„Elantris“ von Brandon Sanderson

Buch: „Elantris“

Autor: Brandon Sanderson

Verlag: Piper

Ausgabe: Taschenbuch, 920 Seiten

Der Autor: Brandon Sanderson, geboren 1975 in Nebraska, ist internationaler Bestsellerautor und lebt in Utah. Nach seinem Debütroman „Elantris“ widmete er sich seit 2007 der Vollendung von Robert Jordans „Das Rad der Zeit“. Zudem begeistert er mit seiner Saga um „Die Nebelgeborenen“ weltweit die Fans. Er steht regelmäßig ganz vorne auf der New-York-Times-Bestsellerliste.  (Quelle: Piper)

Das Buch: Einst war Elantris, die magische Stadt im Lande Arelon, ein Paradies, in dem die Götter wandelten. Aber dann wurde es von einem schrecklichen Fluch getroffen und die vormals blühende Stadt verwandelte sich in eine tödliche Falle für ihre Bewohner. Kronprinz Raoden, der in der gefallenen Stadt gefangen ist, muss gemeinsam mit der Königstochter Sarene das Geheimnis von Elantris ergründen … (Quelle: Piper)

Fazit: Angesichts der gerade erlangten, erschreckenden Erkenntnis, dass mir keine der mir im Augenblick zur Verfügung stehenden Freizeitmöglichkeiten gerade so wirklich Freude bereitet, versuche ich es mal mit dem Schreiben, da gelingt mir das noch meistens. Auf dass das auch diesmal so sein möge.

Brandon Sanderson also. Der Autor selbst mag möglicherweise Anlass zur berechtigten Kritik geben, die ich hier mal außen vor lasse. Da ich allerdings – zumindest bis zu einem gewissen Punkt – durchaus in der Lage bin, Werk und Autor voneinander zu trennen, war das allerdings kein Grund, mich nicht doch mal seinem Werk zu widmen. Nun scheiterte dieses Vorhaben im ersten Versuch in Form von „Der Weg der Könige“ an den üblichen Stolpersteinen des Fantasy-Genres. Trilogieauftakt. Wahnwitziger Umfang.

Mit dieser Vorbildung stieß ich in der Buchhandlung meines Vertrauens auf „Elantris“, das mit seinen über 900 Seiten zwar einen ähnlichen Umfang hat, aber wenigstens einen Einzelband darstellt und darüber hinaus Sandersons Debüt war, was mir als Einstieg in das Werk eines Autors ohnehin viel sinnvoller erscheint.

Also, gesagt, getan. Und diesmal mit Erfolg.

Zugegeben, man merkt Sandersons Roman an, dass es sich bei „Elantris“ um ein Debüt handelt. So ist das Erzähltempo – fast hätte ich „Pacing“ geschrieben – über die gefühlt ersten zwei Drittel eher behäbig, um dann im letzten Drittel arg anzuziehen. Das würde der Autor mit seiner heutigen Erfahrung gewiss selbst etwas anders gestalten.

Ansonsten muss man aber sagen, dass es an „Elantris“ erfreulich wenig auszusetzen gibt. Die Handlung ist zwar arg religiös geprägt und das muss man nicht mögen, aber grundsätzlich hatte die Geschichte rund um eine augenscheinlich in Ungnade gefallene, magische Stadt sowie um Macht und Herrschaftsansprüche streitende, unterschiedliche Strömungen ein und derselben Religion aber durchaus eine gewisse Faszination und überzeugt, wenn zumindest nicht mit ihrem Erzähltempo, dann aber wenigstens mit ihrem Einfallsreichtum.

Das liegt sicherlich nicht zuletzt an dem Aspekt, den man in der Fantasy-Literatur gemeinhin so unschön „Worldbuilding“ nennt. Ja, in der Tat, der Weltenbau (ha!) ist wirklich sehr gelungen, sowohl was die Welt an sich, ihre verschiedenen Länder, ihre Beziehungen zueinander, als auch Herschaftsformen und insbesondere das Magiesystem angeht. Allein für den Weltenbau hätte ein handelsüblicher, heutiger Fantasy-Autor einen kompletten Einführungsband einer Fantay-Trilogie mit dem Umfang eines die gesamte US-Bevölkerung umfassenden Telefonbuchs auf Altgriechisch, Gälisch und Hindi gebraucht.

