Prangenten e. V. prangert an: Der Videobeweis!

Hallo, werte Leserschaft,

ja, ich habe es versucht! Und nein, es geht nicht! Ich habe versucht, mir jegliche Einlassungen zu diesem Thema zu verkneifen. Zumal der Stein des Anstoßes (Wortwitz!) bereits einige Tage – um genau zu sein: letzten Mittwoch – zurückliegt, und man annehmen sollte, dass mein Zorn mittlerweile verraucht sein könnte. Aber nein: Das ist er nicht!

Auch weil ich heute in Gesellschaft zahlreicher Menschen war, die ich schon länger nicht mehr gesehen hatte, und von denen mich jeder –  aber auch wirklich jeder! – auf den oben erwähnten Stein des Anstoßes ansprach. Ob es sich dabei um eine konzertierte Aktion handelte, oder aber nur die Lust jedes Einzelnen daran, sich an meinem Leid zu weiden, diesen Nachfragen zugrunde lag, entzieht sich meiner Kenntnis.

Die geneigte Leserschaft ahnt es also schon, hier geht es im weitesten Sinne um Fußball.

Danke an alle, die ab dieser Zeile noch weiterlesen …

Wir befinden uns also am letzten Mittwoch, in der 80. Minute des DFB-Pokalspiels zwischen dem FC Bayern München und Werder Bremen, in der ein gewisser Herr Lewandowski einen Elfmeter verwandelt, den auf diesem Planeten wohl nur ein Mensch gegeben hätte. Tragisch, dass dieser Mensch, Daniel Siebert, an diesem Tage ausgerechnet für die Spielleitung vorgesehen war.

Zu diesem Zeitpunkt stand es 2:2, vorausgegangen war ein aufopferungsvoller Kampf meiner Werderaner, mit einem Doppelschlag zum Ausgleich, der in den Geschichtbüchern hätte landen können. Vorausgegangen war auch eine 80 Minuten dauernde, extreme Belastung meines Herz-Kreislaufsystems, unterstützt von gelegentlichen Ausrufen wie „Ich bin zu alt für diesen Scheiß!“, aber das soll an dieser Stelle nicht weiter interessieren. Erwähnt sei hierbei nur noch, dass diese Belastung ihren Höhepunkt fand, als ein gewisser Herr Müller, den angeblich einige für einen guten Fußballer halten, zum Zwecke eines Spielertausches das Feld verlassen sollte, was er wohl auch durchaus wollte, allerdings machte der Herr vorher noch Anstalten, jeden einzelnen Bayern-Fan im Stadion – eine Personengruppe, die ich, sofern ich in Rage bin, gerne mal, das gebe ich zu, mit einem kurzen vierbuchstabigen Begriff tituliere, den in jüngerer Vergangenheit in erster Linie Sigmar Gabriel geprägt hat – zur anschließenden Party im „P 1“ einzuladen, sowie allen seinen Familienangehörigen eine Sprachnachricht zu schicken. Grrrrrr…

Jedenfalls, nach dem oben genannten Elfmeter war meinen Werderanern der Stecker gezogen und das Schicksal nahm seinen Lauf. Bayern gewann 3:2. Oder Bayern wurde gewonnen. Danke, Herr Siebert!

In jeder seither vergangenen fachlichen Diskussion, in jedem Artikel, der seither in einem Fachmagazin – oder der BILD – erschienen ist, war man sich landauf, landab einig: Das war niemals ein Elfmeter! Der Sportsfreund Coman, der „Gefoulte“, fällt ja noch nicht mal in die Richtung des vermeintlichen Schubses, sondern eher unmotiviert nach vorne. Ich würde der Kontinentaldrift einen größeren Anteil an seinem Zufallkommen zuschreiben, als dem bedauernswerten Theo Gebre Selassie – „der stolze Theodorrrr“, wie ihn Fritz von Thurn und Taxis mal in einem Spiel während eines zerebralen Teilausfalls genannt hat, aus Gründen, die sich mir bis heute verschließen -, der Coman zu Boden bugsiert haben soll. Sogar der DFB hat den Fehler der Schiedsrichters mittlerweile eingesehen und sinngemäß verlauten lassen: „Ja, war falsch, dumm gelaufen, aber was soll man machen!?“

