir zu Schreit, die Fragen und Antworten lauten:

1.) Kannst Du Dich anderen gut anvertrauen?

Jein. Also, manchmal vertraue ich mich – ich erwähnte das erst heute morgen – ja sogar meiner gesamten Leserschaft an, was mich dann doch ein wenig stört. Abgesehen davon beschränkt sich meine Fähigkeit, mich anderen Menschen anzuvertrauen, lediglich auf eine Handvoll Personen, die eben mein Vertrauen genießen – gut, ob sie es „genießen“, weiß ich nicht -, und denen ich Dinge anvertraue, die andere nichts angehen.

Aber manchmal

Argh: „Ihr PC wird durch Datenmüll ausgebremst*, verdammte Axt, wie ich Pop-Up-Fenster verabscheue! Ich sach Euch gleich mal, wo Ihr Euch Euren „Datenmüll“ hinstecken könnt …

manchmal also vertraue ich auch Menschen wesentlich mehr Dinge an, als ich eigentlich möchte. Gerade heute morgen hatte ich ein Gespräch mit einer Kollegin, bei dem ich mir anschließend dachte: „Warum erzähl ich der das? Ich kann sie nicht mal gut leiden, auch wenn sie offensichtlich gerade Kreide gefressen hat!“ :-)

Kurz: Ich vertraue mich eigentlich recht wenigen Menschen an, manchmal geht es aber mit mir durch. :-)

2.) Führst Du Tagebuch? Warum/ warum nicht?

Ich habe mal Tagebuch geführt. Da muss ich so etwa 15 gewesen sein. Und das habe ich sogar noch! Das, was da drinsteht, ist fürchterlich! Und das ist sogar noch eine Beleidigung des Wortes „fürchterlich“, es ist mehr als nur das. Ich könnte daraus jetzt zitieren, aber dann sind wir wieder bei Frage eins. Nein, das lassen wir mal schön bleiben, das behalte ich dann doch lieber für mich.

Erschreckend, mit was man sich mit 15 so beschäftigt …

3.) Was fandest Du als Kind am Erwachsensein toll, was sich als gar nicht so toll herausstellte?

Lange aufbleiben! Das fand ich damals immer super. Ins Bett gehen war eher nicht so meins. Schlaf an sich fand ich offensichtlich völlig überbewertet. Eltern mit Kindern werden es wissen, wie es ist, wenn der Stöpsel am Wochenende früh ins Elternschlafzimmer trampelt, weil er nicht mehr schlafen kann oder möchte und jetzt gefälligst bespaßt werden möchte. Und so war ich auch …

Heute könnte ich gerne so etwa 20 Stunden am Tag schlafen. Zum Beispiel jetZzzZzzZzz …

4.) Die Wahl der Qual: Einen Shitstorm auslösen oder völlig von der Internetwelt ignoriert werden?

Ha, gerade heute früh schrieb ich drüber, wie sich das (erhöhte) Ignorieren der Internetwelt so auf mich auswirkt. Deshalb nehme ich lieber den Shitstorm. Ich musste etwas Ähnliches erst kürzlich an anderer Stelle über mich ergehen lassen, als ich mich allein wegen der Verwendung von Heinz-Ehrhardt-Zitaten als „Sexist“ beschimpfen lassen musste. Nein, ich habe es auch nicht verstanden. Allein das gibt aber meiner Meinung Vorschub, dass in Zeiten – meiner Meinung nach! – fast schon zwanghafter political correctness ein wenig Entspannung gut täte.

Ich würde allerdings nie irgendwie polemisieren oder provozieren, nur um einen Shitstorm zu erreichen.

 

Nun denn, geneigte Leserschaft, damit verabschiede ich mich jetzt aber wirklich in die Pause. Mindestens bis nächsten Freitag … ;-)

Gehabt euch wohl!

Blogpause 2.0

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

obwohl, über das „Guten“ ließe sich streiten. Ich möchte eigentlich nur kurz erwähnen, dass ich mich erneut für eine Weile aus der Blogosphäre verabschiede, zumindest, was eigene Beiträge angeht. Lesen werde ich bei Euch weterhin. Ich bin wie die Cholera: Man wird mich einfach nicht los.! ;-)

Oh, war der jetzt eigentlich schon politisch unkorrekt? Ach, was solls!?

Gründe für meine Auszeit gibt es viele.

So habe ich, ja, zugegeben, zum wiederholten Male, den Kopf nicht frei genug, um sinnvoll und regelmäßig zu bloggen. Ich bin, was diesen Punkt angeht, auch schon mal recht freigiebig mit Informationen gewesen und habe mich hinterher immer darüber geärgert, dehalb gehe ich diesbezüglich heute nicht ins Detail. Eine Handvoll Eingeweihter weiß Bescheid, das muss reichen.

Zum Zweiten wäre da die Tatsache, dass ich momentan einfach keine Lust zum Bloggen habe. Beigetragen dazu hat, das gebe ich auch gerne zu, der Leserschwund der letzten Wochen. Man schreibt sich einen Wolf (pun intended), aber die Leser bleiben, bis auf einige treue Gefährten und Innen, aus. Das macht irgendwie keinen Spaß.

Darüber hinaus möchte ich auch endlich mal wieder ein Buch lesen, ohne Textstellen zu markieren, Post-Its zu benutzen und mir dauern während der Lektüre zu denken, was und wie ich darüber schreiben kann. Einfach nur lesen um des Lesens Willen.

Außerdem quäle ich mich gerade ernsthaft durch ein sehr, sehr schlechtes Buch – ein seeehr schlechtes! – nur, um mal wieder einen handfesten rant, oder ohne Angliszismus, einen Verriss zu schreiben und so frug ich mich dann gestern Abend: „Was tue ich mir hier eigentlich an?“

Deshalb mache ich mal eine Weile nichts. Das kann nur eine Woche sein, oder auch zwei. Oder einen Monat. Oder sechs. Oder wie lange auch immer. Sollte ich mein Tun ganz einstellen, werde ich es kundtun. Bis dahin: Nicht entfolgen! ;-)

Gehabt euch wohl!

Freitagsfragen #51

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

ich habe die gestrigen Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog mitnichten vergessen, ich saß nur gestern schon recht früh am Rechner und, nun ja, zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine solchen, also dachte ich mir: „Ach, schreibste halt die für demnächst geplante (und von der Öffentlichkeit übrigens weitgehend unbeachtete – wie auch die davor, und die davor) Rezension.“ Gesagt, getan.

Später – eigentlich so ziemlich zeitgleich – kamen sie dann doch noch, die Freitagfragen. Da ich aber aus Prinzip keine zwei Beiträge pro Tag schreibe bzw. veröffentliche, mussten sie bis heute warten.

Genug der Vorrede, legen wir los. Die Fragen und Antworten lauten:

1.) Wenn es Warnhinweise für Menschen gäbe, wie lautete Deiner?

Oh, momentan müsste das eher eine Art Beipackzettel in 214 Sprachen und mit ca. 16.000 Seiten sein. Ich hatte bzw. habe eine Woche, in der ich quasi nur aus Zündschnur bestehe. Mich regen derzeit halt einfach viel zu viele Dinge auf. WordPress zum Beispiel. Entweder WordPress ist defekt oder aber die DSGVO hat die Blogosphäre tatsächlich dermaßen leergefegt, dass man in diesem Fall nur „Danke, Brüssel!“ sagen kann, wiewohl ich ansonsten bekennender Fan der EU bin, die ich für die beste Erfindung der Menschheit seit ´45 halte.