Dieser Detailreichtum beim Weltenbau geht allerdings zulasten des eingangs erwähnten Erzähltempos, was für mich persönlich aber kein Problem darstellte.

Seine neu geschaffene Welt bevölkert Sanderson mit zahlreichen Personen, bei denen ich mich mal auf die drei Protagonisten Raoden – dessen Namen ich unzählige Seiten als „Radeon“ gelesen habe, wohlwissend, dass er mit Grafikkarten von AMD nicht das Geringste zu tun hat … – , sowie seine ihm angetraute Sarene und den Antagonisten Hrathen beschränken.

Raoden übernimmt dabei mehr oder weniger die Rolle des sympathischen, aber in Ungnade gefallenen, strahlenden Helden. Und er erfüllt diese Rolle auch gut, aber mehr als unbedingt nötig müssen wir uns mit ihm jetzt auch wieder nicht befassen.

Dagegen war gerade der Antagonist Hrathen eine wohltuende Abwechslung. Wer häufiger etwas von mir liest, weiß vielleicht, dass ich gelegentlich die eindimensional gestalteten Abziehbild-Bösewicht-Figuren in Büchern kritisiere. Umso schöner ist es, wenn man auch mal auf eine positiv gestaltete Figur aus diesem Bereich trifft – und dann auch noch dort, wo ich es am wenigsten erwartet hätte. Denn insbesondere in Fantasy-Romanen sind Bösewichte nun wirklich häufig nicht sonderlich vielschichtig.

Hier ist das nun etwas anders. Zum einen wird Hrathens Motivation logisch hergeleitet, zum anderen ist ihm durchaus bewusst, dass sein Handeln möglicherweise moralisch verwerflich ist. Allerdings besteht seine Aufgabe auch darin, das Volk von Arelon – in dem sich auch das namensgebende Elantris befindet – durch eben diese moralisch verwerflichen Handlungen davor zu beschützen, dass ihm, dem Volk, ein noch schlimmeres Schicksal zuteil wird. Insgesamt macht das aus Hrathens Darstellung noch kein hochliterarisches Psychogramm, aber insgesamt gefiel mir die Schilderung als im Kern unverstandener Charakter richtig gut.

Und richtig gut hätte mir auch Sarene gefallen können. Sie ist eine charakterlich starke, großgewachsene, kluge, wortgewandte, schlagfertige Frau und könnte insgesamt der Typus der emanzipierten Frau sein, den man insgesamt in der Fantasy-Literatur immer noch eher selten findet. Dann jedoch vergehen in der Folge gefühlt keine 30 Seiten, in denen sie nicht immer wieder klagt, dass der erste ihr versprochene Mann ihr weglief und der zweite, Raoden, vermeintlich verstarb, bevor sie ihn heiraten konnte und dass sie ja so einsam und allein ist und und überhaupt und bla!

Ich finde das schade, denn so wird aus einer erfreulich emanzipierten Frau – und damit hat es Sanderson augenscheinlich (eine bodenlose Unterstellung meinerseits!) ja wohl sonst nicht so, was die Figur umso erfreulicher macht – eine unsichere, schwache Person, die hart an ihrem Alleinsein trägt. Das vermittelt den Eindruck, als betrachte sich Sarene allein nicht als vollständige Person und führt ihre gesamte Souvernität in allen anderen Lebenslagen ein bisschen ad absurdum.

Kommen wir weg von den Figuren und widmen uns der Sprache. Auch sprachlich – und ich vermute mal, dass das nicht an der Übersetzung liegt – merkt man „Elantris“ an, dass es sich um einen Erstling handelt. Zwar sind keine groben Schnitzer zu verzeichnen, insgesamt fällt der Roman in dieser Hinsicht aber auch nicht positiv auf. Es dürfte für mich spannend sein, hier den Vergleich zu späteren Büchern anzubringen, und zu sehen ob und, falls ja, inwiefern sich hier etwas getan hat.

