Buch: „Frag die Toten“ (2015)
Autor: Linwood Barclay
Verlag: Knaur
Ausgabe: Taschenbuch, 302 Seiten
Der Autor: Linwood Barclay ist ein kanadisch-US-amerikanischer Autor und Journalist. Sein Vater war Zeichner und Maler und entwarf Werbung für die Autoindustrie. In den 60ern erwarb die Familie ein Feriendorf für Wohnwagen. Mit 22 Jahren, Barclay war nach dem Tode des Vaters mittlerweile hauptverantwortlich für das Feriendorf, verließ er das selbe und begann ein Studium der Englischen Literatur.
Anschließend schlug er eine Laufbahn im Journalismus ein, die ihn bis zum „Toronto Star“ führte, wo er von 1981 bis 1993 in verschiedenen Redaktionsbereichen tätig war. Bis 2008 schrieb er berühmte Kolumnen für den „Star“, bevor er sich ganz seiner literarischen Karriere widmete.
Barclay machte sich vor allem als Autor von Psychothrillern einen Namen. Bereits mit seinem ersten Werk aus diesem Genre „Ohne ein Wort“ aus dem Jahr 2007 konnte er einen Bestseller verbuchen.
Barclay lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in der Nähe von Toronto.
Das Buch: Keisha verdient beruflich als Medium ihren Lebensunterhalt. Sie behauptet, Kontakt zu Verstorbenen aufnehmen zu können, und zieht den Angehörigen damit das Geld aus der Tasche. Auch bei Vermissten nimmt sie Kontakt zu deren Familien auf und behauptet, bei der Suche helfen zu können. Dass das alles nur großer Humbug ist: geschenkt. Immerhin verdient Keisha nicht schlecht damit. Und das muss sie auch, um sich, ihren Sohn Matthew sowie ihren nichtsnutzigen, schmarotzenden Freund Kirk durchzubringen.
Alles könnte also einigermaßen in Ordnung sein. Dann allerdings erfährt Keisha aus den Fernsehnachrichten von der vermissten Ellie Garfield und nimmt Kontakt zu deren Ehemann Wendell auf, um ihre Medium-Nummer durchzuziehen. Und von da an geht irgendwie alles schief.
Fazit: Ja, zugegeben, eigentlich hatte ich angekündigt, als nächstes das neue Buch von Sebstian Fitzek, „Das Paket“, zu rezensieren. Dieses Buch habe ich allerdings in meiner unendlichen Güte sowie in vollständiger Gedankenlosigkeit vor einigen Tagen verliehen. Und eine Rezension über ein Buch zu schreiben, in dessen Besitz man sich gerade nicht befindet, ist, gelinde gesagt, dann doch eher schwierig. ;-) Daher greife ich also nun zu Plan B und Linwood Barclays „Frag die Toten“.
Nachdem ich vor vielen Jahren das mir von einer ganz zauberhaften Person geschenkte Buch „Ohne eine Wort“ gelesen habe – und davon schwer begeistert war – habe ich mich vor einigen Monaten mit der Fortsetzung „Schweig für immer“ befasst und war schon deutlich weniger begeistert. In Erinnerung des guten alten Sprichworts „Aller guten Dinge sind drei“ griff ich trotzdem zu „Frag die Toten“.
Zu Beginn fiel mir wieder mal auf, dass in deutschen Verlagen offensichtlich immer noch kein Interesse daran besteht, den englischen Originaltitel eines Buches auf auch nur halbwegs sinnvolle Art und Weise ins Deutsche zu übersetzen. Im Original heißt dieses Buch nämlich „Never Saw it Coming“. Und daraus hat man dann „Frag die Toten“ gemacht. Na, da hat sich aber einer Mühe gegeben! Klingt auch griffiger, viel martialischer als im Original, oder!? Stellt sich mir die Frage, warum das so sein muss!? Hält man die deutsche Leserschaft für so simpel gestrickt, als dass man galubt, bei ihr kein Interesse an einem Thriller hervorrufen zu können, wenn der Titel nicht Wörter wie „Tod“ oder ähnliches beinhalten?
Exkurs: Ich habe mir gerade mal den Spaß erlaubt, „Thriller Bücher 2016“ zu googeln. Eine Auswahl der gefundenen Titel: „Und am Morgen waren sie tot“, Totenlied“, „Der Todesprophet“, „Das Gesetz des Sterbens“, „Todesmärchen“ usw. usf. Exkurs Ende
Aber über fragwürdige Übersetzungen habe ich mich schon so häufig aufgeregt, wie über Aufkleber auf den Büchern mit der Aufschrift „Vom Autor des Bestsellers…“, weil man der Leserschaft offensichtlich nicht zutraut, sich Namen von Schriftstellern zu merken, also lassen wir das und kommen wieder zum eigentlichen Buch, seinem Stil, den Charakteren und der Handlung.