Und ich bin auch beileibe kein Zahlenmensch und die Statistik von WordPress war mir immer, nun ja, nicht egal, aber sie spielte eine untergeordnete Rolle. Wenn ich aber berücksichtige, dass ich in diesem gerade zur Hälfte vergangenen Monat bereits einen – mit diesem hier zwei – Beiträge mehr geschrieben habe als im gesamten Vormonat, und ich das dann in Relation zu den Aufrufzahlen setze, dann kann ich nur zu zwei Schlussfolgerungen kommen: Entweder ich kann nicht mehr halbwegs vernünftig schreiben oder aber WordPress ist defekt.

An dieser Stelle ein Dank an die verbliebene treue Leserschaft.

2.) Was lief in dieser Woche richtig gut?

Hätte ich diese Frage bis gestern Nachmittag beantworten müssen, hätte ich mit ziemlicher Sicherheit gesagt: „Eigentlich nix!“ Nun hatte ich mich aber für gestern Nachmittag bei einer ganz zauberhaften Person zum Kaffee eingeladen, die wiederum für die Anwesenheit einer ganz anderen sehr zauberhaften Person sorgte, deren Anwesenheit mir noch in der letzten Woche – wiewohl geplant – versagt blieb. Hach ja, schön war´s. *seufz*

3.) Was sollte ein Besucher Deiner Heimatstadt (oder einer Stadt Deiner Wahl, falls Du Deine Heimatstadt nicht preisgeben möchtest) unbedingt gesehen haben?

Ich wohne quasi mittig zwischen zwei Mittelzentren, deren Besuch ich jedem anraten würde. Da gibt es unter anderem schöne Bauwerke der Weserrennaissance und vieles andere zu bestaunen. Hier in meiner Stadt – da gibt es relativ wenig. Die Stiftskirche, in Teilen schon seit etwa 800 Jahren hier und mit immerhin fünf Giebeln über dem Seitenschiff, könnte man sich mal ansehen. Und im hiesigen Steinbruch gibt es immer wieder mal spannende Dinosaurier-Spuren zu betrachten, wer also Kinder, vermutlich vorzugsweise Jungs, in ihrer Dinosaurier-Phase hat, der käme auch auf seine Kosten. Ansonsten, würde ich spontan sagen, gibt es nix, da müsste man schon in die eingangs erwähnten Mittelzentren ausweichen.

4.) Die Wahl der Qual: Schlüssel oder Handy zuhause vergessen?

Handy! Den Schlüssel zu vergessen, kann sehr, sehr teuer werden. Schlüsseldienste sind in den allermeisten Fällen die Raubritter unserer Zeit. Abgesehen davon weiß ich aus eigener Erfahrung, vorzugsweise am Wochenende, wie entspannend es sein kann, sein Handy nicht dauernd um sich zu haben.

 

Nun denn, geneigte Leserschaft, das war es auch schon wieder. Ich spiele ob der wenigen Stunden Schlafs in der letzten Nacht durchaus mit dem Gedanken, ein „Matchbox Twenty“-Album einzuwerfen um damit noch mal ein Stündchen wegzupennen, bis ich mich aber entschieden habe, wünsche ich schon mal ein schönes Wochenende und:

Gehabt euch wohl!

 

„Die Blausteinkriege III – Der verborgenen Turm“ von T.S. Orgel – Keine Gefangenen

Buch: „Die Blausteinkriege III –  Der verborgene Turm“

Autor: T.S. Orgel

Verlag: Heyne

Ausgabe: Broschiert, 638 Seiten

Die Autoren: Hinter dem Pseudonym T. S. Orgel stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann beschäftigt, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in phantastische Welten. Nach einer Reihe von Kurzgeschichten und elektronischen Veröffentlichungen erschien 2012 ihr erster gemeinsamer Roman Orks vs. Zwerge, für den sie im Oktober 2013 den Deutschen Phantastik Preis für das beste deutschsprachige Debüt erhielten. (Quelle: Heyne)

Das Buch: Im Kaiserreich Berun ist nichts mehr so, wie es war. In der Hauptstadt haben sich die Fürsten versammelt, um den anrückenden Kolnorern entgegenzutreten – umsonst. Es ist längst zu spät, der Feind ist bereits mitten unter ihnen. Sogar das Protektorat Macouban ist mittlerweile vollständig von den Hexern der Huacoun und ihren Vasallen besetzt. Allein Xari, Ordensritter Cunrad und die Schildbrecher stehen ihnen entgegen. Doch die Wahrheit ist noch viel schrecklicher. Denn während das Reich im Krieg versinkt, erwachen uralte Kräfte, und das Ende der Welt steht bevor … (Quelle: Heyne)

Fazit: Eingangs sei zur Sicherheit erwähnt, dass es sich bei „Die Blausteinkriege III – Der verborgene Turm“, der Titel impliziert es, um den dritten Teil einer Fantasy-Trilogie handelt. Insofern können in meiner Rezension mal wieder Spuren von Spoilern enthalten sein, auch wenn ich natürlich versuche, sie zu vermeiden.

Dass „Der verborgene Turm“ der Abschlussband einer Trilogie ist, merkt man dem Buch in mehrfacher Hinsicht deutlich an. Die Autoren lassen nur wenig so, wie es ist, machen vieles anders und drehen deutlich an der Action-Schraube.

Naturgemäß weitgehend unverändert ist der Stil des Buches. Sie schreiben weiterhin nicht sonderlich elaboriert, dafür aber sehr lesbar und bildhaft. Der unkomplizierte Schreibstil bedeutet auch, dass man zwischendurch durch Formulierungen wie „er flog irgendwo gegen“ – was ich als sprachlich holprig empfinde – durch muss, aber die Art in der die Brüder Tom und Stephan Orgel ihre Bücher verfasst haben, sollte dafür niemanden überfordern.Und außerdem sind wir hier nicht bei J. R.R. Tolkien. Auch ihren Sinn für Humor haben sich die Autoren im Abschlussband bewahrt. Auch wenn ich im Gegensatz zu den im zweiten Teil gefundenen Zitaten aus „Rambo III“ und „Fallout“ diesmal nur eines gefunden habe, nämlich ein sinngemäßes aus „Star Wars“ über „ein ganz mieses Gefühl“. :-)

Den Humor übertragen sie auch auf ihre Charaktere, was im dritten Teil der Trilogie ein eher überraschendes Problem für mich darstellte. In den ersten beiden Teilen bestach vor allem Marten – mit Abstrichen auch Danil – durch seine humorvolle, sarkastische, manchmal fatalistische Art. Nun haben die Autoren offensichtlich beschlossen, diesen Wesenszug auch auf andere Charaktere zu übertragen, jedenfalls habe ich das Gefühl, dass in Teil III plötzlich mehrere Charaktere irgendwie geistreich und/oder witzig sein wollen oder sollen. Das mag ein persönlicher Eindruck sein, gestört hat es mich dennoch.

Allerdings habe ich bezüglich der Charaktere noch ein weiteres Problem. Wer schon mal eine Fantasy-Trilogie gelesen hat, der weiß, dass im Normalfall nicht alle der Charaktere auch das Ende des Buches erleben. Und es verhält sich hier – und nein, das ist kein Spoiler – natürlich auch nicht anders. Das ist auch völlig okay – wobei ich mit einer Personalentscheidung aus Teil II immer noch nicht zufrieden bin und bis Ende des dritten Teils vergeblich auf einen erst kürzlich schon beschriebenen „Bobby-Ewing-unter-der-Dusche“-Moment (die Älteren werden sich erinnern) gewartet habe, leider vergeblich – und das trägt auch zur Glaubwürdigkeit des Handlungsrahmens bei, wenn nicht alle zu Beginn vorhandenen Personen am Ende des Abschlussteils ein Happy End mit im Hintergrund tanzenden Weihnachtselfen feiern, aaaaber: Hier übertreiben die Autoren meines Erachtens ein wenig.

