„Die Blausteinkriege 1 – Das Erbe von Berun“ – Juhu, Eskapismus!

Buch: „Die Blausteinkriege 1 – Das Erbe von Berun“ (2015)

Autor: T.S. Orgel

Verlag: Heyne

Ausgabe: Broschiert, 606 Seiten

Die Autoren: Hinter dem Pseudonym „T.S. Orgel“stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann tätig, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in phantastische Welten.

Für ihren Debütroman „Orks vs. Zwerge“ sind sie mit dem „Deutschen Phantastikpreis“ ausgezeichnet worden und haben sich damit in die Herzen der deutschen Fantasy-Leser geschrieben.

Mit „Die Blausteinkriege“ stellen sie nun ihre neueste Fantasy-Weltenschöpfung vor.

(Quelle: Klappentext; Homepage: Blausteinkriege.de)

Das Buch: Einst war das Kaiserreich Berun die mächtigste Nation auf dem ganzen Kontinent Talassa. Doch diese Zeiten sind längst vorbei, Berun ist im Niedergang begriffen. Gefördert wird diese Entwicklung in erster Linie vom Kaiser selbst, einem vergnügungssüchtigen schwachen, und nichtsdestotrotz von sich selbst überzeugten Herrscher. Nicht zu vergleichen mit seinem ruhmreichen und beliebten Vater.

Und so verwundert es nicht, dass sich in den anderen Staaten erste Zeichen der Revolte zeigen. So probt der Fürst des im Süden gelegenen Kaiserreich-Protektorats Macouban den Aufstand. Auch das von unzivilisierte Kriegern bevölkerte Königreich Kolno zeigt sich von seiner schlechten Seite.

In dieser Situation treffen das Straßenmädchen Sara, der Schwertmann Marten und der Spion Thoren – auch „Puppenspieler“ genannt – aufeinander. Und kurz darauf finden sie sich mitten in einem gegen die Kaiserinmutter gerichteten Komplott wieder, dessen Gelingen das Kaiserreich vollends in die Knie zwingen könnte.

Fazit: Beseelt von dem Wunsch, mal wieder ein Fantasybuch zu kaufen, betrat ich vor einiger Zeit die Buchhandllung meines Vertrauens. Ohne großes Zögern – und das ist bei mir selten – entschied ich mich für den ersten Teil der „Blutsteinkriege“. Und das aus ganz oberflächlichen Gründen, nämlich zum Einen wegen der wunderschönen Gestaltung des Buches allgemein und des Covers im Besonderen.

Und zum Anderen, weil sich nirgendwo ein Tolkien-Vergleich auf Vorder- oder Rückseite finden ließ, was meinerseits für das Buch spricht – und zwar nicht, weil ich etwas gegen Tolkien einzuwenden hätte. Vielmehr, weil es vielleicht nur mir so gehen mag, ich aber das Gefühl habe, dass auf mindesten 75 % der derzeit erscheinenden Fantasy-Literatur in irgendeinem Zusammenhang – und sei er noch so an den Haaren herbeigezogen – der Name Tolkien abgedruckt ist. Mein Favorit in diesem Zusammenhang war folgende Außerung über ein Buch: „Es passt im Bücherregal wunderbar neben J. R. R. Tolkien!“

Aha…

Ich schätze mal, besagtes Buch passt auch wunderbar neben Johannes Mario Simmel oder Rosamunde Pilcher. Rein technisch gesehen. Vielleicht gäbe es aber doch Abstoßungsrektionen, man weiß es nicht…

Kommen wir von J.R.R zu Thomas und Stephan Orgel und ihrem Buch.

Mit „Die Blausteinkriege“ erfinden die beiden Autoren das Fantasy-Genre nicht neu. Aber trotzdem hat alles in diesem Buch Hand und Fuß, wie man so schön sagt.

Die Charaktere verbreiten sowohl Licht als auch Schatten. Während das Straßenmädchen Sara bei mir irgendwie nicht auf sonderlich viel Gegenliebe gestoßen ist – warum auch immer – und man den pflichtbewussten, der Kaiserinmutter treu ergebenen Thoren als Charakter so oder ähnlich auch schon öfter mal gelesen hat, hebt sich Marten erfreulich davon ab. Der junge Mann gehört eigentlich in die Kategorie „sorgloser Lebemann“, der auf unschöne Art in die Konflikte des Kaiserreichs gezogen wird. Er ist wortgewandt, fröhlich und verbreitet beim Leser gute Laune. Er ist es auch, der, meiner Meinung nach, im Laufe der Handlung die nachvollziehbarste Entwicklung durchlebt. Diese Entwicklung ist bei Sara zwar auch zu beobachten, geschieht dort aber noch viel plötzlicher. Eben noch war Sara ein junges, unsicheres Mädchen, kurz darauf… ach, Moment, das kommt erst in Teil II. ;-)

Neben diesen drei Protagonisten haben die Autoren aber auch eine Reihe spannender Nebenfiguren erschaffen, allen voran einen Auftragsmörder und ehemaligen Feldscher, der sich „Meister Messer“ nennt. Ein sukurriler, verhaltensauffälliger Charakter, der im Gedächtnis bleibt und bei mir trotz seiner fragwürdigen Profession gut ankam. Man stelle sich eine coole Version von Grima Schlangenzunge mit „Hitman“-Qualitäten vor, dann ungefähr hat man Meister Messer.

