„Die Grausamen“ von John Katzenbach – Genre-Ausflug

Buch: „Die Grausamen“

Autor: John Katzenbach

Verlag: Droemer

Ausgabe: Broschiert, 570 Seiten

Der Autor: John Katzenbach, geboren 1950 in Princeton, New Jersey, ist ein amerikanischer Thriller-Autor. Er ist der Sohn einer Psychoanalytikerin und eines früheren US-Justizministers und war vor seiner Autorentätigkeit Gerichtsreporter für zwei amerikanische Zeitungen.

Bereits mit seinem Debüt „Das mörderische Paradies“ konnte er große Erfolge verbuchen und wurde für den „Edgar Award“ nominiert. Auch viele seiner nachfolgenden Werke, beispielsweise „Die Anstalt“ oder „Der Patient“ wurden zu Bestsellern. Insgesamt hat Katzenbach bislang 12 Romane veröffentlicht.

Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Amherst, Massachusetts.

Das Buch: Die dreizehn Jahre alte Tessa verschwindet auf dem Nachauseweg von einer Freundin spurlos. Die Ermittlungen beginnen sofort, bleiben aber erfolglos. Tessa wird nie gefunden, Die Familie zerbricht daran.

20 Jahre später: Gabriel „Gabe“ Dickinson und Marta Rodriguez-Johnson sind zwei Detectives, die am Tiefpunkt ihrer Karriere angekommen sind. Gabes Ehefrau hat sich von ihm getrennt, nachdem ihr Bruder bei einem Unfall während eines Bootsausflugs mit Gabe zu Tode kam.

Gabe Dickinson gibt sich dem Alkohol hin, was sich im Laufe der Zeit auch unweigerlich auf seinen Job auswirkt.

Marta Rodriguez-Johnson wiederum hat während eines gemeinsamen Einsatzes im Drogenmilieu unabsichtlich ihren Partner erschossen. Ihre Kollegen stehen ihr nun abweisend und misstrauisch gegenüber.

Da die beiden Detectives in ihren bisherigen Tätigkeitsbereichen nicht mehr tragbar sind, lassen sich ihre Vorgesetzten etwas ganz Besonderes einfallen: Gabe und Marta bilden jetzt zusammen eine neue Abteilung und sind für „cold cases“ zuständig, also für in der Vergangenheit nicht aufgeklärte Verbrechen. Zusammen mit unzähligen Aktenordnern werden die beiden in einen entlegenen Winkel des Dezernats abgeschoben.

Und nach einiger Eingewöhungszeit stoßen die beiden Detectives in den alten Akten tatsächlich auf neue Spuren, die auch mit der verschwundenen Tessa in Verbindung gebracht werden können. Damit begeben sie sich allerdings in tödliche Gefahr. Offensichtlich möchte jemand, dass Gabe und Marta die Vergangenheit ruhen lassen.

Fazit: Dass die Hannoversche Allgemeine Zeitung auf der Rückseite des Buches urteilt, Katzenbach sei „einer der fesselndsten Autoren, die die Krimibranche derzeit zu bieten hat“, fand ich spontan ein wenig putzig. Denn ich wäre nicht unbedingt auf die Idee gekommen, Katzenbach und seine Bücher dem Krimigenre zuzuordnen. Thriller, Psychothriller, bisweilen Gerichtsthriller à la Grisham, ja, aber Krimis!?

Nun, aber mit „Die Grausamen“ hat sich Katzenbach schließlich ja tatsächlich dem Krimi zugewandt, also stimmt die Einschätzung der HAZ ja auch irgendwie wieder. Denn mit seinem neuen Buch tritt der Autor den Beweis an, dass er auch über Genregrenzen hinweg gute Bücher schreiben kann.

Bei „Die Grausamen“ handelt es sich um einen lupenreinen Ermittler-Krimi. Für mich persönlich ist es in solchen Büchern wichtig, Protagonisten zu haben, die mir wenigstens im weitesten Sinne sympathisch sind. Während ich in Büchern vieler skandinavischer Krimi-Autoren – was ich weiterhin als Zufall einstufe – sehr häufig Probleme mit den dortigen manchmal recht verschrobenen Ermittlern habe, so ist das hier glücklicherweise anders.

Gabe und Marta haben beide unterschiedliche Schicksalsschläge zu verkraften und gehen auch unterschiedlich damit um. Während sich Gabe nach dem Alkohol nun auch ausgiebigem Selbtmitleid hingibt, erscheint mir Marta in dieser Hinsicht gefestigter. Letztlich eint beide ihre berufliche Situation, in der sie schlicht und einfach gezwungen sind, halbwegs gut miteinander auszukommen. Und das klappt im Laufe der Handlung auch immer besser. Segenswerterweise verzichtet Katzenbach auf jeglichen pathetischen „best-friends-forever“-Schmonsens, dem man in diesem Genre manchmal begegnet: Gabe und Marta sind Kollegen, die gut zusammenarbeiten, sich mögen und respektieren. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Im Zuge der Handlung sind die beiden Ermittler genretypisch viel unterwegs, um Gespräche mit damaligen Zeugen, Angehörigen oder Verdächtigen zu führen. Auf diese Weise erhält der Leser Stück für Stück immer weitere Puzzleteile, um diese schließlich zu einem Gesamtbild hinsichtlich der Geschehnisse um Tessa zusammenzusetzen. Das klingt vielleicht trocken, ist es aber nicht. Auch weil der Autor von Zeit zu Zeit wohldosiert an der Action-Schraube dreht, etwa wenn sich die Ermittler durch ihre Nachforschungen wiederholt in Gefahr bringen.

Wenn ich schon an den Protagonisten und der Handlung nichts zu bemängeln habe, dann muss das doch wenigstens auf den Stil zutreffen!? Tja, also, nein, eigentlich nicht. Katzenbach bedient sich eines Stils, den man so oder ähnlich in einem solchen Krimi erwartet: Unkompliziert und angenehm zu lesen. Besonders die Dialoge haben mir ziemlich gut gefallen.

Wer also sowieso die Bücher von John Katzenbach mag, auch wer sich allgemein für Ermittlerkrimis begeistern kann oder wer gerne Bücher liest, die es dem Leser ermöglichen, sich seine eigenen Gedanken zu machen und seine eigenen Schlüsse zu ziehen, der macht mit „Die Grausamen“ nichts verkehrt.

Wertung:

Handlung: 9 von 10 Punkten

Charaktere: 8 von 10 Punkten

Stil: 8 von 10 Punkten

Spannung: 8,5 von 10 Punkten

Gesamtwertung: 8,375 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: „Auerhaus“ von Bov Bjerg.

8 Antworten auf „„Die Grausamen“ von John Katzenbach – Genre-Ausflug

  1. Hallo Fraggle liest sich gut. Muss ich mir merken. Irgendwie kam bei mir der Gedanke ist der Mann nicht verstorben ? Also der Katzenbach, aber offenbar verwechsele ich ihn.
    Liebste Grüße Kenia

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    1. Heeey, Kenia! Ja, also Katzenbach liest sich eigentlich fast immer gut! ;-) Und nein, verstorben ist der glücklicherweise noch nicht, da musst Du jemand anderen meinen. :-)

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