Stilistisch wird Linwood Barclay nach wie vor niemanden überfordern. „Frag die Toten“ ist ein einfach zu lesender Thriller ohne irgendwelche besonderen sprachlichen Auffälligkeiten.
Hinsichtlich der Charaktere schafft es Barclay erfreulicherweise, mit einer überschaubaren Anzahl an handelnden Personen auszukommen. Und auch wenn ich mir bei der einen der anderen Person eine etwas detailliertere Schilderung des Hintergrundes gewünscht hätte, geht das im Großen und Ganzen schon in Ordnung. Als Positivbeispiel der Charaktere sei hier mal exemplarisch Keisha genannt, die mir ausnehmend gut gefällt. Auch wenn man als Leser weiß, dass das was sie tut eigentlich vollkommen falsch ist, bringt man ihr Sympathien entgegen, auch weil man weiß, wie sie zu der wurde, die sie ist und man ihr wünscht, aus den ungünstigen Lebensbedingungen herauszukommen, in denen sie sich befindet.
Die Handlung ist nicht sonderlich komplex und braucht einige Zeit, bis sie so richtig Fahrt aufnimmt. Dennoch bietet sie die eine oder andere Wendung und konnte mich durchgehend gut unterhalten. Zum Lesen von „Frag die Toten“ muss man allerdings eine wichtige, sehr, sehr wichtige Grundvorausetzung erfüllen: Man darf dabei unter keinen Umständen denken! Mir ist das ganz hervorragend gelungen. ;-)
Letztlich ist „Frag die Toten“ ein kurzweiliges Lesevergnügen mit überschaubarem Umfang, dem man sich genau dann hingeben könnte, wenn man beschlossen hat, etwas zu lesen, das einen literarisch nicht überfordert.
Wertung:
Handlung: 8,5 von 10 Punkten
Stil: 8 von 10 Punkten
Charaktere: 7,5 von 10 Punkten
Spannung: 8 von 10 Punkten
Gesamtwertung: 8 von 10 Punkten
Demnächst in diesem Blog: „Die Falle“ von Melanie Raabe.
Das hört sich für mich gut an Fraggle. Ich habe gerade ein älteres Buch mit dem Titel das Kind Nr. 95 gelesen. Interessant was hier im Land so passiert ist von dem ich nichts weiß.
Alles Liebe Kenia
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Also eher ein Krimi für den Urlaub, wo man eh lieber den Verstand ausschaltet und sich einfach berieseln lassen will? ;D Schaue ich mir bei Gelegenheit mal an. Danke Dir!
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Gerne! ;-)
Und, ja, ziemlich genau sowas. Man kann es sich vorstellen wie die literarische Version eines vegetarischen MacDonalds-Menüs: Man hat zwar bald wieder Hunger, aber wenigstens wird einem im Gegensatz zu dem fettigen Zeug nicht schlecht! ;-)
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Und die Aufkleber der Superlative könnten sie auch gleich weglassen, die bewirken inzwischen schon eher, dass ich um das beklebte Buch einen Bogen mache … *Augen roll*
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Die völlig sinnentleerten Umtitelungen sind mir auch ein Dorn im Auge. Stephen Kings »End of Watch« wird im Deutschen zu »Mind Control«. So ein Blödsinn! Wenn man ohnehin wieder einen englischen Titel vergibt, warum lässt man dann nicht gleich das Original stehen? 😤🙄🤔
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Endlich komme ich mal zum Antworten! ;-)
Okay, die Übersetzung eines englischen Originaltitels in einen anderen englischen Titel ist die absolute Königsklasse sinnentleerter Verlagsarbeit! Warum macht man das!? ;-) Warum heißt der Film „Trainspotting“ in der deutschen Version mittlerweile „Trainspotting – Neue Helden“?
Im Übrigen: „Mind Control“ ist meines Wissens ja ein Teil eines Dreiteilers von Stephen King. Ich habe hier „Finderlohn“ herumliegen. Der erste Teil war dann wohl „Mr. Mercedes“. Ob es wohl Sinn ergibt, „Finderlohn“ zu lesen, ohne die anderen zwei Teile zu haben!?
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Finderlohn funktioniert auch ohne die anderen beiden Teile, wenngleich der Genuss viel größer ist, wenn man die Hintergründe der Charaktere schon kennt. Mind Control klappt ohne die anderen eher nicht.
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