Darüber hinaus besticht „Die Blausteinkriege“ dadurch, dass es in, meiner Meinung nach, genau dem Stil gehalten ist, in dem man Fantasy-Romane schreiben sollte. Die Sprache ist unkompliziert und dennoch bildhaft gehalten, so dass man sich zügig durch den Roman lesen kann während beständig ein Film vor dem inneren Auge des Lesers abläuft.

Die Handlung kann ebenfalls überzeugen, auch wenn sie an manchen Stellen ihre Längen und/oder andere Schwächen hat. So gleitet das Buch vorübergehend, wenn auch nur kurz, dezent ins Kitschige ab. An anderer Stelle wirkt es dann etwas übertrieben gewalttätig und blutig. Gut, diese Einschätzung überrascht einerseits wenig, wenn das Buch „Die Blausteinkriege“ heißt und andererseits würde diese Einschätzung George R. R. Martin in schallendes Gelächter ausbrechen lassen. Es kommt halt immer darauf an, womit man Dinge wie den Gewaltgrad vergleicht. Jedenfalls, insgesamt merkt man dem Buch an, dass es als erster Teil eines Mehrteilers eine einleitende Funktion hat, diese erfüllt es aber allemal besser als „Episode 7“. Und ja, der musste jetzt sein! :-)

Etwas abseits der Handlung begeisterte mich vor allem die Welt, die die beiden Brüder erschaffen haben. So überraschen sie mit einer für das Fantasy-Genre eher ungewöhnlichen Idee: Während die Völker in den meisten Fantasy-Welten in irgendwelchen polytheistischen Gesellschaften leben, gibt es im vorliegenden Fall einfach mal keine Götter. Mehr noch, die Götter wurden vor langer Zeit von einer Heldengruppe umgebracht, die man „Die Reisenden“ nennt. Die Götter sind tot, Nietzsche hätte seine wahre Freude.

Auch andere kleine Ideen fügen sich passend in das geschaffene Gesamtkonstrukt ein.

Das einzige Problem dabei: Es könnte noch viel, viel, viel mehr sein. Hintergründe, Mythen, Legenden, all so etwas würde ich mir für die Unterfütterung der Kontinente Talassa und Vellarmo wünschen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!

Wertung:

Handlung: 8 von 10 Punkten

Charaktere: 8,5 von 10 Punkten

Stil: 8, 5 von 10 Punkten

Atmosphäre: 10 von 10 Punkten

Gesamtwertung:8,75 von 10 Punkten

Demnächst in diesem Blog: Entweder „Die Blausteinkriege II – Sturm aus dem Süden“ ooooder „Die Suche“ von Nick Louth. Mal schauen.

 

14 Antworten auf „„Die Blausteinkriege 1 – Das Erbe von Berun“ – Juhu, Eskapismus!

  1. Werter Herr Fraggle,
    hast du denn die Blausteinkriege eigentlich weitergelesen und kannst sie empfehlen? Ich meine, Marten ist schon im Macouban und Sara auf dem Weg zur Brücke über den Korros, ich bin also durchaus positiv infiziert, aber zweite und dritte Teile können arg abfallen … und ich hätte zu gern deine Einschätzung dazu.
    Liebe Grüße
    Christiane

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    1. Nach meiner baldigen Rezension von „Agathas Alibi“ folgt noch eine zu einem ganz kurzen Büchlein, sowie eine zu „Der lange Weg zu einem kleinen, zornigen Planeten“.

      Danach hatte ich dann „Die Blausteinkriege II“ eingeplant. Wenn Du so lange, also bis, sagen wir, übernächste Woche, warten kannst, werde ich Dir meine Einschätzung wortreich kundtun. :-)

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  2. Mal abgesehen davon, dass ich wieder mal was für mich Neues nachschlagen durfte (Tante Wicki sei herzlich gedankt) und somit jetzt auch weiß, was Eskapismus ist, klingt es wirklich interessant. Ich lese selten Fantasy und wenn, dann auch nur wirklich gute. Ich packe es mir mal wieder auf die „bitte lesen“-Liste.

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    1. Na, soll mal keiner sagen, dass es bei mir nichts zu lernen gäbe. ;-)

      Wenn Du selten Fantasy liest, wird das ja irgendwelche Gründe haben, daher weiß ich nicht, ob die „Blausteinkriege“ Begeisterung bei Dir hervorrufen. Aber ich würde mich freuen, wenn´s so wäre. :-)

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      1. *g* Ja, was das Lernen angeht, bin ich bei Dir offenbar nicht verkehrt. ;D
        Die meisten Fantasy-Romane sind mir einfach zu abgehoben, zu fantastisch. Ich muss da noch ein wenig mitgehen können, es nachvollziehen können. Keine Ahnung, ob ich das jetzt habe richtig umschreiben können, aber ich probiere es einfach mal mit diesem Buch aus. Mal sehen.

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    1. Quer gelesen? Frechheit! ;-) Na, eigentlich versuche ich durchaus, so spoilerfrei wie möglich zu schreiben. Das gelingt auch meistens ganz gut.

      Vorschlag: Ich an Deiner Stelle würde jetzt einfach mal gierig zurückstarren, bei nächstbester Gelegenheit mit der Lektüre anfangen und dann nochmal meinen Beitrag lesen. Ohne quer. ;-)

      Und dann diskutieren wir darüber. :-)

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