Keiner der Charaktere kann sich seines Lebens sicher sein, manche werden spektakulär, manche eher beiläufig aus der Geschichte verwiesen. Das Ganze las sich ein bisschen so, als hätten die Autoren ein von Gene Roddenberry und George R. R. Martin geleitetes Seminar mit dem Thema „Wie schreibe ich Figuren raus?“ besucht und sich dann sklavisch an das Gelernte gehalten.

Dabei können die Charaktere – zumindest bis zu ihrem umfreiwilligen Ableben – quasi ausnahmslos überzeugen, sogar mit Sara habe ich zu großen Teilen meinen Frieden gemacht, deren anfängliche Entwicklung vom unschuldigen Mädchen zur personifizierten Rachegöttin mir einfach zu schnell ging. Im Abschlussband wirkte sie auf mich deutlich menschlicher als in den ersten beiden Büchern. Dass sie sich hackedicht dem Mann in die Arme wirft, der sie zuvor sträflich verleugnet und hintergangen hat – geschenkt.

Auch im Bereich der Handlung machen die Brüder Orgel einiges anders. Das Herausschreiben der Charaktere deutet schon darauf hin: „Der verborgene Turm“ ist ein Action-Feuerwerk allererster Kajüte. Ein bisschen so, als hätte man sich an den ersten 20 Minuten von „Der Soldat James Ryan“ orientiert. Es gibt deutlich mehr Kämpfe, Schlachten, Tod, Blut und Innereien. Band III ist im Gegensatz zu seinen Vorgängern deutlich grausamer. Nicht so grausam wie die Tatsache, dass heute das neue Album von Rick Astley erschienen ist – der Typ mit der Föhnwelle aus den 80ern, dessen Platten schneller abgespielt wie Kylie Minogue klangen – aber eben doch deutlich härter.

Mir persönlich machte das allerdings wenig aus, da ich der Meinung bin, dass ein solches Actionfeuerwerk genau das ist, was die „Blausteinkriege“-Reihe zu ihrem Abschluss gebraucht hat.

Abseits der Gewaltspirale kann die Handlung ebenfalls überzeugen, manche Geschehnisse erscheinen zwar arg zufällig und gewollt, beispielsweise, wenn mehrere für die weitere Handlung nicht unerhebliche Figuren mitten in der eisigen Einöde durch Zufall aufeinandertreffen, aber insgesamt kann ich mich nicht beschweren. Die einzelnen Handlungsstränge werden überzeugend miteinander verknüpft und führen zu einem Ende, … – über das ich natürlich nichts erzähle.

Es sei übrigens noch gesagt, dass ich eigentlich fast nie auf Cover oder sonstige Gestaltung eines Buches eingehe – und wenn ich es doch tue, spricht es meistens nicht für das Buch („wenigstens war das Cover hübsch“) – weil ich finde, dass so etwas absolut null über das Buch aussagt und ich, nur als Beispiel, auch nicht die wunderschöne rot-weiße Tischdekoration des italienischen Restaurants um die Ecke loben würde, wenn ich mir dort eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hätte. In diesem Fall muss ich es aber doch tun, denn alle drei Teile sind optisch wunderbar gestaltet und auch haptisch ein Erlebnis. Ein Hoch auf den für die Covergestaltung verantwortlichen Franz Vohwinkel!

Abschließend sei gesagt: Wer mal wieder eine deutsche Fantasy-Trilogie lesen möchte, die mit einem ungewöhnlichen Handlungsrahmen, einer spannenden Handlung, weitgehend überzeugenden und teils verschrobenen Charakteren und einem sehr lesbaren Stil aufwartet, der ist bei „Die Blausteinkriege“ an der richtigen Adresse.

Wertung:

Handlung: 8,5

Charaktere: 9 von 10 Punkten

Stil: 8 von 10 Punkten

Atmosphäre: 9 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,625 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Vor dem Fall“ von Noah Hawley.

„Projekt Epilog“ von Peter Georgas-Frey – Rasanter Abschluss

Buch: „Projekt Epilog“

Autor: Peter Georgas-Frey

Verlag: Selbstverlag

Ausgabe: Taschenbuch, 423 Seiten

Der Autor: Peter Georgas-Frey ist ein 1970 geborener Autor, der mit seiner Familie seit 1999 am schönen Bodensee lebt. Er veröffentlichte bereits Erzählungen und Gedichte wie „Als Paolos Hände reden lernten“, „Soantà“ und „Zeitspuren“ sowie den Roman „Die Revolte“.

Wer mehr über den Autor und seine Bücher erfahren möchte, dem sei der Besuch seines sehr lesenswerten Blogs „literaturfrey“ empfohlen. Wer das nicht möchte, dem sei ein dortiger Besuch ebenfalls empfohlen!

Das Buch: Bei „Projekt Epilog“ handelt es sich um den dritten Teil einer Trilogie, die mit „Die Heimkehr“ begonnen und mit „Die Rückkehr“ fortgesetzt wurde, insofern können Inhaltsangabe und Rezension Spuren von Spoilern enthalten.

Wer übernimmt die Macht? Nach der vergeblichen Rettungsaktion der Aurumer scheint es, als sie ihre Geschichte auf der Erde beendet. Ist das so? Ist Chronos tot? Was wurde aus Apate? Kann der „Club“ die Macht an sich reißen, da das Machtgeflecht der Aurumer zerstört ist? Oder übernimmt Präsident Loosvelt die Führung der Welt?

Zwei Jahre stellt niemand Fragen, bis Winslow Peck einen Auftrag erhält. (Quelle: Klappentext)

Fazit: Einer der schönsten Nebeneffekte am Bloggen an sich ist meiner Meinung nach, dass man früher oder später auf ganz zauberhafte Menschen trifft, in diesem Fall auf den sympathischen Zeitgenossen Peter Georgas-Frey, seines Zeichens Autor und Blogger – oder umgekehrt – dessen Blog und literarisches Schaffen ich nun schon eine ganze Weile verfolge. An dieser Stelle, lieber Peter, meinen herzlichsten Dank für das Übersenden des Rezensionsexemplars.

Der Einstieg in den dritten Teil der Trilogie um die außerirdischen Aurumer gelingt, insbesondere aufgrund des zu Beginn eingefügten Rückblicks auf die ersten beiden Teile, problemlos. Durch den Rückblick ist es meiner Meinung nach auch möglich, den Abschluss der Trilogie zu lesen und zu verstehen, wenn man die ersten beiden Teile nicht gelesen hat. Naturgemäß muss ich von solch absonderlichem Tun – dem Lesen eines Trilogie-Abschlusses ohne Kenntnis der anderen Teile – allerdings abraten und dementsprechend der möglicherweise noch unkundigen Leserschaft zuraten, sich erst mit den ersten beiden Teilen zu beschäftigen.