Nun ist es ja so, dass wir in einer Gesellschaft leben, die ungerne Fehler verzeiht. Und das finde ich auch durchaus schade. Menschen sollten motiviert werden, auch Fehler machen zu dürfen. Schließlich hat auch niemand vor Jahrzehnten gesagt: „Nein, Carl Gustav, Du kannst nicht schwedischer König werden, Du bist zu blöd dazu!“ Und letztlich bin ich ja auch zufrieden, dass man im Fußball überhaupt noch Menschen hat, die sich die Schiedrichtertätigkeit antun, für die man ohnehin selten genug gelobt wird.

Im vorliegenden Fall aber wäre der Fehler völlig vermeidbar gewesen, schließlich gibt es mittlerweile so etwas wie den Videobeweis. Herr Siebert hätte, ganz ungeachtet der Äußerungen der Kellerkinder in Köln an der Seitenlinie die Szene nochmal ansehen können. Hat er aber nicht. Er muss sich seiner Sache also recht sicher gewesen sein …

Für mich ist das ein bisschen so, als würde man einen Schüler im Mathe-Abi darauf hinweisen, dass er durchaus auch gerne in die Formelsammlung sehen darf, der Schüler das aber entrüstet von sich weist, weil er vermeintlich sicher ist, welche Formel wann zur Anwendung kommt, um dann mit 0 Punkten aus der Prüfung zu gehen.

Die Folgen des Pfiffs von Herrn Siebert waren gestern ersichtlich, als sich eine erschöpfte und enttäuschte Bremer Mannschaft von Düsseldorf 4:1 abschießen lies. DÜSSELDORF! Pokal ade, Europapokalteilnahme ade, alles im Eimer, alles – und ja, diesen Kausalzusammenhang stelle vollkommen subjektiv durchaus her- verursacht durch einen Pfiff des Herrn Siebert. DÜSSELDORF!!!

„Irgendwann werden wir drüber lachen!“, sagte mir kürzlich jemand bezüglich des Spiels und schrammte damit nur um Haaresbreite an der Schelle seines Lebens vorbei. Aber hey, vielleicht werde ich das irgendwann wirklich. Nur jetzt noch nicht.

Auch weil diese Geschichte eine Vorgeschichte hat: 2016, ebenfalls im Pokalhalbfinale, ebenfalls gegen den FC Bayern, hob Arturo Vidal – den ich übrigens gerne mit einem Begriff tituliere, der vom Niveau her noch deutlich unter meiner Bezeichnung für die Bayern-Kurve steht und der bei genauerer Betrachtung sicherlich den Tatbestand der Beleidigung erfüllt – mittlerweile in Spanien unter Vertrag, zur Mutter aller Schwalben ab und entschied damit das Spiel.

Aber das ist eine andere Geschichte. Und doch auch igendwie nicht.

Gehabt euch wohl!

25 Antworten auf „Prangenten e. V. prangert an: Der Videobeweis!

    1. Der ist nie schuldig – und wenn doch, kommt er schnell wieder raus …

      Transaktionen mit Schiedsrichtern fallen wahrscheinluch unter „Finanzen aus Portokasse“ und damit in den Aufgabenbreich von „Brazzo“ Salihamidzic, dessen Aufgaben über die eines Grüß-August offensichtlich sowieso nicht hinausgehen … :-)

