„Hologrammatica“ von Tom Hillenbrand

Buch: „Hologrammatica“

Autor: Tom Hillenbrand

Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Ausgabe: Taschenbuch, 559 Seiten

Der Autor: Tom Hillenbrand, geboren 1972, studierte Europapolitik, volontierte an der Holtzbrinck-Journalistenschule und war Redakteur bei SPIEGEL ONLINE. Seine Sachbücher und Romane haben sich bereits hunderttausende Male verkauft, sind in mehrere Sprachen übersetzt und standen auf der SPIEGEL-Bestseller- sowie der ZEIT-Krimi-Bestenliste.  (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)

Das Buch: Ende des 21. Jahrhunderts arbeitet der Londoner Galahad Singh als Quästor. Sein Job ist es, verschwundene Personen wiederzufinden. Davon gibt es viele, denn der Klimawandel hat eine Völkerwanderung ausgelöst, neuartige Techniken wie Holonet und Mind Uploading ermöglichen es, die eigene Identität zu wechseln wie ein paar Schuhe. Singh wird beauftragt, die Computerexpertin Juliette Perotte aufzuspüren, die Verschlüsselungen für sogenannte Cogits entwickelte – digitale Gehirne, mithilfe derer man sich in andere Körper hochladen kann. Bald stellt sich heraus, dass Perotte Kontakt zu einem brillanten Programmierer hatte. Gemeinsam waren sie einem großen Geheimnis auf der Spur. Der Programmierer scheint Perotte gekidnappt zu haben. Je tiefer Singh in die Geschichte eintaucht, umso mehr zweifelt er daran, dass sein Gegenspieler ein Mensch ist … (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)

Fazit: Wohin ich auch blickte, in letzter Zeit begegnete mir überall Tom Hillenbrand. Gut, das ist jetzt überspitzt formuliert und – natürlich – im übertragenen Sinne gemeint, aber eigentlich stimmt es. Zum Einen lag das daran, dass sein Roman „Der Kaffeedieb“ ein langes, tristes Dasein auf meinem SuB führte. Ein Umstand, dem ich mittlerweile damit Abhilfe geschaffen habe, indem ich es einfach gelesen habe, die Rezension folgt demnächst.

Kurz darauf fiel mir „Hologrammatica“ in die Hände, ein Buch, das ich – ich gebe es zu – zu großen Teilen wegen seines Covers erworben habe. Dazu später mehr.

Kaum hatte ich es gelesen, begegnete mir das Buch wieder, indem es Fortsetzungsroman der hiesigen Tageszeitung war bzw. ist.

Und seit dem 08.11. findet sich bereits Hillenbrand neuester Streich, der kulinarische Krimi „Bittere Schokolade“ in den Regalen gutsortierter Buchhandlungen. Ich sags ja: Hillenbrand, wohin immer ich blickte.

Aber kommen wir nun wieder zu „Hologrammatica“. Schon in der Buchhandlung stand meine Meinung zur äußeren Aufmachung fest: „Das Cover ist entweder im Drogenrausch entstanden oder aber dazu gedacht, während eines solchen betrachtet zu werden. Sollte das Cover Rückschlüsse auf den Inhalt zulassen, dann wird mir dieser Kopfschmerzen bereiten.“

Nun, dem war glücklicherweise nicht so. Hillenbrand entwirft in seinem Buch eine spannende Zukunftsvision. Mitteleuropa ist aufgrund des fortschreitenden Klimawandels für viele Menschen unbewohnbar geworden. Es hat eine starke Migrationsbewegung aus Europa in die weiten Gebiete Sibiriens eingesetzt, wo man es immer noch relativ gut aushalten kann. Die Weltbevölkerung ist zahlenmäßig massiv eingebrochen.

Doch die Großstädte Europas – beispielsweise Paris – sehen immer noch aus, wie geleckt. Die Lösung: Hologramme. Stellt eine Häuserfassade ein optisches Ärgernis dar, so wird einfach eine Hologrammfassade eingefügt – fertig. Man braucht nicht mal mehr technische Geräte, um diese Hologramme sehen zu können. Der Eiffelturm beispielsweise ist schon lange ein eben solches Hologramm, das echte Original wurde schon vor Jahren von Terroristen gesprengt. Dafür gibt es jetzt einen Kanye-West-Airport…

In dieser Situation wird Protagonist Galahad Singh, so etwas wie ein Detektiv, von einer Anwältin aufgesucht und beauftragt, die Computerexpertin Juliette Perotte zu finden. Nicht nur dieser Anfang erinnert irgendwie an einschlägige hard-boiled-Krimis, auch die Hauptfigur Singh tut sein Übriges dazu. Singh ist nie um einen lässigen Spruch verlegen, macht die bösen Buben schon mal mit einen fröhlichen „Hey, Heckenpenner!“ auf sich aufmerksam – „Heckenpenner“, ein Wort, das aus meinem Sprachschatz schon verschwunden war, aber durch diese Szene spontan den Wiedereinstieg in die Liste meiner Lieblingsbeleidigungen geschafft hat -, wirkt dabei aber nie übertrieben cool oder gar lächerlich.