Bereits der zweite Teil hat mir im Vergleich zum ersten besser gefallen und diese Entwicklung setzt sich glücklicherweise fort, „Projekt Epilog“ ist meiner Meinung nach der beste der drei Teile.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es nichts zu kritisieren gäbe. So werde ich mit der Namensgebung einiger Charaktere einfach nicht warm. Berühmte Persönlichkeiten weichen mit ihrem Namen nur unwesentlich von realen Vorbildern ab, so gibt es beispielsweise den Präsidenten Loosvelt oder die Wirtschaftsgrößen Dezos und Rusk. Das kann man machen und irgendwann hätte ich mich auch daran gewöhnt, mein Problem ist nur, dass es nicht konsequent durchgezogen wurde, denn, nur als eines von mehreren anführbaren Beispielen, der kurz erwähnte „Whistleblower“ Edward Snowden wird namentlich nicht verfremdet. So ganz nachvollziehen konnte ich das nicht.

Positiv dagegen zu erwähnen sind die Charaktere. Hatte ich zu Beginn des Dreiteilers noch so meine Probleme mit den meisten von ihnen, weil ich mir einfach mehr diesbezügliche Tiefe gewünscht hätte, so kann ich bei „Projekt Epilog“ nicht mehr viel meckern. Insbesondere die Agentin Rosenblum hat es mir angetan. Speziell herauszuheben ist in diesem Bereich aber Apate, die im Laufe der Zeit doch eine sehr überraschende aber auch nachvollziehbare Entwicklung durchmacht, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Auch wenn ich sie im Grunde meines Herzens immer noch für ein intrigantes Miststück halte …

Stilistisch fügt sich „Projekt Epilog“ gut in die Reihe ein. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von etwa einem Monat und wird vom Autor in relativ kurzen Kapiteln und in meist kurzen, knappen und prägnanten Sätzen erzählt. Ein bisschen erinnert das an die Erzählweise von Ferdinand von Schirach, nur in gut und ohne den offensichtlichen Zwang, Hauptsatz an Hauptsatz reihen zu müssen. Dabei zieht das Tempo im Vergleich zu den Vorgängern nochmals deutlich an, was mir ebenfalls gut gefiel. Erwähnen muss ich allerdings so ein oder zwei Wort-, Komma- oder Kasus-Stolperer, über die ich aber insgesamt großzügig hinweggelesen habe. ;-)

Eindeutig im Vordergrund steht allerdings erneut die Geschichte. Die Ausgangslage nach Band 2 bietet die Möglichkeit, die Handlung aus Sicht der unterschiedlichsten Interessengruppen zu schildern, wovon der Autor natürlich auch Gebrauch macht, ohne, dass der Leser hier den Überblick verliert. Die Handlung überzeugt durch Spannung und, wie eben schon erwähnt, durch hohes Tempo und hat mich im Vergleich zu den ersten beiden Büchern am besten unterhalten.

Darüber hinaus bot sie für mich immer wieder Anlass, verschiedenste Schauplätze oder andere, manchmal nur nebenbei erwähnte Dinge zu googeln. So weiß ich mittlerweile viel mehr über, beispielsweise, das „Newspaper Rock State Historic Monument“ oder das „Camp Century“.

Abschließend bleibt also festzuhalten, dass der dritte Teil der Aurumer-Trilogie der beste der drei Teile ist, die Trilogie mit „Projekt Epilog“ einen würdigen Abschluss erhalten hat und ich nur empfehlen kann, sich der Trilogie zuzuwenden.

Während der zweite Teil nur so nach einer Fortsetzung schrie, fürchte ich, dass die Handlung mit „Projekt Epilog“ tatsächlich auserzählt ist, es sei denn, der Autor lässt sich noch einen „Bobby-Ewing-unter-der-Dusche“-Kniff einfallen. Allein, mir fehlt der Glaube, denn eigentlich wurden alle Fragen beantwortet.

Nun, alle, bis auf eine, nämlich die Frage, wie sich 341 Einwohner auf 525 Haushalte verteilen … ;-)

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Charaktere: 8,5 von 10 Punkten

Stil: 8,5 von 10 Punkten

Spannung: 9 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,75 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Die Blausteinkriege III“ von T.S. Orgel.

„Slade House“ von David Mitchell – Der literarische Querverweis

Buch: „Slade House“

Autor: David Mitchell

Verlag: Rowohlt

Ausgabe: Hardcover

Der Autor: David Mitchell ist ein 1969 in Southport, Lancaster, geborener britischer Schriftsteller. Er studierte an der University of Kent Englisch und Amerikanische Literatur und und erhielt den M.A. in Komparatistik. Nach seinem Studium war er unter anderem als Lehrer auf Sizilien und an der Universität Hiroshima in Japan tätig.

Mitchell begann seine literarische Karriere mit seinem 1999 erschienen Erstlingsroman „Ghostwritten“. Im Jahr 2004 erschien sein bislang wohl bekanntester Roman „Cloud Atlas“ (dt. „Der Wolkenatlas“). Dieser wurde im Jahr 2012 von Tom Tykwer und Lana und Lilly Wachowski verfilmt.

Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im irischen Clonakilty.

Das Buch: Geh die Slade Alley hinunter – schmal, feucht und leicht zu verfehlen, selbst wenn du sie suchst. Finde das kleine schwarze Eisentor in der Mauer zur Rechten. Keine Klinke, kein Schlüsselloch, aber wenn du es berührst, schwingt es auf. Tritt in den sonnendurchfluteten Garten eines alten Hauses, das dort unpassend wirkt: zu nobel für die schäbige Nachbarschaft, irgendwie zu groß für das Grundstück. Ein Fremder begrüßt dich und führt dich hinein. Zunächst möchtest du gar nicht mehr fort. Dann merkst du, dass du es nicht mehr kannst. Denn alle neun Jahre, am letzten Sonntag im Oktober, wird ein „Gast“ ins Slade House eingeladen. Doch warum wurde er oder sie ausgewählt, von wem und zu welchem Zweck? Die Antwort findet sich dort am hinteren Ende des Flurs, oben am Absatz der Treppe. (Quelle: Rowohlt)

Fazit: Vor einigen Jahren las ich erstmals nichtsahnend Mitchells „Der Wolkenatlas“ – und war schlichtweg begeistert. Zu erleben, wie kunstvoll der Autor die einzelnen Abschnitte seines Romans ineinander verschachtelte und miteinander verwob, war eine gänzlich neue Erfahrung für mich. Flugs war der Entschluss gefasst, sich auch mit den anderen Büchern des Schriftstellers zu befassen, weshalb ich mittlerweile blind zu jeder Neuerscheinung Mitchells greife, so nun eben auch zu „Slade House“.

Mit seinem neuen Roman hat der Autor eine Art, nun, man könnte es „Prequel“ nennen, wenn man wollte, was ich nicht will, man könnte es auch „Vorgeschichte“ nennen, wenn das denn sachlich richtig wäre – sagen wir einfach, mit seinem neuen Roman hat der Autor ein inhaltlich mit seinem 2016 erschienenen „Die Knochenuhren“ zusammenhängendes Buch geschrieben.

Jetzt weiß ich es: Spin-off! Ja, so etwas heißt heute Spin-off!

Wenn man über Mitchell-Romane schreibt, dann muss man für gewöhnlich einige Worte über deren äußere Form verlieren und das ist auch bei „Slade House“ nicht anders. Der Autor teilt seinen Roman in fünf Abschnitte ein. Jeder dieser Abschnitte hat seinen eigenen Protagonisten und spielt im Abstand von neun Jahren, beginnend 1979.

Naturgemäß bauen die Abschnitte inhaltlich aufeinander auf, so begleitet man im ersten Kapitel beispielsweise den jungen Nathan und seine Mutter und im zweiten den Polizisten Gordon Edmonds, der sich neun Jahre später auf die Suche nach dem verschwundenen Nathan und dessen Mutter macht usw.