      Gefällt 1 Person

  1. Ich verstehe total was du meinst. Und umso erstaunlicher fand ich es allerdings gestern gegen Nürnberg, dass man nicht noch bis zur 99. Minute hat nachspielen lassen. Oder bis Bayern die Führung macht. Je nachdem was früher hätte eintreten sollen. Aber vielleicht haben sie sich einfach ein bisschen schlecht gefühlt, und deswegen nicht mehr aus der Vorlage von Dortmund gemacht. Die Hoffnung stirbt zuletzt :-)

    Gefällt 1 Person

    1. Zugegeben, weiterspielen bis Bayern gewinnt, war bisher ein beliebtes Mittel zum Erfolg dieses … sagen wir wohlwollend „Fußballvereins“. Mittlerweile fiel diese Vorgehensweise aber auf, weswegen man wenigstens gelegentlich darauf verzichten musste. ;-)

      Dass sie deswegen freiweillig nicht gewonnen haben, weil sie sich schlecht fühlen, kann ich mir nicht vorstellen. Die Bayern fühlen sich nie schlecht. Die fühlen sich höchstens benachteiligt, wenn man sich erdreistet, kritisch über sie zu schreiben und fangen dann an, auf die lächlichstmögliche Weise mit dem Grundgesetz zu fuchteln! :-)

      Meister werden sie trotzdem nicht: Werder verliert nächste Woche freiwillig gegen den BVB und Hannover macht es nochmal spannend, indem sie gegen die Bayern gewinnen! :-)

      Gefällt 1 Person

      1. Alles klar, ich bin dabei. Die Vorstellung von Dortmund war am Sa zwar auch nicht überzeugend, aber das wird schon. Obwohl, 2 Platzverweise zu diesem Zeitpunkt innerhalb von 5 Minuten war schon überzeugend. Nur anders :-)

        Gefällt 1 Person

        1. Sagen wir, in kämpferischer Hinsicht haben sie in diesen fünf Minuten überzeugt. Sogar ein bisschen zu sehr. Sogar so sehr, dass ich vor der Sportschau saß und sagte: „Wie kann man so dämlich sein!?“ :-)

          Gefällt 1 Person

  2. Fußball interessiert mich ziemlich, äh, wenig. Dich hingegen zu lesen, wie (sogar mehr noch als warum) du dich aufregst, versüßt mir entschieden den Morgen. Vielen Dank. 😉
    Ich hoffe, du konntest schlafen.
    Liebe Grüße
    Christiane

    Gefällt 1 Person

    1. Der Dank ist ganz meinerseits. :-)

      Mit anderen Worten reihst Du Dich in die Reihe der Menschen, die sich an meinem Leid weiden, ein!? ;-)

      Danke der Nachfrage, ich habe tatsächlich verhältnismäßig gut geschlafen, was aber sicherlich auch damit zusammenhängen dürfte, dass ich noch Urlaub habe.

      Gefällt 1 Person

      1. Ich verkaufe die Bärte für die Steinigung ;-)
        Wahlweise auch Popcorn oder heiße Würstchen. (Und ja, du bekommst was ab.)
        Ich hoffe, du kannst deinen Urlaub genießen! Ich wünsche es dir. 🙂

        Gefällt 1 Person

    1. Oh, Du hast an mich gedacht? Wie lieb! :-) Nein, der Grund warum ich mich nicht mehr blicken ließ – yay, es ist aufgefallen! – war einfach der, dass ich Urlaub habe. Noch bis morgen. Und irgendwie hatte ich keine Lust zum Schreiben. Woraus resultiert, dass hier jetzt ganze acht Bücher auf ihre Besprechung warten! Daraus resultiert wiederum, dass ich zeitnah doch wieder schreiben wollen werden muss. :-)

      Gefällt 1 Person

  3. Als unbeteiligter Gladbach-Fan konnte ich über diesen Rant – so nennt man das heute, glaube ich – herzlich gelacht. Danke!

    (Und ich hätte es selbstverständlich den Bremern gegönnt.)

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu Christiane Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..