Dadurch, dass er als Ich-Erzähler fungiert, erfahren die Leser natürlich insbesondere viel über ihn selbst, andere Personen fallen dafür vergleichsweise ab. Das tut der Sache aber keinen Abbruch, denn Singh allein entschädigt für vieles.

Stilistisch bewegt sich Hillenbrand auf recht hohem Niveau. Allein durch diverse Wortschöpfungen, an die man sich erst nach und nach gewöhnt, verlief mein Einstieg etwas schwierig, im Laufe der Handlung wurde es allerdings besser. Trotzdem sollte man, meiner Meinung nach, „Hologrammatica“ möglichst aufmerksam lesen.

Nähere Details über die Handlung zu erzählen, verbietet sich bei diesem Buch irgendwie. Jede Information könnte eine zu viel sein, eine, die zu viel verrät. Deshalb muss man sich wohl auf mein Urteil verlassen, wenn ich sage: Trotz der sympathischen Hauptfigur und des gelungenen Schreibstils ist die Handlung der eigentliche Star des Buches. Und mehr verrate ich ausnahmsweise nicht. :-)

Wer „Hologrammatica“ eine Chance geben will, muss sich auf eine wilde Genre Mischung, eine Art Sci-Fi-hard-boilded-Cyberpunk-Thriller-Dystopie-Dingens einlassen. Wer das tut, wird mit einem spannenden Buch mit originellem Setting, spannender Handlung und coolem Protagonisten belohnt.

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Charaktere: 8 von 10 Punkten

Stil: 8,5 von 10 Punkten

Spannung: 8,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,5 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Bevor ich nun mit Stephan M. Rothers „Ein Reif von Silber & Gold“ zur Gemütlichkeit übergehe – man reiche mir eine Kaffeeetasse – soll noch kurz erwähnt sein, dass es demnächst mit „Drone“ von Bart-Jan Kazemier weitergeht.

14 Antworten auf „„Hologrammatica“ von Tom Hillenbrand

  1. Also das Cover ist ja nett – hat aber bei mir keinen Will-ich-haben-Reflex ausgelöst. Ich habe es mir aufgrund deiner Rezension gekauft. Und was soll ich sagen? Jaaaa! Sehr sehr coole Geschichte. Gefällt mir sehr!

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  2. Regnet es in Hogrammatica auch so viel wie in Drohnenland? Neben der guten Story, den eigenwilligen Begriffen und einem Hammett-haften Protagonisten ist das bei mir hängen geblieben. Höllenbrand bleibt sich also treu und ich muss wohl Mal wieder ein Buch kaufen. 😁

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    1. Nee, in „Hologrammatica“ regenet es eher gar nicht – Klimawandel und so … ;-)

      Ich muss zugeben, „Drohnenland“ noch nicht gelesen zu haben. Es klingt, als würde sich das lohnen?

      Ich habe übrigens gerade bei einer Art „Abend der offenen Tür“ in der Buchhandlung meines Vertrauens „Ready Player One“ erstanden und bin schon sehr gespannt … :-)

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      1. Oh … Ready Player One … 😍 Wer ein Nerdherz hat, muss das Buch lieben.

        Drohnenland lohnt … Noch. Ich fürchte, in ein paar Jahren nicht mehr. Außer vielleicht der Regensache halber. Wobei auch die dem Klimawandel geschuldet war. Es klingt jedenfalls so, als ob es Hologrammatica sehr nahe kommt

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        1. Gut zu wissen, ich finde nämlich, dass Hillenbrand ziemlich gut – und vor allem vielseitig: Historisches, Sci-Fi, Krimi etc. – schreibt. Dann schaue ich mir „Drohnenland“ mittelfristig mal an.

          Die ersten 17 Seiten von „Ready Player One“ gefallen mir schon mal ziemlich gut, ich muss zugeben, bei der ersten Erwähnung des „Atari 2600“ eine leichte Gänsehaut bekommen zu haben. :-)

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