Neu ist diese Art des, sagen wir mal, ineinander verschachtelten Aufbaus nicht, im Grunde genommen ist dieser Aufbau sogar charakteristisch für Mitchells Bücher, ich gebe aber zu, davon wohl nie genug bekommen zu können. Darüber hinaus nimmt Mitchell in seinen Büchern häufig Bezug auf seine anderen Werke. So erinnere ich mich noch lebhaft an den Moment, in dem mir in „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“ ein inhaltlicher Querverweise zu „Der Wolkenatlas“ auffiel. Ich erinnere mich ebenso, das ganz fantastisch und irgendwie ein bisschen gruselig gefunden zu haben. Die Querverweise in „Slade House“ sind dagegen eindeutiger und augenfälliger. Mitchell vertieft darin die Hintergrundgeschichte rund um die in „Die Knochenuhren“ beschriebenen Anachoreten. Allerdings, jedenfalls nehme ich das an, funktioniert „Slade House“ auch gut, wenn man das Buch, auf das es Bezug nimmt, nicht gelesen hat.

Bei einem Umfang von gerade mal etwa 240 Seiten sollte man annehmen, dass Mitchell kein Raum blieb, um wirklich erinnerungsürdige Charaktere zu entwickeln. Und in gewisser Weise stimmt das auch, nämlich in der Hinsicht, dass man sich an keine Charaktere gewöhnen kann und sollte, und dementsprechend mittelfristig vielleicht die Erinnerung an sie schwerfällt. Dennoch schafft es der Autor, trotz des begrenzten Umfangs des Buches, in nur wenigen Sätzen den gesamten Mikrokosmos, in dem sich seine Figuren bewegen, zu beschreiben. So erfährt man beispielsweise beinahe nebenbei, dass Nathans Mutter sich Valiumtabletten einwirft, an denen der Junge sich auch ganz gerne bedient, dass ein Vater bzw. Ehemann nicht vorhanden zu sein scheint, die als Pianistin tätige Mutter derzeit ohne Job ist und also die Lebensumstände von Mutter und Sohn alles andere als rosig sind.

Inhaltlich kann ich natürlich nicht viel verraten, weil jedes Wort zu viel dem Buch gänzlich den Reiz nehmen würde. Ich kann nur sagen, dass der Leser dem Geheimnis rund um das „Slade House“ Abschnitt für Abschnitt näher kommt, ähnlich einer Matrjoschka, und das, ja, das macht wirklich Spaß.

Bleibt nur zu hoffen, dass Mitchell schon sehr bald wieder einen weiteren Roman schreibt, dann gerne wieder mit etwas größerem Umfang. Aber das Schreibtempo des amerikanischen Schriftstellers, hach … In der Zeit, in der Mitchell zwei Romane veröffentlicht, veröffentlich James Patterson, bei allem Respekt, etwa 38, aber der hat auch bis zu sieben Co-Autoren. Vielleicht sollte Mitchell darüber auch mal nachdenken. Wobei, besser nicht. Dann warte ich lieber. Und seine Bücher „Number 9 Dream“ und „Der dreizehnte Monat“ habe ich schließlich, in weiser Voraussicht, auch noch nicht gelesen. Damit lässt sich die Wartezeit wohl überbrücken. Dennoch: Sieh zu, David!

Ach, bevor ich es vergesse: Falls jemand „Slade House“ schon gelesen hat und mir das Motiv des in jedem Kapitel kurz auftauchenden Joggers in schwarz-oranger Kleidung erklären könnte, wäre ich sehr begeistert. Mir ist es aufgefallen, aber begriffen habe ich es nicht. :-)

Wertung:

Handlung: 8,5 von 10 Punkten

Stil: 10 von 10 Punkten

Charaktere: 9 von 10 Punkten

Aufbau und Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 9,375 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Projekt Epilog“ von Peter Georgas-Frey.

Freitagsfragen #50

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

die Freitagsfragen aus dem Brüllmausblog gehen in ihre fünfzigste Runde und ich gehe natürlich mit. Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten starten wir ohne große Vorrede. Die Fragen und Antworten lauten:

1.) Sprichst Du Fremdsprachen?

Hm, they tried to teach me french, but they failed!

Mit anderen Worten: Ja, aber meine Fremdsprachenkenntnisse beschränken sich im Wesentlichen auf die englische Sprache. Mangels regelmäßiger Nutzung der selben habe ich allerdings manchmal den Eindruck, als wäre mein Englisch etwas eingerostet. Zwar reicht es noch, 99 % der inhaltlich und qualitativ überschaubaren Radio-Songs zu übersetzen, allerdings würde ich beispielsweise nie ein Buch in seiner englischen Originalausgabe lesen.

Ich erinnere mich in dem Zusammenhang an eine Äußerung einer ganz zauberhaften Person, die zu ihrem Versuch George R. R. Martins „A Song of Ice and Fire“ im englischen Original zu lesen sinngemäß sagte: „Ich hätte nie gedacht, wie viele unterschiedliche Begriffe es im Englischen für „Pferd“ gibt. Irgendwann bin ich dazu übergegangen, jedes Wort, das ich nicht kannte, der Einfachheit halber mit „Pferd“ zu übersetzen, ob das nun in den Kontext passte, oder nicht!“ :-)

Fundiertere Fremdsprachenkenntnisse hätten mir allerdings nachweislich ganz andere berufliche Perspektiven eröffnet. So saß ich vor vielen, vielen, viiiielen Jahren im Jobcenter und meine Sachbearbeiterin erkundigte sich nach meinen Fremdsprachenkenntnissen.

„Wir suchen nämlich Übersetzer“, sagte sie.

„Hm, also Englisch beherrsche ich. Französisch nur noch rudimentär. Ob das allerdings für eine Übersetzertätigkeit reicht …“, merkte ich kritisch an.

„Wie siehts denn mit ihrem Arabisch aus?“, hakte sie nach.

Ich musste innerlich kichern, bis mir bewusst wurde, dass sie das durchaus ernst meinte. Ich musste dann leider passen und dieser berufliche Weg wurde nicht weiter verfolgt.

2.) Worauf kannst Du in Deinem Alltag gar nicht verzichten?

In willkürlicher Reihenfolge: Auf die mir nahestenden Menschen, auf Kaffee, die Tageszeitung, die Nachrichten, Bücher, PC und vieles mehr.

Wobei, ich könnte wahrscheinlich auf einiges davon verzichten, ich würde es aber nicht wollen.

3.) Wissenschaftler haben es geschafft, den Mars sicher kolonisieren zu können. Sie suchten 50 Menschen gewissenhaft aus und Du bist einer davon. Gehst Du mit?

Moment, die NASA – nehmen wir einfach mal an, die wäre dafür verantwortlich – kolonisiert den Mars, sucht „gewissenhaft“ Menschen dafür aus und bei nur 50 ausgewählten Personen soll ich einer davon sein? Schwer vorstellbar, so verzweifelt ist nicht mal die NASA. Außerdem habe ich eine gewisse Flugangst. Und große Höhen sind jetzt auch nicht so meins.

Aber gut, nehmen wir mal an, ich wäre dabei. Dann müsste ich zwei Dinge wissen. Erstens: Kann ich jemanden mitnehmen, auch wenn das das 50-Personen-Kontingent weiter belastet? Wenn nicht, bleibe ich hier! Und zweitens: Was mache ich denn dann dort? So beruflich, meine ich. Das selbe wie hier? Auch dann gilt: Dann bleibe ich hier!