Kurz: Wer mal wieder einen Fantasy-Wälzer lesen möchte, der durch seine Geschichte und seinen Weltenbau besticht und gleichzeitig ein gemächliches Erzähltempo erträgt, dem kann ich „Eltantris“ empfehlen.

So, und was mach ich nun? :-) Ich könnte mich ja dem Zafón widmen, der liegt hier seit dem Preußischen Kartoffelkrieg 1778 rum und könnte endlich mal gelesen werden, hat aber nun auch wieder über 900 Seiten, was ich angesichts meines morgen endenden Urlaubs, meines darauf folgenden Arbeitsantritts am Montag und der Tatsache, dass damit die Sinnlosigkeit allen Seins bewiesen ist, aber sowieso nicht zeitnah schaffe. Hach, ich bin unschlüssig … ;-)

Wertung:

Handung: 8 von 10 Punkten

Stil: 7,5 von 10 Punkten

Charaktere: 8,5 von 10 Punkten

Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,5 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Suche mich nicht“ von Harlan Coben

9 Antworten auf „„Elantris“ von Brandon Sanderson

  1. Nein – ich mag ihn nicht, ich lese ihn nicht, will ich nicht😁 ausserdem habe ich ja genug andere Bücher hier liegen. Aber auf den Coben bin ich gespannt 😁
    Urlaub schon wieder vorbei? Hier auch…. ach ja, so ein Lottogewinn wäre doch nett…
    Und sonst so?

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    1. Ich würde ihn wohl auch nicht mögen, würde ich ihn persönlich kennen. Aber das Lesen seiner Romane lässt mein manchmal seltsam geeichter, moralischer Kompass seltsamerweise noch zu. :-)

      Auf den Coben musst Du nicht lange warten, ich habe ja sonst nichts zu tun. ;-)

      Sonst so? Och, irgendwie nörgelig, ne!? Man sieht so vor Beginn seines Urlaubs auf seine ungelesenen Bücher und freut sich auf dieses und jenes – und stellt nach zwei Wochen fest, dass die fast alle immer noch da liegen.

      Wobei das eher ein Luxusproblem ist, alles andere würde aber zu weit führen. Bleiben wir deshalb bei „irgendwie nörgelig, ne“.

      Selbst so?

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      1. Ja, auch nörgelig, irgendwie – wobei ich das ja gerne „lölleböbelich“ nenne – klingt netter, ne😉
        Ausserdem angenervt, weil eben doch kein Job im Buchladen – es sollte wohl nicht sollen sein. Und deswegen arg viel weniger Geld und das ist ….naja…. aber ich lese ein grossartiges Buch gerade und das ist ja auch schon was😂 ach ja, wird schon……

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        1. Ich finde „lölleböbelich“ klingt eher nach logopädischer Fachzeitschrift, aber hey … :-)

          Wie denn, was denn, doch kein Job!? Das ist man mal ein paar Tage weniger im Internet, schon verpasst man was! Was fällt den Herrschaften denn ein!?

          Welches Buch, wenn ich fragen darf!?

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          1. 😂😂😂 du musst das mit der richtigen Betonung sagen, dann passt das schon….

            Job – hat bestimmt einen tieferen Sinn, auch wenn sich mir dieser noch nicht ganz erschließt…..

            „Die verlorenen Blumen der Alice Hart“

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          2. Ein … nennen wir es mal „Wort“ wie „lölleböbelich“ soll eine „richtige“ Betonung haben …? ;-)

            Es mag einen tieferen Sinn haben, aber mir erschließt sich selbiger auch noch nicht. Tur mir sehr leid für Dich! Hoffentlich ergibt sich bald etwas Ähnliches.

            *googelt „Die verlorenen Blumen der Alice Hart“*

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          3. Ja – es ist ein Wort- zwar eine eigene Wortkreationschöpfung, aber ein Wort mit Betonung und Sinn (oder so 😂 ….)
            ….
            Und danke – jetzt brauche ich erst mal überhaupt wieder einen (Neben-)Job…..
            Das Buch ist nix für dich , denke ich ….

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