Lediglich, falls man jemanden bräuchte, der eine Art Logbuch führt, da wäre ich möglicherweise der Richtige.

Außerdem bin ich eher nicht der Risiko-Typ, mehr so ein Beta-Männchen. Während die Alpha-Männchen mit der Keule in der Hand das Nachbardorf überfallen, bleiben die Beta-Männchen zu Hause und kümmern sich um die zu erwartenden Witwen. ;-)

Also, kurz gesagt: Nein, das wäre eher nichts für mich.

4.) Die Wahl der Qual: Schreckliche Albträume oder gar kein Schlaf?

Gar kein Schlaf soll der Gesundheit ja eher abträglich sein, also entscheide ich mich lieber für die Albträume. Außerdem soll Stephen King mal sinngemäß gesagt haben, dass er schon als Kind eine rege Fantasie und schlechte Träume gehabt habe, die er irgendwann begann, aufzuschreiben. Vielleicht würden mir diese Albträume also mittelfristig sogar helfen, einen Bestseller zu schreiben, wer weiß!?

 

Das war es auch schon wieder, geneigte Leserschaft. Ich stürze mich jetzt in mein Tagwerk und werde anschließend, wie es sich für mich als Entscheidungsneurotiker geziemt, vermutlich so vier bis sechs Stunden mit der Frage verbringen, was ich denn heute so lese.

Ich wünsche allseits einen entspannten Freitag und einen anschließenden guten Start in ein hoffentlich schönes Wochenende.

Gehabt euch wohl.

„Lincoln im Bardo“ von George Saunders – Ich sehe tote Menschen

Buch: „Lincoln im Bardo“

Autor: George Saunders

Verlag: Luchterhand

Ausgabe: Hardcover

Der Autor: George Saunders wurde 1958 in Amarillo, Texas, geboren und kam erst auf Umwegen zur Literatur. Er studierte Geophysik, arbeitete auf den Ölfeldern in Sumatra und schlug sich nach seiner Rückkehr als Türsteher, Dachdecker und Schlachthausgehilfe durch, bevor er Literatur studierte. Inzwischen hat er mehrere Bände mit Kurzgeschichten, einen Essayband und ein Kinderbuch veröffentlicht, lehrt Creative Writing an der Syracuse University und wurde u.a. 2006 mit dem MacArthur „Genius Grant“ und dem Guggenheim Fellowship, 2009 mit dem Academy Award der American Academy of Arts and Letters ausgezeichnet, erhielt 2013 den PEN/Malamud Award und 2014 den Folio Prize. George Saunders gilt als einer der besten Shortstory-Autoren der Gegenwart und neben David Foster Wallace als einer der bedeutendsten modernen Autoren Amerikas. Er lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Oneonta, New York. Das Echo auf seinen ersten Roman »Lincoln im Bardo« war überwältigend: Man Booker Prize 2017, New York Times-Nr.1-Bestseller, SWR-Bestenliste PLatz 1 und Spiegel-Bestseller. (Quelle: Random House)

Das Buch: Während des amerikanischen Bürgerkriegs stirbt Präsident Lincolns geliebter Sohn Willie mit elf Jahren. Laut Zeitungsberichten suchte der trauernde Vater allein das Grabmal auf, um seinen Sohn noch einmal in den Armen zu halten. (…)

Im Laufe dieser Nacht, in der Abraham Lincoln von seinem Sohn Abschied nimmt, werden die Gespenster wach, die Geister der Toten auf dem Friedhof, aber auch die der Geschichte und der Literatur, reale wie erfundene, und mischen sich ein. Denn Willie Lincoln befindet sich im Zwischenreich zwischen Diesseits und Jenseits, in tibetischer Tradition Bardo genannt, und auf dem Friedhof in Georgetown entbrennt ein furioser Streit um die Seele des Jungen, ein vielstimmiger Chor, der in die eine große Frage mündet: Warum lieben wir überhaupt, wenn wir doch wissen, dass alles zu Ende gehen muss? (Quelle: Random House)

Fazit: Dass ich mal die eigentlich geplante Besprechung eines Romans von David Mitchell verschieben würde, um über ein anderes Buch zu schreiben, hätte ich bis gestern für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten. Dass ich das doch tue, hat so einige Gründe:

So bin ich mittlerweile in einem Alter, in dem man sich an einem Freitagabend nicht mehr zwingend in irgendeinem Zappelschuppen von qualitativ fragwürdiger Musik das Gehör versauen lässt, sondern sich stattdessen „Das Literarische Quartett“ ansieht. Und eben dort sprach unlängst Thea Dorn über „Lincoln im Bardo“.

Ich mag Thea Dorn, ich halte beispielsweise ihren letzten Roman „Die Unglücksseligen“ für mindestens großartig – sie könnte nach meinem Dafürhalten bald mal wieder einen neuen schreiben – und ich könnte ihr, völlig losgelöst vom Thema, stundenlang zuhören. Deshalb wurde ich hellhörig, als sie behauptete, sie sei nach der Lektüre regelrecht „high“ gewesen, so als ob sie „irgendwas geraucht“ habe. Sie sprach im Zusammenhang mit dem von ihr bereits an Pfingsten gelesenen Buch sogar von einem „Pfingstwunder“.

Ein Buch, das eine solche Wirkung hervorruft, musste von mir zwingend begutachtet werden und so griff ich nach kurzer Bedenkzeit – und der Buchhändler meines Vertrauens wird bei „kurzer Bedenkzeit“ wahrscheinlich laut auflachen – zu „Lincoln im Bardo“.

Der Einstieg in den Roman fiel mir, zugegeben, etwas schwer. Schon bald hatte ich das diffuse Gefühl, dem Buch nicht gewachsen zu sein und nach den vorgestern gelesenen ersten etwa 50 Seiten wollte ich Saunders Roman schon weglegen. Denn seine Erzählform hebt sich so deutlich von dem ab, was ich für gewöhnlich lese, dass es einiger Einarbeitungszeit bedurfte. So sucht man beispielsweise einen herkömmlichen, übergeordneten Erzähler vergeblich.

Stattdessen lässt Saunders eine Unzahl an Personen und Erzählstimmen auftreten – die meisten davon bereits tot -, um die Handlung zu transportieren. Diese Stimmen reden teilweise durcheinander, unterbrechen sich, plappern drauflos, widersprechen sich, eine heillose Kakophonie. Unterbrochen werden diese Erzählstimmen nur von eingefügten Auszügen aus Büchern, Zeitungsartikeln, Briefen und ähnlichen Dokumenten, teils fiktiv, teils historisch verbürgt.

So habe ich zu Beginn des Buches eine ganze Weile versucht, die Erzählstimmen der toten Menschen im Bardo voneinander zu trennen und zu ordnen und mittels Google herauszufinden, welche der Bücher, Artikel etc. denn nun echt und welche fiktiv sind. Erst nach einer Weile gelangte ich zu der Erkenntnis, das Letzteres verlorene Liebesmüh und eigentlich auch völlig unnötig ist. Und die Ordnung in die Personen zu bringen gelingt mit der Zeit von selbst, auch weil sich eigentlich drei Personen als Hauptfiguren herausstellen, als da wären zum Einen der Reverend Everly Thomas, ein im irdischen Leben, naturgemäß, gottesfürchtiger Mann, der nach eigenem Dafürhalten ein Leben ohne Fehl und Tadel geführt hat, nach seinem Tod aber dennoch aus Angst vor der Hölle in den Bardo flüchtet. Zum Anderen kristallisiert sich Roger Bevins III. als Erzählstimme heraus, der sich aufgrund einer unglücklichen Liebe zu einem anderen Mann die Pulsadern aufschneidet, es sich dann aber kurz vor dem Tod nochmal anders überlegt. Leider zu spät. Komplettiert wird das Trio durch Hans Vollman, einem Drucker in den 40ern, der eine blutjunge Frau heiratet, mir ihr aber aus reiner Rücksichtnahme eine eher freundschaftliche Beziehung führt. Gerade an dem Tag, an dem seine Frau sich bereit erklärt, die Beziehung auch auf Aktivitäten im heimischen Ehebett auszudehnen, fällt ihm ein Deckenbalken genau auf den Bereich, der für die Aktivitäten im heimischen Ehebett von nicht unbedeutender Wichtigkeit ist. Ja, aua!

Und da sind sie nun also alle im Bardo, der Reverend, Bevins und Vollman. Und aus den unterschiedlichsten Gründen – Liebe, Rache, Sorge um Hinterbliebene usw. – klammern sie sich alle noch so sehr an ihre irdische Existenz, dass sie im Bardo verharren. Und sie leugnen auch alle, tot zu sein. Denn es darf nicht sein, was nicht sein kann. So lange man den eigenen Tod verleugnet, so lange man von „Kranken-Kisten“ spricht, anstelle von Särgen, so lange man selbst denkt, vielleicht einfach nur krank zu sein, so lange könnte es ja einen Weg zurück in die irdische Existenz geben. Aber die Zeit fließt eben immer nur in eine Richtung und welche Gründe die Toten im Bardo auch immer haben, an ihrer irdischen Existenz festzuhalten, sie hätten sich halt zu Lebzeiten mit diesen Gründen auseinandersetzen sollen, nun ist es eben zu spät.

Das ist im Kern auch die, nennen wir es mal „Botschaft“, die Saunders Buch vermitteln will, jedenfalls verstehe ich es so. Dass man sein Leben leben soll, so lange es eben währt, weil die Mutter aller Geschenke, nämlich Zeit, naturgemäß nun mal begrenzt ist, dass das Leben weder im Konjunktiv noch morgen stattfindet.

Aber in Saunders Buch steckt noch ungleich mehr. So könnte man beispielsweise, wenn man denn wollte, einen Vergleich zwischen den Toten im Bardo, wo es zwischenzeitlich so etwas wie einen Sklavenaufstand gibt, und der augenscheinlich tief gespaltenen Gesellschaft in den USA von heute herstellen.

Ein weiteres Thema ist die Genauigkeit historischer Quellen einerseits und Geschichtsschreibung im Ganzen andererseits, wenn Saunders Quellen anführt, beispielsweise aus Zeitungsartikeln, die sich nicht mal bei der Beschreibung von Lincolns Augenfarbe oder der Beschreibung seines Haars einig sind. Passend dazu unterscheiden sich auch die Protagonisten selbst untereinander in ihrer Wahrnehmung und der Schilderung der selben deutlich, und sei es nur darin, dass es um die banale Frage geht, ob der Präsident beim Gang über den Friedhof nun geschluchzt habe oder nicht.

„Lincoln im Bardo“ ist eines jener Bücher, die so voll an Themen, Anspielungen und dergleichen sind, dass ich sicher bin, nicht mal im Ansatz alles entdeckt zu haben, was es da zu entdecken gibt. Und ich gebe zu, dass mir Rezensionen zu Büchern wie Saunders´ Roman immer deutlich schwerer fallen, weil ich damit weit aus meiner literarischen Komfortzone bewege und nicht immer sicher bin, ob ich vermitteln kann, was ich denke. Im Kern kann man das, was ich vermitteln will, aber zusammenfassen mit: Man sollte dieses Buch unbedingt gelesen haben!

Allerdings, und das sei dazu gesagt, muss man sich für „Lincoln im Bardo“ Zeit und Ruhe nehmen – was von jemandem, der das Buch in zwei Tagen und zwei Etappen à 50 bzw. 400 Seiten gelesen hat, sicherlich seltsam klingt. Aber der Roman des amerikanischen Autors ist halt eben nichts, was man mal so nebenbei lesen kann, während man Unkraut zupft, sein Auto repariert oder die Kinder bespaßt. Nicht nur wegen des eigenwilligen Stils. Der Autor lässt seine Figuren beispielsweise mit hochgestellten Buchstaben sprechen oder in leicht antiquiertem Stil oder mit sehr kreativer Groß- und Kleinschreibung und manchmal auch gänzlich ohne Interpunktion. Aber der eigentliche Grund, warum man für „Lincoln im Bardo“ Ruhe braucht, ist der, dass man ansonsten unter Garantie irgendetwas im Buch verpassen würde. Und das hätte Saunders´ Erstlingsroman nicht verdient.

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Stil: 10 von 10 Punkten

Charaktere: 9,5 von 10 Punkten

Amtosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 9,625 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Demnächst aber wirklich „Slade House“ von David Mitchell.

 

„Das Haus des Daedalus“ von Kai Meyer – Meyers bestes Buch!

Buch: „Das Haus des Daedalus“

Autor: Kai Meyer

Verlag: Blitz-Verlag

Ausgabe: Taschenbuch, 502 Seiten; limitiert, 333 Exemplare

Der Autor: Kai Meyer ist ein 1969 in Lübeck geborener Autor. Nach einem Studium – Film, Theater und Philosophie – arbeitete Meyer als Volontär bei einer Tageszeitung und schrieb während dieser Zeit an seinem ersten Buch. „Der Kreuzworträtsel-Mörder“ erschien dann 1993.

Der Durchbruch gelang Meyer im Jahr 1994 mit seinem Roman „Die Geisterseher“ und vor allen Dingen mit „Die Alchimistin“. International erfolgreich war der Autor erstmals mit „Die fließende Königin“, dem ersten Teil der Merle-Trilogie.

Meyers Romane haben mittlerweile Millionen-Auflagen erreicht und erscheinen in über 30 Sprachen.

Der Autor lebt mit seiner Familie am Rande der Eifel.

Das Buch: In Rom führt ein rätselhafter Fund den Kunstdetektiv Jupiter auf die Spur des geheimnisumwitterten Kupferstechers Piranesi. Welche Vorlage hatte der Künstler im 18. Jahrhundert für seine berühmten Carceri-Stiche, düstere Kerkerlandschaften so groß wie Städte? Warum scheinen sich die Gassen der römischen Altstadt seit Tagen in ein Labyrinth zu verwandeln, in dem sich selbst Einheimische verirren?

Grausame Morde und unheimliche Erscheinungen leiten Jupiter und die junge Restauratorin Coralina zum legendären Haus des Daedalus, einem vergessenen Ort tief unter den Fundamenten der Stadt. Verbirgt sich dahinter, wie ein uralter Geheimbund vermutet, die Hölle selbst?  (Quelle: Blitz-Verlag)

Fazit: Es gibt kaum einen Schriftsteller, dem ich so lange die Treue halte, wie Kai Meyer. Gut, da gab es ein paar Jahre, in denen unsere Autor-Leser-Beziehung größtenteils auf Eis lag. Ausgehend von der „Merle“-Trilogie, bei der ich es wenigstens noch mit dem ersten Band versucht habe, über die „Die Wellenläufer“, „Das Wolkenvolk“ und „Die Sturmkönige“, bei all denen ich es dann schon nicht mehr mit dem ersten Band versucht habe, schrieb Meyer plötzlich größtenteils Trilogien, die sich – so mein Eindruck – an eine eher jüngere Leserschaft richteten.

In dieser Zeit waren lediglich „Das Buch von Eden“ sowie „Herrin der Lüge“ so etwas wie Hoffnungsschimmer darauf, dass Meyer sich irgendwann wieder von seiner Trilogietis befreien könnte. Bei der Hoffnung ist es jedoch bis heute geblieben. Seit ein paar Jahren, so etwa seit 2014 verfolge ich allerdings wieder genauer, was der Autor so tut und habe die meisten seiner seither erschienen Bücher gelesen.

Im Vergleich zu seinen neueren Büchern, muss ich aber zugeben – ich bitte inständig um Verzeihung, Herr Meyer -, dass mir seine alten Bücher, beispielsweise die „Alchimistin“-Reihe, wesentlich besser gefallen. Das ist ja auch gar nicht schlimm, schließlich gilt das auch für „Bon Jovi“ oder „Die Ärzte“- :-)

Und so wird es nicht verwundern, dass ich vor einigen Monaten – ich erwähnte es seinerzeit nur so ganz nebenbei in einem, ähm, extra deswegen verfassten Beitrag – geradezu in Verzückung geriet, als ich auf eine limitierte und signierte Neuauflage von Kai Meyers „Das Haus des Daedalus“, erstmals erschienen im Jahr 2000, aufmerksam wurde. Flugs wurde in einer Art Übersprungshandlung ohne genaueres Nachdenken ein Exemplar geordert. Es wurde dann die Nummer 52, das sei nur der Chronistenpflicht halber erwähnt.

Und die erneute Lektüre dieses Buches brachte eine Reihe Erkenntnisse.

Zum Einen sei in diesem Zusammenhang auf die Geschichte des Buches verwiesen, die Meyer in einem Vorwort nochmals näher beschreibt. Das Buch erschien 2000 unter dem erwähnten Titel, die Verkaufszahlen sollen recht gut gewesen sein, es sollte aber dann im Jahr 2004 aus dem Sortiment genommen werden, weil eben jene Verkaufszahlen im Sinken begriffen waren.

Meyer wies den Verlag darauf hin, dass sein Buch durchaus Parallelen zu denen des damals frisch gehypten Dan Brown aufweise und ob man angesichts des Hypes um den amerikanischen Schriftsteller das Buch wirklich aus dem Angebot streichen wolle. Der Verlag entschied sich für eine Neuauflage, und zwar unter dem hanebüchenen, völlig bescheuerten, einfallslosen Titel „Die Vatikan-Verschwörung“.

Ich erinnere mich, seinerzeit in der Buchhandlung meines Vertrauens auf „Die Vatikan-Verschwörung“ gestoßen zu sein und gedacht zu haben: „Oh, sieh mal an, ein neuer Kai Meyer!“ Erst beim Lesen des Klappentextes fiel mir auf, dass ich dieses Buch – bis heute mein Lieblingsbuch von Meyer – schon kannte. Angesichts des Sakrilegs (man beachte den Wortwitz, der sich aus dem Kontext ergibt!), dieses Buch unter besagtem bescheuerten Titel erneut zu veröffentlichen, bekam ich spontan Schnappatmung.

Jetzt, fast 15 Jahre später, weiß ich durch Meyers Vorwort zwei Dinge: Erstens hat sich der Autor gegen diesen Titel „mit Händen und Füßen gewehrt“ und zweitens verkaufte sich das Buch unter seinem neuen Titel innerhalb von vier Wochen besser als in den gesamten fünf Jahren zuvor. Ersteres gibt mir zwar meinen Seelenfrieden wieder, wirft aber die Frage nach dem Mitspracherecht eines Autors am eigenen Werk auf, Letzteres sagt – man verzeihe mir diese Hochnäsigkeit – mehr über die deutsche Leserschaft aus, als tausend Worte.

Kommen wir nach dieser eher ausufernden Einleitung nun aber endlich zu „Das Haus des Daedalus“.

Beginnend mit den Charakteren muss man sagen, dass das ein Bereich ist, in dem sich Meyer meines Erachtens im Laufe der Zeit deutlich verbessert hat. Wenn ich die Charaktere dieses Buches beispielsweise vergleiche mit denen aus „Die Spur der Bücher“, dann sind Letztere wirklich besser gelungen.

Zwar können die Protagonisten des Buches, der Kunst-Detektiv Jupiter und die junge Kunsthistorikerin und Restauratorin Coralina durchaus überzeugen, man mag sie und es gelingt mir als Leser eine gewisse Beziehung zu ihnen aufzubauen. Dennoch wirken sie vergleichsweise eindimensional. Dazu trägt wohl auch Jupiters dauernde Erwähnung seiner Ex-Freundin bei. Gut, selbige hat ihn nicht nur verlassen, sondern auch seine Kundenkartei und andere Unterlagen mitgehen lassen, da mag es nicht verwundern, wenn sich Jupiter gedanklich häufig mit ihr beschäftigt. Und dennoch …

Besonders überzeugend fand ich dagegen, und das findet man selten, die unter der Rubrik „Bösewicht“ einzuordnenden Charaktere. Dazu kann ich nur leider naturgemäß nichts verraten.

Die Figuren waren allerdings für mich noch nie ein Grund, ein Buch von Kai Meyer zu lesen. Der Autor hat seine Stärken meiner Meinung nach in anderen Bereichen. Sein Stil ist sehr eingängig, man – man verzeihe mir dieses Phrase, aber hier stimmt sie – fliegt nur so duch die Seiten, die Dialoge können überzeugen, und Meyer verbreitet erneut eine ganz besondere Atmosphäre.

Gerade diese Atmosphäre ist es, die mich damals wie heute an diesem Buch begeistert. Beispielsweise gibt es im Buch Szenen, in denen eine Gruppe von Mönchen eine Treppe hinabsteigt und das mittels einer Schwarz-Weiß-Kamera aufzeichnet. Eine laaaange Treppe. Das klingt unspektakulär, auch wenn während dieses Hinabsteigens natürlich Dinge passieren, die ich nicht erwähnen will, aber dennoch liegt so viel Grusel in den Bildern, die mein inneres Auge so gebildet hat, dass diese Passage zu meinen Highlights des Buches zählt. Ich erinnere mich, damals wenige Tage vor der erstmaligen Lektüre des Buches „Blair Witch Project“ gesehen zu haben – nebenbei bemerkt einer von ungefähr drei Filmen, nach denen ich wirklich schlecht geschlafen habe -, was den Eindruck der genannten Szenen damals wohl nicht verstärkt hat, aber sie wirken eben auch heute noch.

Die Atmosphäre zieht sich durch die gesamte Handlung des Buches, welche durchgehend spannend, tempo- und wendungsreich sowie, aus meiner Sicht, erfreulich unvorhersehbar ist.

Kurz gesagt, ich bleibe dabei: „Das Haus des Daedalus“ ist und bleibt Meyers bestes Buch. Unbedingt lesen!

Ich kann übrigens auch nur empfehlen, sich mal Piranesis“Carceri-Stiche“ anzusehen. Bedrückende Bilder, dennoch hübsch, ein bisschen wie M.C. Escher, nur in schön. Vielleicht sollte man das aber, wie ich, erst nach der Lektüre tun, um die Bilder des inneren Auges mit den tatsächlichen abzugleichen.

Wertung:

Handlung: 10 von 10 Punkten

Stil: 9,5 von 10 Punkten

Charaktere: 8 von 10 Punkten

Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 9,375 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Vor dem Fall“ von Noah Hawley.